«Rechts der SVP ist No-go-Area»

Kevin Loosli sitzt im Jugendparlament ganz rechts. Der Präsident der Jungen SVP des Kantons St.Gallen erklärt, warum für ihn die Polarisierung auch positive Seiten hat und wo er die roten Linien zieht.

Kevon Loosli, fotografiert von Laurin Bleiker.

Der 22-Jäh­ri­ge kippt das Rähm­chen in sei­nen Kaf­fee und rührt ihn kurz durch. Ke­vin Loos­li wohnt in St.Gal­len und macht seit ei­ni­gen Jah­ren Po­li­tik. War­um? «Weil es mich in­ter­es­siert und be­trifft. Vor al­lem jun­ge rechts­bür­ger­li­che Stim­men feh­len in der Po­li­tik.» Und war­um in ei­ner Par­tei, in ei­nem Par­la­ment? «Im Par­la­ment geht es dar­um, dass jun­ge Men­schen ge­mein­sam The­men dis­ku­tie­ren, die wir als wich­tig er­ach­ten. Die Par­tei spielt ei­ne un­ter­ge­ord­ne­te Rol­le.» An­de­re An­sich­ten in­ter­es­sie­ren ihn – und das Ent­wi­ckeln ge­mein­sa­mer For­de­run­gen noch mehr. Es ge­he ihm um die Sa­che, nicht um die Per­son, be­tont er im­mer wie­der.

Die Po­li­tik ha­be ihn of­fe­ner ge­macht. Auch neu­en The­men ge­gen­über. «Ich kann mich in The­men rein­fuch­sen und Zu­sam­men­hän­ge ent­de­cken.» Doch auch ge­gen­über Men­schen: In der Po­li­tik ge­he man of­fen auf­ein­an­der zu, su­che Lö­sun­gen, sagt er und lacht. «Wo­hin­ge­gen man beim Cam­pai­ning auf der Stras­se manch­mal auf viel Des­in­ter­es­se und Ab­leh­nung stösst.»

Bau­stel­le Bil­dungs­po­li­tik 

Die Ar­beit im Ju­gend­par­la­ment sei für ihn ei­ne Ho­ri­zont­er­wei­te­rung, sagt Loos­li. «Man kommt aus der Bubble, lernt an­de­re Sicht­wei­sen zu ver­ste­hen.» Da brau­che es ei­ne Of­fen­heit. «Ich ha­be Mü­he da­mit, wenn man die Mei­nung der Ge­gen­sei­te nicht ak­zep­tiert. Man muss sie nicht gut fin­den, aber ak­zep­tie­ren.» Da­mit das funk­tio­nie­re, hel­fe auch ei­ne in­for­mel­le Ebe­ne. «Ein Fei­er­abend­bier oder ein Ge­spräch über Sport ver­ein­facht die Zu­sam­men­ar­beit im Par­la­ment.» Dann dür­fe wäh­rend der De­bat­te der Um­gangs­ton auch mal här­ter sein. «In­so­fern hat die Po­la­ri­sie­rung, von der al­le re­den, auch ih­re gu­ten Sei­ten: Die Pro­ble­me soll­ten be­nannt wer­den dür­fen, auch mal über­spitzt, so­dass man ver­stan­den wird.» Na­tür­lich: An­stand sei wich­tig, be­tont Loos­li. In­halt­lich ge­be es ro­te Li­ni­en. «Für mich ist klar, dass rechts der SVP No-go-Area ist. Wie auch links der SP.»

Die Bil­dungs­po­li­tik ist ein The­ma, das ihn um­treibt. «Im­mer mehr Men­schen ge­hen zur Kan­tons­schu­le, an­statt ei­ne Leh­re zu ma­chen. Ich fän­de es aber wich­tig, dass wir früh be­gin­nen zu ar­bei­ten und die rea­le Welt ken­nen­ler­nen.» Er selbst hat ei­ne Leh­re als Kon­struk­teur ab­sol­viert, macht zur­zeit die Be­rufs­ma­tu­ra und ar­bei­tet als Tech­ni­scher Ver­käu­fer. 

