Gute Sätze 2024 – Teil 2

Möge euch allen ein Happyend beschert sein – wie in der Saiten-Fotolovestory aus dem Aprilheft. (Bild: Mindaugas Matulis)

Das turbulente Jahr ist bald um. Hier Teil zwei unserer denk- und diskussionswürdigen Sätze aus Print und online, Juli bis Dezember – wie gewohnt höchst subjektiv. 

Erst­mals in der Ge­schich­te der olym­pi­schen Be­we­gung wer­den un­ter dem Eif­fel­turm ge­nau­so vie­le Män­ner wie Frau­en an den Start ge­hen – so­zu­sa­gen moi­tié-moi­tié.

Na­tha­lie Grand in ih­rer Sport­ko­lum­ne «Sai­ten­li­nie» im Som­mer­heft

 

Als «mo­bi­le Ak­ti­ons­hal­le» or­ga­ni­sier­te die IG zu­nächst Kon­zer­te an ver­schie­de­nen Or­ten wie dem Ko­los­se­um. Die­se Auf­bruch­stim­mung fehlt heu­te. Ich hoff­te, nach Co­ro­na kom­me wie­der so ei­ne Wel­le, aber bis jetzt ist sie aus­ge­blei­ben.

Gra­ben­hal­le-Mit­grün­de­rin Ro­sa Schwarz im Ju­bi­lä­ums­in­ter­view zu 40 Jah­ren Gra­ben­hal­le.

 

Ich ha­be ihn to­tal zur Sau ge­macht und ihn ein­fach lie­gen­las­sen, es war mir scheiss­egal. Dis­ku­tie­ren konn­te man ir­gend­wann viel­leicht, aber an die­sem Abend hat­ten sie uns den Krieg er­klärt.

Gra­ben­hal­le-Mit­grün­der Ma­ti­as Ste­b­ler über Schlä­ge­rei­en mit Na­zi-Skins in den 80ern. 

 

Es kom­men Men­schen zu uns, nicht Pro­ble­me. Man muss sie in­te­grie­ren, nicht aus­gren­zen. 

So­li­da­ri­täts­netz-Ge­schäfts­füh­re­rin Sü­kran Ma­gro im In­ter­view im Sep­tem­ber­heft.

 

Egal, wie mei­ne Ge­sichts­zü­ge und Ge­schlechts­tei­le auch aus­se­hen, egal, wie per­fekt weib­lich mei­ne Hor­mon­wer­te sind – dem Blick ei­ner sol­chen Öf­fent­lich­keit wür­de ich nie stand­hal­ten. Wä­re das nur für Olym­pia ein Pro­blem, tja, als trans Frau darf ich da eh kaum hin. Aber mein Chir­urg hat mich ja nicht für Olym­pia prä­pa­riert, son­dern für die Mi­gros-Fi­lia­len der Ost­schweiz. Da­mit ich ein Ra­ke­ten­glace kau­fen kann, oh­ne be­läs­tigt zu wer­den.

Mia Nä­ge­li in ih­rer Sep­tem­ber-Ko­lum­ne.

 

Das gan­ze Bi­blio­theks­we­sen im Kan­ton ist auf ei­nen Leucht­turm an­ge­wie­sen, der ge­nü­gend Strahl­kraft hat. Nimmt ihm die Po­li­tik die­se weg, wirds auch an­ders­wo dunk­ler.

Da­vid Gad­ze über das Pro­jekt für ei­ne neue Kan­tons- und Stadt­bi­blio­thek in St. Gal­len, das mit Ge­gen­wind zu kämp­fen hat. 

 

Man könn­te an­ge­sichts der ak­tu­el­len St. Gal­ler Bi­blio­theks­de­bat­te den Ein­druck tei­len, den Wil­liam von Bas­ker­ville, Ecos de­tek­ti­vi­sche Ro­man­fi­gur, schil­dert: «Ich weiss, dass in St. Gal­len nur noch we­ni­ge Mön­che des Schrei­bens mäch­tig sind.» Das Bi­blio­theks­we­sen hat in St. Gal­len eben­so Tra­di­ti­on wie des­sen Ge­ring­schät­zung – zu­min­dest in Tei­len des bür­ger­li­chen Po­lit­spek­trums. Dass es heu­te zum Le­sen und Schrei­ben kei­ner Mön­che mehr be­darf, ist auch ein Ver­dienst des öf­fent­li­chen Bi­blio­theks­we­sens.

Ro­man Hertler über die Ge­ring­schät­zung der St.Gal­ler Bi­blio­theks­tra­di­ti­on.

 

An­dre­as Vö­ge­li über­nahm die Ver­ant­wor­tung für den Pat­zer. Und jetzt ist er so kon­se­quent, wie man es sich von Po­li­ti­ker:in­nen wün­schen wür­de, die grö­be­re Feh­ler zu ver­ant­wor­ten ha­ben. 

