Innensicht: Vogelaugen-Ahorntäfer

Restaurants haben nicht nur ein kulinarisches, sondern auch ein architektonisches Innenleben. Bemerkenswerte historische oder heutige Interieurs in der Stadt St.Gallen stellt die Rubrik «Innensicht» vor, eine Kooperation der Heimatschutz-Sektion St.Gallen/Appenzell I.Rh. mit Saiten. Heute: Café Zimmermann.
Von  Gastbeitrag

Erste Pläne für die Eckliegenschaft Rorschacher-/Grossackerstrasse sind mit 1909 datiert. Ein Jahr später wurde ein abgeändertes Projekt der Architekten O. Konrad und W. Linke gebaut. Unmittel- bar bei der Kreuzung entstand die Post St.Fiden, westlich schlossen mehrere Ladengeschäfte an. Darüber wird grosszügig gewohnt. Eines der Ladenlokale wurde 1912 zu einer Bäckerei mit Backstube gegen
den Innenhof. 1920 entstand zusätzlich das Café. Auftraggeber war Bäckermeister Ernst Zimmermann, dessen Namen das Lokal bis heute trägt.

Café Zimmermann, Rorschacherstrasse 116, 071 245 55 00, voegeli-beck.ch

Die aussergewöhnliche Ausstattung des Raumes mit seltenem Vogelaugen-Ahorntäfer und den Sitznischen stammt laut Erinnerung des späteren Besitzers aus den 1930er-Jahren von einer Ausserrhoder Schreinerei. Auf alten Fotos präsentiert sich ein nobel ausgestattetes Lokal mit Plat- tenboden und langen Perserteppichen.
Das Café betritt man durch das Ladenlokal. Auch dessen Ausstattung dürfte – mit Ausnahme der Verkaufstheke – aus den 1930er-Jahren stammen, ebenso die Kassettendecken. Die Ledersessel sind dunkel-rot und hellgrün gepolstert, früher waren sie mit fein gemusterten Stoffen überzogen. Viele Details sind seit Jahrzehnten unverändert: die Wandleuchten, die filigranen Garderoben, die (leergeräumte) Telefonkabine, die Lüftungsschalter. Nur der Boden ist ersetzt.

Das Café Zimmermann trägt seit Sommer 2009 den Zusatz Vögeli-Beck. Dessen Eigentümer, Ingo Schlütz, hat den Betrieb damals übernommen. Die historische Ausstattung ist bei ihm in besten Händen. Er bezeichnet sich selbst als Fan der aussergewöhnlichen Schreinerarbeiten, die heute unbezahlbar wären. Die fast schon grossstädtisch wirkende Ausstattung ist ein St.Galler Unikum.