«I try to stay just above the surface»

Der Tag fängt gut an, auf der Terrasse im Konsulat an der Frongartenstrasse, mit Sera Landhaus im Ohr. Dampfender Kaffee, die Jacke riecht nach frischer Sonne, langsam kehrt die Wärme zurück. Und die Frühlingsmelancholie sitzt natürlich auch mit am Tisch, passend zur intimen Landhaus-Kulisse aus Gitarren, Laute, Viola da Gamba, Kontrabass und Gesang.
Sera Landhaus, das sind Dina Kehl aus St.Gallen und Pascal Schärli aus Bern. Just Above The Surface heisst ihr Debut-Album, das sie letzte Woche in Bern getauft haben und diesen Donnerstag in der St.Galler Tankstell vorstellen – ein sehr adäquater Ort für die vielschichtig-selbstvergessenen Kompositionen. Ihre Musik könne man als Chamber-Songs bezeichnen, sagen Kehl und Schärli. «Eine Mischung aus experimenteller Kammermusik und modernem Folk-Pop.»
Zehn Titel gibt es auf dem Album, neun davon mit Text, allerdings nicht selber geschrieben, sondern bei den persischen Dichtern Rumi und Hafiz oder anderen Autoren ausgeborgt. In Late By Myself etwa wird Rumi zitiert: «Late, by myself, in the boat of myself, no light and no land anywhere, cloudcover thick. I try to stay just above the surface, yet I’m already under and living within the ocean.» Gänsehaut, trotz Sonnenterrasse.
In The Tent heisst es, ebenfalls von Rumi und präzis passend zum Zeitgeist: «The news we hear is full of grief for that future, but the real news inside here is there’s no news at all.» Und Conquest of the Garden bedient sich am wunderschönen gleichnamigen Gedicht der iranischen Dichterin Forugh Farrokhzad – Lektüre dringend empfohlen.
Sera Landhaus’ musikalisches «Gerüst» zu den geborgten Worten ist ziemlich eigenständig, verglichen mit dem, was Folk-technisch sonst so auf dem Markt ist. Eine Mischung aus mediterraner Melancholia, anspruchsvollen Rhythmen und schwebendem Singsang.
Sera Landhaus: 16. März, 20 Uhr, Tankstell St.Gallen. Mit Benjamin Pogonatos, Raphael Heggendorn und Lukas Rutzen. Infos und weitere Konzerte: hier.
What Will Remain etwa gehört zu den kraftvolleren Nummern, ist schön driftig, und würde wohl auch als Metall-Version gut funktionieren. Oceans In Space hingegen nimmt erst gegen Ende hin Fahrt auf. Die ersten zwei Drittel sind so getragen, dass man sich in diesen schnelllebigen Zeiten regelrecht disziplinieren muss, um sich auf die landhäusliche Besonnenheit einzulassen. Aber es lohnt sich.
Eines der besten Stücke – wohl auch dem Frühlingsblues geschuldet – ist From A Window. Schwer, tief und ergreifend. Und rein instrumental. Davon hätte das Album gut noch mehr vertragen. In sich ist Above the Surface aber sehr stimmig – und definitiv nicht nur Hörerinnen und Hörern empfohlen, die sich gerade in der vorsommerlichen Schwermut suhlen.