Re­to Vo­n­e­schen in sei­nem On­line-Kom­men­tar zur St.Gal­ler Wahl­pan­ne vom 22. Sep­tem­ber, als sich das Stimm­bü­ro ver­zählt hat und des­sen Chef An­dre­as Vö­ge­li in der Fol­ge zu­rück­ge­tre­ten ist. 

 

In St. Gal­len – aber wo­mög­lich auch an­ders­wo – ma­chen die Kul­tur­in­sti­tu­tio­nen häu­fig ein­fach ihr Ding, und ich fän­de es sehr wich­tig, wenn man wie­der mehr auf­ein­an­der zu­ge­hen wür­de. Wie das jetzt bei­spiels­wei­se bei der In­itia­ti­ve «Das Haus» ein Stück weit pas­siert.

Frau­ke Ja­co­bi und Ste­fan Zbin­den im In­ter­view zum Auf­takt ih­rer elf­ten Spiel­zeit im Fi­gu­ren­thea­ter St.Gal­len.

 

Von al­len Sei­ten wird uns sehr ge­nau auf die Fin­ger ge­schaut. Hin­zu kom­men die er­mü­den­den De­bat­ten im Kan­tons­rat über die Ver­gü­tung von Zen­trums­las­ten. Uns als Stadt wird stän­dig vor­ge­wor­fen, dass wir zu viel Geld aus­ge­ben, da­bei sind wir seit Jah­ren am Spa­ren.

Ma­ria Pap­pa im On­line-In­ter­view zum neu­en Kul­tur­haus an der Ost­stras­se, dem der Stadt­rat  An­fang Ok­to­ber ei­ne fi­nan­zi­el­le Ab­fuhr er­teilt hat.

 

Was wir frü­her ganz klar als lin­ke Pro­test­tex­te ver­stan­den ha­ben, wird heu­te von Grup­pen ver­ein­nahmt, die dem ei­nen neu­en Sinn ge­ben. Ich den­ke an den Ego­is­mus ge­wis­ser Grup­pie­run­gen, die wäh­rend Co­ro­na nicht se­hen woll­ten, dass es um Rück­sicht­nah­me ging.

Kel­ler­büh­ne-Lei­ter Mat­thi­as Pe­ter im In­ter­view zum 60. Ge­burts­tag des ers­ten Ost­schwei­zer Klein­thea­ters.

 

Wäh­rend die Chi­ne­sen sich ein fast be­droh­lich wir­ken­des Wahr­zei­chen an die Gren­ze ge­baut ha­ben, wer­ben die Pa­ki­sta­ni ne­ben dem Park­platz und der Zoll­ab­fer­ti­gung mit dem höchs­ten Geld­au­to­ma­ten. Hier tref­fen Wel­ten auf­ein­an­der.

San­dro Zu­li­an über sei­nen Road­trip in Pa­ki­stan, der ihn auch auf den Khun­jer­ab Pass an der Gren­ze zu Chi­na ge­führt hat. 

 

Die Her­ber­ge als Un­ter­kunft für Zu­flucht­su­chen­de – fast will man hier am Hü­gel über der Stadt schon bi­bli­sche Ver­glei­che be­mü­hen, erst recht dann, als sich im Pu­bli­kum der In­for­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung ein Ver­tre­ter der Kirch­ge­mein­de Lin­se­bühl («Wie kön­nen wir hel­fen?») und ei­ner des Frau­en­klos­ters Not­ker­segg («Wir bräuch­ten dann noch Hil­fe zum Obst­bäu­me­schnei­den.») zu Wort mel­den. Doch man lan­det ziem­lich schnell wie­der auf welt­li­chem Bo­den: Es ist die Re­de von «Ca­se­ma­nage­ment», «Asyl­zen­tren mit In­te­gra­ti­ons­cha­rak­ter», von «Zah­len, die wir ver­ar­bei­ten müs­sen».

Mat­thi­as Fäss­ler im On­line­bei­trag über die In­fo­ver­an­stal­tung im St.Gal­ler Birn­bäu­men­quar­tier im Ok­to­ber, wo aus der Ju­gend­her­ber­ge ei­ne tem­po­rä­re Asyl­un­ter­kunft «mit In­te­gra­ti­ons­cha­rak­ter» ge­wor­den ist

 

Das Bau­recht ist der He­bel Num­mer eins für die Stadt­ent­wick­lung, weil die Stadt nicht al­les sel­ber bau­en kann. Die In­stru­men­te sind da. 

Max Alt­herr im No­vem­ber-Schwer­punkt zum ge­mein­nüt­zi­gen Woh­nungs­bau in St.Gal­len.