Junge Politik

Am 16. No­vem­ber hat sich im St.Gal­ler Kan­tons­rats­saal zum 50. Mal das Ju­gend­par­la­ment der Kan­to­ne St.Gal­len und bei­der Ap­pen­zell ge­trof­fen. An­läss­lich die­ses Ju­bi­lä­ums hat Sai­ten sechs Nach­wuchs­po­li­ti­ker:in­nen aus al­len gros­sen Ost­schwei­zer Jung­par­tei­en por­trä­tiert und sie un­ter an­de­rem ge­fragt, wie sie zur Po­li­tik ge­kom­men sind, was sie sich von ihr er­hof­fen und was sie ver­än­dern wür­den.

Fo­to­gra­fiert wur­den die sechs Jung­po­li­ti­ker:in­nen von Lau­rin Blei­ker am Ran­de der Ju­gend­ses­si­on im St.Gal­ler  Kan­tons­rats­saal. Blei­ker, 2003, ist selb­stän­di­ger Fo­to­graf und Vi­deo­pro­du­zent aus St.Gal­len. Auf­ge­wach­sen ist er im Tog­gen­burg.

Die ABU-Lek­tio­nen wäh­rend der Leh­re, in de­nen Ge­schich­te und Po­li­tik häu­fig be­han­delt wur­den, ha­ben ihn un­ter an­de­rem po­li­ti­siert. Ein Be­rufs­schul­kol­le­ge ha­be sich da­mals da­zu ent­schie­den, der jun­gen SVP bei­zu­tre­ten, er­in­nert sich Loos­li. «Ich bin dann nach­ge­zo­gen. Oh­ne gros­se Er­war­tun­gen oder Am­bi­tio­nen.» Zu­sam­men be­such­ten die bei­den dann im Markt­plätz­li ei­nen SVP-Hö­ck. Dort kam Loos­li zum ers­ten Mal mit Mi­ke Eg­ger ins Ge­spräch. «Er fas­zi­nier­te mich. Er kann die Din­ge auf den Punkt brin­gen.» Seit­her en­ga­giert sich Loos­li in der Par­tei, in­zwi­schen prä­si­diert er die Jun­ge SVP des Kan­tons St.Gal­len und ist in der Par­tei­lei­tung der kan­to­na­len Mut­ter­par­tei.

Die klas­si­sche Po­li­ti­sie­rung in­ner­halb der Fa­mi­lie gab es bei ihm nicht. Wo­bei sei­ne Fa­mi­lie nicht un­po­li­tisch ist: Sein Va­ter sei «eher grün an­ge­haucht», die Ge­ne­ra­tio­nen da­vor wa­ren ge­werk­schaft­lich ge­prägt. Sei­ne Gross­mutter stand vor Jah­ren auf der EVP-Lis­te für das St.Gal­ler Stadt­par­la­ment. Doch das wuss­te er lan­ge gar nicht. Auch wenn er nun in ei­ne an­de­re Rich­tung po­li­ti­siert, hat­te er stets die Un­ter­stüt­zung sei­nes Va­ters. 

Jun­ge in die Ver­ant­wor­tung

«Im Mo­ment gibt es bei uns Jun­gen den Trend, lin­ke An­lie­gen zu ver­tre­ten. Es ist ei­ne Art Life­style ge­wor­den.» Es schwan­ke zwar im­mer wie­der auch in die bür­ger­li­che Rich­tung, be­tont er. Sei­ne Ge­ne­ra­ti­on müs­se das po­li­ti­sche Ru­der ir­gend­wann über­neh­men. Dar­um soll­te sie sich auch heu­te schon ein­brin­gen. «Was nicht be­deu­tet, dass ich für ein tie­fe­res Stimm­rechts­al­ter bin», schiebt er nach. War­um? «Es gibt kei­nen Be­darf. 18 ist das idea­le Al­ter, dann be­ginnt bei vie­len der Ernst des Le­bens und man ver­steht, was es be­deu­tet, Teil ei­ner Ge­sell­schaft zu sein. Wer jün­ger ist, kann sich auch heu­te schon in po­li­ti­schen Or­ga­ni­sa­tio­nen ein­brin­gen, wie et­wa beim Ju­gend­par­la­ment.»

Der Ca­fé Crè­me ist in­zwi­schen aus­ge­trun­ken. Im Hin­ter­grund läuft der Tik­Tok-Hit Pe­dro. «Der Song ging mit dem Wasch­bä­ren, der in ei­nem Tun­nel tanzt, vi­ral», weiss Loos­li. Und schon ist sie da: Die in­for­mel­le Ebe­ne, die in der Po­li­tik al­le brau­chen.