In den Sattel
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Die St.Galler Reithalle soll zur Kulturhalle werden: Für dieses Anliegen werden ab heute Unterschriften gesammelt. Zeit für eine Diskussion.
«Spiel(t)räume» hiess das Festival im letzten Jahr: In Aaraus alter Reithalle wurde Theater gespielt. Eine Zwischennutzung, bevor die Halle zum vollwertigen Theaterhaus umgebaut wird. Den Projektwettbewerb gewannen Barao-Hutter: die Architekten, die in St.Gallen auch das Museumsquartier oder den Aussenraum der künftigen Hauptpost-Bibliothek planen, und in deren Projektgruppe für den Aarauer «Oxer» (Bild) der St.Galler Regisseur Arnim Halter mitwirkte.
Spielträume: Das gilt, vorläufig noch, auch für die Initianten der Unterschriftensammlung für die St.Galler Reithalle. Am heutigen Freitag geht es los mit dem Sammeln, Ziel ist es, die Reithalle auf der Kreuzbleiche endlich zu dem zu machen, was sie vor zwanzig Jahren schon einmal werden sollte: zu einem Konzertlokal. Damals wurde der Hallenumbau für eine Doppelnutzung geplant: Kultur und Reitsport. Von der Kultur blieb, mit Ausnahme einiger Ateliers, jedoch nichts übrig.
Jetzt aber, wo die Halle sowieso erste Schäden zeigt und saniert werden muss, sei es Zeit für eine neue Diskussion, meint Etrit Hasler, SP-Politiker und Mit-Initiant der Unterschriftensammlung. «Das Bedürfnis ist gross», sagt Hasler und nennt hauptsächlich zwei Dinge: Zum einen mittelgrosse Konzerte, circa für ein 700er-Publikum oder auch noch grösser, die man nirgends in St.Gallen veranstalten kann. Und zum andern Vereins- und Geschäftsanlässe, für die das gleiche Problem gilt: kein Saal in Sicht, ausser den stimmungstötenden Olmahallen.
Konzerte: Für ein paar hundert Besucher reichen zwar Palace, Grabenhalle oder Kugl – für mehr aber nicht. Bleibt das Casino Herisau, bleibt der Fürstenlandsaal Gossau, bleiben Winterthur und Zürich – aber das passt Etrit Hasler nicht, grundsätzlich und standortmarketingmässig: «Da Züüg mos of Sanggalle.» Daniel Weder, Kugl-Geschäftsführer und ebenfalls für die Reithalle engagiert, sieht es ähnlich. Er müsse immer wieder Anfragen von Konzertveranstaltern aus Platzgründen ablehnen. Konkurrenzprobleme sieht Weder nicht; das bisherige Programm in Kugl, Palace, Grabenhalle etc würde nicht bedrängt, sondern ergänzt um «grössere Namen», die bisher die Ostschweiz links liegen lassen.
Grosse Vereinsanlässe, Firmen-GVs etc: Auch dafür, sind Hasler und Weder überzeugt, gebe es in der Stadt nach dem Verlust der Säle im Schützengarten oder im Ekkehard ein grosses Bedürfnis, das auch die neue Lokremise nicht abdecken kann. Vorerst aber sei nicht schon ein fixes Programm gefragt, sondern soll die Diskussion lanciert werden. Diese Diskussion begrüsst auch Madeleine Herzog, die Kulturbeauftragte der Stadt. Es gäbe sicher ein Bedürfnis, meint sie – für die Stadt allerdings habe gegenwärtig die Museumsstrategie Vorrang. Bei der Reithalle kämen zu den Sanierungskosten mutmasslich hohe Umbaukosten hinzu, für die Reiter müsste eine Lösung gefunden werden, und es entstünden langfristige Betriebskosten. Insgesamt also: «Eine grosse Sache», sagt Madeleine Herzog, «die für die Stadt keine Priorität hat».
Dass man für die bisherigen Nutzer, die Reiter und Voltigiererinnen, eine befriedigende Lösung finden müsste, sagen auch Hasler und Weder. Allerdings nicht unter dem selben Dach – auch wenn der Präsident des Reitclubs St.Gallen in einem Leserbrief betont, das Pferd sei eines der ältesten Kulturgüter, und die Reithalle werde demnach bereits heute kulturell genutzt…