«Höhere Studiengelder – tiefere Stipendien»

Das St.Galler Bildungsdepartement hat Stipendien auch schon als «Ausbildungsfürsorge» bezeichnet. Sie sind nun eins der Ziele der Sparpolitik. 

Von  Andreas Kneubühler

Es ist wie ein Zangenangriff: Mit dem zweiten Sparpaket wurden im Kanton St.Gallen die Studiengebühren für Universität und Fachhochschulen derart stark erhöht, dass die Ausbildungen neu zu den teuersten der Schweiz gehören. Nun folgt das dritte Sparpaket, und es wird spürbare Kürzungen bei den Stipendien bringen. Das heisst: Unter dem Strich werden Studierende aus dem Kanton St.Gallen doppelt bestraft. Sie zahlen markant mehr Gebühren – und erhalten deutlich weniger Beiträge.

Ja ja nein nein

Die Massnahme ist ein weiteres Kapitel in einem bereits mehrjährigen Trauerspiel. Seit 2008 wird im Kanton St.Gallen darüber debattiert, ob man einem interkantonalen Konkordat beitreten soll, das die unterschiedlichen Stipendienleistungen sanft harmonisieren würde. Fast alle Kantone kündigten damals an, sich beteiligen zu wollen. Fast alle: Appenzell Innerrhoden und St.Gallen waren als einzige dagegen. Der Grund? Natürlich das Geld. Die Anpassungen an die vorgesehenen Mindestleistungen hätten St.Gallen elf Millionen Franken gekostet. Das Bildungsdepartement bezeichnete bei der Gelegenheit Stipendien, wie sie das Konkordat vorsah, als «Ausbildungsfürsorge».

Im November 2008 erklärte SVP-Regierungsrat Stefan Kölliker, dass man allenfalls doch beitreten werde, falls die elternunabhängige Stipendienbemessung für fakultativ erklärt werde. Diese war der Grund für die Mehrkosten. Die St.Galler Extrawurst wurde sogar bewilligt. Damit schienen alle Hindernisse ausgeräumt. Und in der übrigen Schweiz stimmte ein Kanton nach dem anderen dem Konkordat zu. In St.Gallen lief gar nichts. Im Januar 2012 gab Kölliker bekannt: Man wolle von einem Beitritt nun doch absehen. Als Grund nannte er erneut finanzielle Mehrbelastungen.

Nun wurde es dem Kantonsrat zu bunt. Die Kommission für Aussenbeziehungen setzte Druck auf und verlangte den Beitritt. Zu rechnen sei mit Mehrkosten von jährlich 650’000 Franken, dies sei vertretbar. Die Regierung musste nachgeben. Sie schlug aber einen «kostenneutralen» Beitritt vor: Leistungen, bei denen St.Gallen grosszügiger ist als andere Kantone, sollten gekürzt werden. Betroffen sind die Schülerinnen und Schüler privater Mittelschulen und privater Vollzeitberufsschulen in den Bereichen kaufmännischer und paramedizinischer Berufe. Für sie würde das maximal anrechenbare Schul- oder Studiengeld von 9000 auf 6500 Franken herabgesetzt.

Zehn Prozent weniger zum Leben

Noch während die Vernehmlassung läuft, folgt die Sparmassnahme mit happigen weiteren Kürzungen. Ab 2014 sollen nochmals jährlich rund 1,8 Millionen Franken eingespart werden. Für den grössten Teil der Stipendienbezüger würde dies eine zehnprozentige Kürzung der Beiträge bedeuten. Je nach Ausbildung sind das durchschnittlich 880 bis 1120 Franken weniger. «Die Lebenshaltungskosten können nicht mehr in jedem Fall gedeckt werden», kommentiert die Regierung ihre eigene Sparidee. Gibt es nun Proteste wie 2012, als die Uni-Studenten wegen der Studiengebühren ein paar medienwirksame Aktionen lancierten? Anfragen zeigen, dass es – zumindest bis Redaktionsschluss – für die Studierenden-Organisationen noch zu früh ist. Konkrete Stellungnahmen fehlen bisher.