, 10. April 2014
2 Kommentare

Keine Opposition gegen Futura

Gegen das Projekt Futura gibt es im Stadtparlament bisher keine Opposition. Vielleicht kommt sie hinterher.

«St.Gallen soll zu einer Smart City werden, die ihre Dienstleistungen unter Einsatz moderner Technologien kundenfreundlich und gleichzeitig effizient anbietet.»

Dies schreibt Res Flückiger, Stabschef der Technischen Betriebe und Projektleiter von Futura, in einer Gastkolumne im aktuellen «Saiten».

Flückiger sass früher für die SP im Berner Stadtparlament und hat in seiner Funktion als Projektleiter der Fraktion der Stadt-SP vor der Debatte Futura vorgestellt. Und sie offensichtlich überzeugt. Jedenfalls winkte die SP den Nachtragskredit nach einem kritischen Votum von Maria Pappa durch – mit einer einzigen Gegenstimme. Alle anderen Parteien waren geschlossen dafür.

Es gibt also keine Opposition gegen Futura

Das ist erstaunlich.

Die politische Verantwortung für das Projekt trägt Stadtpräsident Scheitlin. Er hat bereits angekündigt, dass Futura zu einem Stellenabbau führen werde.

Das passt ins Bild: Im Kantonsrat erweist sich der St.Galler Stadtpräsident als Spar-Hardliner – auch im Vergleich zu seinem Stadtrats-Kollegen Nino Cozzio. Dies zeigte sich zuletzt in der Februarsession: Bei zwei Anträgen drehten FDP und SVP an der Sparschraube:

Bei dem einen Antrag ging es darum, einen Anteil der Spitalkosten des Kantons vorübergehend und ausnahmsweise aus dem besonderen Eigenkapital zu entnehmen – und nicht aus der normalen Rechnung. Es handelt sich um jeweils 42 Mio. Franken für die Jahre 2015 und 2016.

Scheitlin stimmte dagegen. Nino Cozzio war dafür.

Im zweiten Antrag verlangte die Ratsrechte, dass die Abgeltungen der Nationalbank künftig nicht mehr budgetiert werden dürfen. Gerechnet wurde jeweils mit 40 Mio. Franken.

Scheitlin stimmte für den Antrag, Cozzio dagegen.

Beide Anträge kamen knapp durch. Macht unter dem Strich für die Jahre 2015 und 2016 eine Mehrbelastung von jeweils 82 Mio. Franken für das Budget.

Die SP warnte danach vor einem vierten Sparpaket. Es würde garantiert auch die Stadt treffen. 

Was uns zu Futura zurückbringt.

Wer sich ausmalen möchte, wie die Stadtverwaltung noch effektiver und effizienter werden könnte – erinnert sich vielleicht an die Diskussionen um die Ofrex AG.

Das ist eine private Firma aus Glattbrugg, die seit 2013 die städtische Materialzentrale ersetzt. Dort waren zuvor drei Mitarbeiter (2,2 Stellen) unter anderem dafür verantwortlich, dass die Lehrkräfte sich mit Schulmaterial eindecken konnten. Was die Materialzentrale nicht hatte, kauften die Lehrerinnen und Lehrer in einer der Papeterien in der Stadt oder beim Farben Müller in der Metzgergasse.

Alles vorbei.

Der Stadtrat sei zum Schluss gekommen, dass man die gleichen Leistungen anderswo zu finanziell besseren Konditionen bekommen könne, informierte der Leiter des Schulamtes vor rund einem Jahr.

Der Auftrag war zuvor öffentlich ausgeschrieben und an die Ofrex vergeben worden. Und zwar gleich für fünf Jahre.

Die Lehrkräfte müssen nun alles in Glattbrugg ordern. Bestellungen von Kleinmengen werde je nach Schulhaus nicht gerne gesehen.

Die 2,2 Stellen in der Materialzentrale wurden gestrichen. Dass dabei Nischenarbeitsplätze verloren gingen, war irgendwie kein Thema.

Überhaupt hatte es gegen die Pläne nie Opposition gegeben. Erst hinterher sammelte der Verband Lehrpersonen Sektion St.Gallen (VLSG) Unterschriften für eine Petition, die aber nicht mehr viel veränderte. Denn die Verträge mit der Ofrex AG waren natürlich längst unterschrieben.

Das Fazit: Die Stadtverwaltung ist schlanker, Kosten wurden eingespart.

Für allen anderen gibt es vor allem Nachteile.

Tönt wie ein Vorlauf von Futura.

2 Kommentare zu Keine Opposition gegen Futura

  • Jürg Diggelmann sagt:

    Es ist ein Armutszeugnis für eine öffentliche Verwaltung, wenn sie Sparmöglichkeiten durch externe Berater evaluieren lassen muss. Die Entscheide, die getroffen werden müssen, sind in aller Regel höchst politisch. Das nötige Wissen sollte eigentlich in der Verwaltung selbst vorhanden sein. Aber es ist halt schon so: je mehr Betriebswirtschafter sich tummeln, desto höher sind die Honorare für externe Berater. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unter Heinz Christen so viel Geld für eine sinnlose Übung ausgegeben worden wäre.

  • Rolf Bossart sagt:

    Der Service Public ist nicht ein notwendiges Übel, mit dem sich ein Gemeinwesen auseinandersetzen muss, sondern der Hauptgrund seiner Existenz. Anstatt sich am alten Schweizer PTT Ethos zu orientieren, bei dem es der Ehrgeiz jeder Brief-Verteilstelle war, in biblischer Art, auch nicht den kleinsten Brief verloren zu geben und akribisch seinen Empfänger ausfindig zu machen, hat man heute das Ethos, alles, was aus betriebswirtschaftlicher Logik keinen Sinn macht, als Leerlauf zu werten, den man streichen kann. Service Public muss heissen: Bürger arbeiten für Bürger und nicht Funktionsträger für Kunden. Ich möchte dem Staat gegenüber Kunde sein müssen.

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