, 11. April 2013
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Knatsch in Innerrhoden

Die massive Kritik an der Regierung von Appenzell Innerrhoden überrascht Toni Dörig (61), Redaktor beim «Appenzeller Volksfreund», nicht wirklich.

«Neu ist, dass ein ehemaliger Regierungsrat die Standeskommission derart heftig mit Vorwürfen zudeckt. Nicht neu ist, dass sich die Regierung bei Kritik einigelt und versucht die Krise auszusitzen», sagt Dörig.

Saiten: Der ehemalige Säckelmeister (Finanzdirektor) Sepp Moser wirft den beiden Landammännern Daniel Fässler und Carlo Schmid Mauschelei vor. In den Schlagzeilen der nationalen Medien erschien Innerrhoden als ominöses «System Appenzell», und «Macht-Duo». Ist das auch die heimische Terminologie?

Toni Dörig: Heute noch verbinden Auswärtige den Begriff Appenzell mit etwas beinahe Exotischem. Die Appenzeller selber pflegen dieses Image auch nicht ungern, man denke nur an die Käsereklame. Diese Feststellung gilt aber nicht für die politische Ebene. Begriffe wie «System Appenzell» und «Macht-Duo» kursieren nicht im Kanton, sie sind auch nicht angebracht. Innerrhoden ist heute nämlich in fast allem ein Kanton wie alle anderen auch. Die politischen Strukturen wurden in den Neunzigerjahren weitgehend einer zeitgemässen Reform unterzogen.

Wird der jetzige Konflikt die Regierungswahl an der nächsten Landsgemeinde beeinflussen?

Ziemlich unwahrscheinlich. Alle Parteien haben die erhobenen Vorwürfe unisono als unberechtigt abgetan, der Grosse Rat hat eine unabhängige Untersuchungskommission abgelehnt. Und zudem wird das Ganze personalisiert: Der Kritiker wird zum nicht ernst zu nehmenden Sündenbock gestempelt. Dabei handelt es sich bekanntlich um eine Verteidigungstaktik, die vor allem dann angewandt wird, wenn man sonst keine Argumente hat. Die Politiker wollen, dass alles weiterläuft wie bisher. Die Frage ist jedoch, wie die Mehrheit im sogenannten Volk denkt. Ich vermute schon, dass es einige brennend interessiert, was hinter all den doch sehr schwerwiegenden Vorwürfen steckt. Sie wollen wissen, was wahr ist. Ein Unbehagen, ein Gefühl des Misstrauens lässt sich nicht vermeiden, solange die Dinge nicht sauber geklärt sind.

Müssen die Strukturen der Macht respektive der Machtausübung neu überdacht und Konsequenzen gezogen werden?

Wie gesagt: Die Strukturen in Innerrhoden sind gar nicht so veraltet, da wurden in den letzten zwei Jahrzehnten viele Hausaufgaben gemacht. Inzwischen ist die Modernisierung allerdings etwas ins Stocken geraten. Vor einem Jahr wurde eine Bezirksfusion zwar knapp, aber halt doch abgelehnt. Und es sieht so aus, als habe die Initiative zur Amtszeitbeschränkung in diesem Jahr ebenfalls keine Chance. Dabei wäre beides äusserst wünschenswert. Es gibt Leute, die glauben, in kleinen Verhältnissen ist alles dermassen übersichtlich, dass gar kein Filz entstehen kann. Das Gegenteil ist der Fall: Jeder hat rundum Verwandte, Bekannte, Parteikollegen, Vereinskameraden, die man nicht vor den Kopf stossen darf. Gerade in kleinen Verhältnissen sind die Gruppenzwänge gross. Das hat man vor gut zwanzig Jahren auch bei der Auseinandersetzung ums Frauenstimmrecht gesehen. Wer sich dafür bekannte, lief Gefahr, sich zum Aussenseiter zu machen.

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