 

Je­de Woh­nung, die der Spe­ku­la­ti­on ent­zo­gen wird, hat Wir­kung. (…) Un­se­re zen­trals­te Auf­ga­be muss es sein, Woh­nun­gen mit Kos­ten­mie­te an­zu­bie­ten.

Jac­ques Mi­chel Con­rad vom Ver­band der Wohn­bau­ge­nos­sen­schaf­ten Ost­schweiz über die Rol­le des ge­mein­nüt­zi­gen Woh­nungs­baus. 

 

Was wür­den wir hier oh­ne Hu­mor und Sar­kas­mus ma­chen. Am 1. Au­gust schal­te­te mich mei­ne Fa­mi­lie zur 1.-Au­gust-Sau­se da­zu. Mein Va­ter: «Wir war­ten noch auf die Ra­ke­ten.» – «Wir auch…», sag­te ich.

Jour­na­lis­tin Ey­nat Bol­lag in ih­rer Fla­schen­post aus Tel Aviv, wo­hin sie Kurz vor dem An­griff der Ha­mas auf Is­ra­el im Ok­to­ber 2023 ge­zo­gen ist. 

 

Es tönt hart, aber die Trump-Wahl macht mei­ne Ar­beit – und die Ar­beit vie­ler an­de­rer Ak­ti­vist:in­nen – in Zu­kunft fast eher noch span­nen­der. Ein­fach weil In­ves­ti­ga­ti­v­jour­na­lis­mus in Kri­sen­zei­ten we­sent­lich in­ter­es­san­ter ist.

Ha­cke­rin Ma­ia Crimew, ge­gen die in den USA An­kla­ge er­ho­ben wur­de, auf die Fra­ge, ob sich mit der neu­er­li­chen Trump-Wahl et­was ih­rer ju­ris­ti­schen Si­tua­ti­on än­dert.

 

Das ist ja so spoo­ky: Man macht ge­zielt Stim­mung mit ei­ner Ideo­lo­gie, an die man sel­ber of­fen­bar nur teil­wei­se glaubt. Denn ge­ra­de auch in Vor­arl­berg ist man drin­gend auf Ar­beits­kräf­te aus dem Aus­land an­ge­wie­sen. Das weiss auch die wirt­schafts­na­he FPÖ. Und trotz­dem wird ge­hetzt und auf die Pfle­ge der Tra­di­tio­nen als wich­tigs­tes In­te­gra­ti­ons­mo­ment ge­pocht, ein­zig zum Macht­er­halt, weil man da­mit ge­gen je­den Sinn und Ver­stand po­la­ri­sie­ren und mo­bi­li­sie­ren kann – und das er­folg­reich. Das Pro­blem ist, dass da­mit stän­dig ei­ne Bom­be ge­la­den wird, von der man nicht weiss, ob sie ein­mal hoch­geht.

Han­no Loe­wy im In­ter­view an­läss­lich der Ver­lei­hung des Rhein­ta­ler Kul­tur­prei­ses «Gol­di­ga Törg­ga» an das Jü­di­sche Mu­se­um Ho­hen­ems, das er seit 20 Jah­ren lei­tet. 

 

Die Po­li­tik ist ein gu­ter Ort, um zu ler­nen, mit an­de­ren Mei­nun­gen um­zu­ge­hen. Das ha­ben wir heut­zu­ta­ge et­was ver­lernt. Wir se­hen das et­wa dar­an, dass Po­li­ti­ker:in­nen, die nicht auf der Li­nie der Par­tei­mei­nung lie­gen, zum Teil mar­gi­na­li­siert oder am Auf­stieg ge­hin­dert wer­den. Ich wür­de mir wün­schen, dass die in­ter­ne Mei­nungs­viel­falt wie­der mehr ge­pflegt wird. 

Mi­cha­el Herr­man im In­ter­view am Ran­de der 50. Ju­gend­ses­si­on in St.Gal­len. 

 

Er sang, wie es bei Hein­rich Hei­ne heisst, «mit wah­rem Ge­füh­le und fal­scher Stim­me». So falsch, dass man aus dem ihm sehr wohl­ge­sinn­ten Pu­bli­kum so­gar hör­te: «Da isch scho no mue­tig!»

Hans Fäss­ler in sei­ner Ver­ar­bei­tung des bun­ten Abends von Mass­nah­men­kri­ti­ker Da­ni­el Stri­cker im «Kurz­eck» mit SVP-Hau­de­gen An­dre­as Glar­ner als Haupt­gast.

 

Bis vor ein paar Jah­ren galt für Frau­en in Sau­di-Ara­bi­en noch ein Sta­di­on­ver­bot. Mitt­ler­wei­le wird der Frau­en­fuss­ball zur Image­pfle­ge des herr­schen­den Clans ge­för­dert. 

Na­tha­lie Grand in der De­zem­ber-Sai­ten­li­nie.