Improvisiertes aus der Elektronik-Kiste
Unvergessen, wie Marc Jenny, Bassist, Soundtüftler, Jazz-Knöppler und im anderen Leben Saiten-Co-Verlagsleiter, irgendwann nach dem Lockdown ins Saitenbüro marschierte, eine Art Baukasten um den Bauch montiert, darin unzählige Knöpfe, gut verstaute Kabel und farbige Lichter. Leicht schnaufend ob dem Gewicht des Konstrukts verkündete er stolz den Namen seines jüngsten Getüftels: Soundwalker.
Jennys Soundwalker ist ein selbstentwickeltes elektronisches Musikinstrument, aus dem er mit Umgebungsgeräuschen, Feedbacks und anderen Audioquellen eigene Klangwelten generiert, «knorzige Beats, struppige Pads, wabernde Bässe, Flimmern, Fiepsen, Feinheit», wie er es beschreibt. «Ewige Beta-Version, permanente Evolution, regelmässige Überforderung, Machine-Love und Spassfaktor.»
Ursprünglich hat Jenny den Soundwalker als Soloinstrument konzipiert. Für sein neustes Projekt hat sich «MJ Soundwalker» nun aber mit dem Zürcher Elektronik-Soundkünstler Simon Grab und dem Berner Trompeter Werner Hasler zusammengetan. Zu dritt frönen sie ihrer Leidenschaft fürs Improvisieren und machen «Live-Musik aus der Elektronik-Kiste»: Grabs PULSE-Maschine baut ein oszillierendes System auf, Hasler füttert den Computer mit seiner Trompete und schraubt mit der freien Hand an ebendiesem Input, und Jennys Soundwalker, der mit beiden verkabelt ist, verarbeitet die Soundschnipsel in Echtzeit.
«Wir arbeiten mit musikalischen Parametern ausserhalb eines harmonisch-tonalen Rahmens, legen den Fokus auf das Geräuschhafte, auf Soundentstehung und auf dessen Gestaltung», erklärt Jenny. «Im weitesten Sinn denken wir darüber nach, wie Musik in Zukunft klingen könnte.» Das liest sich vielleicht abstrakt, tönt aber konkret durchaus einladend, gegenwärtig und lädt zum Fantasieren ein.
3. Mai, 20:15 Uhr, Postremise Chur
5. Mai, 20:30 Uhr, Amboss & Steigbügel @ Grabenhalle St.Gallen
14. Mai, 21 Uhr, Tankkeller Egnach
marcjenny.com/soundwalker
Die analogen Live-Bilder dazu kreiert der Videokünstler Raphael Zürcher mit Aquarium, Kamera, Wasserfarben, Rahm und Staubpartikeln, ebenfalls in einem fortlaufenden Prozess versteht sich. Seine «Water-Lab- Visuals» folgen einem eigenen Rhythmus und kontrastieren die improvisierten Klangwelten. Jenny kennt Zürchers Arbeit von einem gemeinsamen Theaterprojekt her und hat nur darauf gewartet, sie auf seinen Sound zu projizieren. Zürchers visuelle Welt schaffe einen Kontrast und sorge für Tiefe im Gesamterlebnis, sagt Jenny. «Mit ihren langsamen Verläufen bietet sie dem Publikum Halt im Klanggeschehen.»
Im Mai dreht MJ Soundwalker mit Simon Grab, Werner Hasler und Raphael Zürcher eine kleine Runde durch die Ostschweiz: Chur, St.Gallen und Egnach stehen auf dem Plan.