Hummler, Tettamanti und die BaZ
Konrad Hummler ist immer noch Verwaltungsratspräsident der NZZ-Gruppe. Warum das so ist und was seine Position für das rechte Machtnetz um Blocher/Tettamanti bedeutet, hat der «Sonntag» recherchiert:
Fällt Hummler, verliert die «NZZ» ihren Trumpf in Basel
Von Christian Mensch und Patrik Müller
Er musste mit der Bank Wegelin sein Lebenswerk aufgeben. Jetzt wackelt Konrad Hummlers Präsidentenstuhl bei der NZZ. CEO Albert Stäheli und Verwaltungsrat Jens Alder werden als mögliche Nachfolger genannt.
Es geht um weit mehr als nur um die Frage, ob Konrad Hummler Präsident der «Neuen Zürcher Zeitung» bleiben kann. Wird diese «derzeit meistdiskutierte Frage in der Medienbranche» («Weltwoche»-Kolumnist Kurt W. Zimmermann) mit Nein beantwortet, verliert die «NZZ» ihren Türöffner bei der «Basler Zeitung» («BaZ»). Nach vergeblichen Versuchen, in Basel zum Zug zu kommen, rückte die «BaZ» dank Hummlers Nähe zu deren Eigentümer Tito Tettamanti wieder in Griffnähe.
Die Position des Wegelin-Teilhabers Hummler bei der «NZZ» wurde diese Woche trotz publizistischer Schützenhilfe durch die eigene Redaktion nochmals schwächer. Selbst der ihm wohlgesinnte Kurt W. Zimmermann schrieb: «Es wäre sehr zu bedauern, wenn er nicht mehr VR-Präsident der ‹NZZ› wäre. Doch ich denke, es geht leider nicht anders.» Seine Begründung: «Ein belasteter Präsident belastet auch das Blatt.»
NZZ-CEO Albert P. Stäheli muss sich inzwischen öffentlich die Frage stellen lassen, ob er sich als Nachfolger sehe. So am Mittwoch bei der Feier «Journalist des Jahres». Seine Antwort lässt alle Interpretationen zu: «Ich möchte als CEO in Pension gehen. Aber es heisst auch: Sag niemals nie.» Schon Anfang Januar, an der Dreikönigstagung des Verbandes Schweizer Presse, sagte Stäheli: Eigentlich bestünde gegenüber Hummler kein Vorbehalt in seiner Funktion als NZZ-Präsident. Doch dann schob er nach: «Perception is reality». Gerate Hummler unter Druck, werde dies seine Rolle bei der NZZ beeinträchtigen.
Inzwischen ist genau dies passiert. Der «Blick» fährt eine Kampagne gegen den «bramarbasierenden Berserker» (Frank A. Meyer) und «Besserwisser-Banker», wie er im Blatt genannt wird. Hummler sei über den medialen Hype «erbost», heisst es aus seinem Umfeld: Er habe ja nichts Unrechtes getan. Doch eben: «Perception is reality» – die Wahrnehmung ist entscheidend. Darum fallen auch NZZ-intern erste Namen für die Nachfolge. Neben CEO Stäheli, der vorübergehend ein Doppelmandat ausüben könnte, wird vor allem einer genannt: Jens Alder, Verwaltungsrat und ehemaliger Swisscom-CEO. «Er hat das Format und könnte das Präsidium sofort übernehmen», sagt ein hohes Kadermitglied.
Doch Hummler kämpft. Nicht umsonst will er sich seine Karriere bei der NZZ so sorgsam aufgebaut haben. Seit September 2002 sitzt er im NZZ-Verwaltungsrat. Er muckte nicht auf gegen die Nicht-Führung des Unternehmens unter den Präsidenten Franz Steinegger und Conrad Meyer und hielt sich auch beim kurzen Intermezzo Eric Honeggers bedeckt. Denn Hummler wollte ganz nach oben. Im April 2011 war der Zeitpunkt gekommen. Meyer trat ab, Hummler übernahm. Das hatte auch publizistische Folgen. Ohne Hummlers lenkende Hand dürfte «NZZ»-Chefredaktor Markus Spillmann kaum das einstige «NZZ»-Feindbild Christoph Blocher zur Wahl in den Ständerat empfohlen haben.
Hummlers Medien-Bedeutung geht über die NZZ hinaus: Er ist die zentrale Figur im Masterplan rechtsbürgerlicher Kreise bei ihrem medialen Vormarsch. Hummlers Partner ist dabei allerdings nicht Blocher, sondern Tettamanti.
Hummler und Tettamanti verbindet eine lange Geschichte. Der Tessiner sass zwischen 1998 und 2006 im Verwaltungsrat der Wegelin Fondsleitung AG. Mehr noch als das Geschäft eint sie ihre Weltsicht. Sie seien «zwei frustrierte Freisinnige», brachte Hummler die Gemeinsamkeit schon 2003 in einem «Facts»-Porträt auf den Punkt. «Europaorientiert, aber brüsselkritisch», sassen laut Hummler beide etwa im noblen Londoner Debattierklub «European Policy Forum».
2011 machte Tettamanti den St. Galler zu seinem Nachfolger und Präsidenten seines «Vereins Zivilgesellschaft» – eine Ehrbezeugung. Die Vertrauensposition lässt sich auch daran ablesen, dass Hummler als einziger Deutschschweizer in Tettamantis Stiftung Fondazione Fidinam Einsitz nehmen durfte.
Medial spannt das Duo seit über zehn Jahren zusammen. Als Hummler treibende Kraft hinter den «Schweizer Monatsheften» war, galt Tettamanti als sein grösster Geldgeber. Als Tettamanti 2002 den Jean-Frey-Verlag («Weltwoche», «Bilanz», «Beobachter») kaufte, wirkte Hummler im Hintergrund. Da er schon NZZ-Verwaltungsrat war, trat als Investor Peter Weigelt (FDP) auf, der für Hummler die politischen Geschäfte besorgte. Im Verwaltungsrat vertrat wohl Peter Kleiner Hummlers Interessen.
In der Medien-Vielfalt-Holding – die von Tettamanti beherrschte, neue Eigentümerin der «BaZ» – zeigt Hummler seine Präsenz nicht mehr so offen. Doch die Kreise bleiben eng: Marina Masoni (FDP), von Tettamanti mit dem Amt der Verwaltungsratspräsidentin versehen, landete prompt bei der Tessiner Filiale der Bank Wegelin, nachdem sie nach einem Skandal um ihre Familienstiftung vom Tessiner Wahlvolk aus der Regierung abgewählt wurde.
Als Hummler Präsident des NZZ-Verwaltungsrats wurde, jubelte «BaZ»-Chefredaktor Markus Somm. Als «Beirat» des Vereins Zivilgesellschaft war ihm und der «Basler Zeitung» nun der Weg zur «NZZ» geebnet. Eine irgendwie geartete Allianz zwischen dem Zürcher und dem Basler Verlagshaus schien bloss eine Frage der Zeit. Es ist die US-Justiz, die diese Pläne nun infrage stellt.