Kampfansagen und Traumwelten

Von federleichten Poppassagen zu dunkel-dreckigen Beats: Das St.Galler Duo Mischgewebe nimmt sich auf seinem Debut die Freiheit, Grenzen verschwimmen zu lassen. Von Judith Altenau
Von  Gastbeitrag
Melanie Danuser und Bill Bühler sind Mischgewebe. (Bilder: pd)

Beat, Klangteppich & Stimme. So einfach könnte man das musikalische Prinzip von Mischgewebe auf ihrem Debutalbum Violet beschreiben. Versucht man aber das Zusammenspiel dieser drei Elemente in Worte zu fassen, wird es schon schwieriger. Denn genau darin liegt die Stärke des St.Galler Duos Mischgewebe. Das Wie. Wie jeder einzelne der zehn Songs auf dem Album klingt. Darin zeigt sich die Kreativität, Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit der beiden Musiker:innen als Team.

Mischgewebe: Violet. Erschienen bei lauter, erhältlich als Vinyl oder Waschmittel mit Downloadcode. Artwork: Mindaugas Matulis

Mischgewebe, das sind Melanie Danuser (vocals, synths, songwriting) und Bill Bühler (backing vocals, synth, guitar, drum programming, production, songwriting). Melanie Danusers Stimme ist bestimmend für den Charakter der Songs von Mischgewebe. Sie spielt mit Klangfarbe, Intensität und Tonalität. Und das nicht nur von Song zu Song, sondern auch innerhalb eines Songs. Genau so spielt auch Bill Bühler mit Sequenzen, Soundkonstrukten, Gitarrensounds und Arrangements. Er erschafft einen Sound, der gleichzeitig Grundlage und wichtiges Element im Song selbst ist.

So präsentiert sich etwa im Song Cornwall die Stimme von Danuser leicht, zurückhaltend und fast zerbrechlich, dahin getragen auf einem sanften Beat. Bis der Song kurz vor Ende seine Stimmung ändert. Beat und Stimme werden intensiver, fast wie ein Aufschrei, um dann in den versöhnlichen Klängen vom Anfang auszuklingen und zu enden.

Junkspace ist dagegen ein ständiges Wechselspiel aus federleichten, poppigen Passagen, durchbrochen von dunkel-dreckigen Beatpassagen. Analog zum Beat ändert sich auch die Stimmlage – gerade noch zuckersüss und dann wieder rau und herausfordernd.

Auch im namengebenden Song Violet mit seinen fast elf Minuten Länge baut sich ein ganzes Spektrum an Klangteppichen, Arrangements und Stimmsequenzen auf. Und so erzählt jeder der zehn Songs auch eine eigene kleine (Sound-)Geschichte. Und bedient sich dabei aus verschiedenen Genres.

Mischgewebe haben mit ihrem Debutalbum, wie die beiden selber sagen, «eine 46,37-minütige Reise durch gesellschaftskritische Inhalte, heartbroken Lovesongs, Kampfansagen und Traumwelten» geschaffen. Welcher Song welches Genre oder welchen Stil bedient, ist aber alles andere als eindeutig. Das Duo hat sich die Freiheit genommen, die Grenzen verschwimmen zu lassen. Und wir als Zuhörer:innen können diese Freiheit nun geniessen. Das ist wohl die grösste Stärke des Albums.

Mischgewebe am Sur le Lac 2019.