, 23. Dezember 2022
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Gute Sätze 2022 – Best of Print

Das verflixte Jahr ist bald um und auch 2022 waren bei Saiten wieder denk- und diskussionswürdige Sätze zu lesen. Hier unsere subjektive Auswahl aus den elf Printausgaben.

Der schickste Breifkasten der Alpennordseite, entdeckt von Larissa Kasper.

Wenn wir jede Angst mit einem materiellen Ding kompensieren, entstehen garantiert neue Ängste und wir brauchen noch mehr Dinge.

Veronika Fischer im Januarheft

 

Was der Stadt fehlt, und wofür Meienberg stand, ist die Lust am Gerangel, an offenen Konflikten, an der Zuspitzung, An einer Art der Politik, die sich selbst nicht für alternativlos hält, und einer Kultur, die sich nicht damit begnügt, was sie erreicht hat.

Matthias Fässler im Januarheft

 

Als wäre das nicht schon schlimm genug, tummeln sich auf dem Spielplatz seit einigen Jahren auch noch etliche Arschlochkinder, die alles wegmobben, was ihnen nicht in den Kram passt: Google, Instagram, Facebook & Co. Wie den Znüni früher in der Schule treten die ohnmächtigen Medienhäuser heute den Grossteil ihrer Werbeeinnahmen an sie ab.

Corinne Riedener im Januarheft

 

Von Grüninger und den anderen Fluchthelfern kann man lernen, dass jemand, auch wenn es aussichtslos erscheint, handeln kann. Und dass es darauf ankommt, etwas zu tun.

Stefan Keller im Februarheft

 

Was aus dem Ganzen zu lernen wäre? Zumindest dies: Geschichte kann nicht rückgängig gemacht werden. Aber sie kann und muss erforscht werden, tabulos und mit maximalem Respekt vor ihren Opfern.

Peter Surber im Februarheft

 

Aus der Zürcher Bührle-Affäre könnte man längst eine TV-Serie um Macht, Geschichte und Aufklärung drehen. Im Kern handelt sie davon, wie sich eine rot-grüne Stadtregierung im Kunsthaus mit dem Bürgertum und dem Finanzplatz arrangiert, und wie sich jene, die von den Geschäften mit den Nazis profitierten, noch immer aus der historischen Verantwortung stehlen wollen.

Kaspar Surber im Februarheft

 

Die kleinen Kulturbetriebe und freien Kulturschaffenden kamen aus meiner Sicht viel zu kurz. Die Politik hat die alternative Szene nicht mitgedacht bei ihren Entscheidungen. Das Miteinander in der Kulturszene ist mit Corona gewachsen und mittlerweile unglaublich stark – nur schlägt sich das leider nicht in der Politik nieder. Die Pandemie hat uns in der Kulturszene einander gewissermassen nähergebracht, aber sie hat auch die Schere weiter aufgehen lassen.

Fabian Mösch im Märzheft

 

«Toxic.fm», das einst vom Herzblut seiner Macher:innen gelebt hat, das manchmal auch verrückt bis infantil daherkam und diese gewisse amateurhafte Frischheit verströmt hat, ist nicht mehr. Es scheint, dass jetzt auch noch die letzten alten Hasen, die dem Toxic kulturelle Vielfalt einhauchten, abspringen oder geschickt werden.

Roman Hertler im Märzheft

 

Schawinski & Co. jammern genaugenommen nur gegen die neue Konkurrenz und schüren Verunsicherung. Wir sollten dem weniger Beachtung schenken. Schawinski ist heute ein Schlussliechtli.

Thomas Gilgen im Märzheft

 

Der 24. Februar 2022 stellt eine Zäsur dar, die das Leben vieler Menschen in «vorher» und «seither» zerschnitten hat. Vieles wird seither in unterschiedlicher Intensität und mit nicht vorhersagbaren Folgen erschüttert. In der Ukraine, hierzulande, jenseits des europäischen Subkontinents und natürlich auch in der Russländischen Föderation.

Maren Schreier im Aprilheft

 

Aufs Klima bezogen, heissen die «Oligarchen» Glencore oder Nestle. Da taugt die bürgerliche Antwort, jede und jeder müsse bei sich selber anfangen, aus meiner Sicht nichts. Eigenverantwortung zu fordern, damit die Wirtschaft in Ruhe gelassen werden kann, ist kein Weg.

Robin Eichmann im Aprilheft

 

Dass Körper nicht so zweigeschlechtlich sind, hat aber eigentlich gar nichts mit trans Identitäten zu tun: Gender liegt nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren.

Anna Rosenwasser im Maiheft

 

Man kann es nicht genug betonen: Kein Mensch ist illegal – Menschen werden illegalisiert. Dieser Zustand ist beschämend und unhaltbar in einer fortschrittlichen und solidarischen Gesellschaft.

Corinne Riedener im Maiheft

 

Warum dürfen wir nicht arbeiten, uns einbringen? Ich kenne Sans-Papiers, die seit Jahren hier leben, die Sprache bestens beherrschen und so viel zu unserer Gesellschaft beitragen könnten. Stattdessen verkriechen wir uns an den Rändern – aus Angst.»

Sangmo* im Maiheft

 

Während die Ukraine ums Überleben kämpft, nutzt die Türkei ihre Chance. Während die tapferen Ukrainer im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen, die sich gegen das übermächtige Russland wehren, startete Ankara eine Offensive gegen die verhassten Kurden im Nordirak. Mit den gleichen völkerrechtswidrigen und brutalen Mitteln wie das Putin-Regime in der Ukraine.

Alfred Hackensberger im Maiheft

 

Das WEF ist ja ein schon fast dürrenmatt’sches Beispiel von Exklusion, mit dem Stacheldraht um die Veranstaltung, mit der Armee, die die Wenigen drinnen vor dem Rest draussen schützt.

Christoph Keller im Juniheft

 

Für Vorarlberg gilt, dass man früher besonders römisch-katholisch war und sich zugleich für besonders politisch-freisinnig hielt, (was auch besonders deutschnational oder besonders nationalsozialistisch heissen konnte). Und heute ist man besonders sanft-touristisch und vor allem besonders international-kulturell, und zwar mit einer Betonung auf Festspielwesen und Baukunst.

Wolfgang Mörth im Juniheft

 

Mein Bedürfnis war es, jedem Obdachlosen Geld zu geben, aber es waren so viele, denen man dort jeden Tag begegnete. Hier sind es vielleicht drei oder vier, wenn man durch die Fussgängerzone geht, und in Berlin ist das an jeder Ecke. In Konstanz lebt man in der Hinsicht in einer Blase. Das Elend ist ja nicht weg, nur weil man es nicht sieht.

Veronika Fischer im Juniheft

 

In der Naturbesetzung zu leben, heisst nicht, in der Natur zu sein, ungestört. Man ist am Rande der Natur, man ist Teil ihrer letzten Verteidigungslinie, bevor sie dem Kapitalismus zum Opfer fällt und zum Treibstoff der Klimakrise wird.

Sonne* im Sommerheft

 

Das ist vielleicht der Unterschied zu früher. Heute sitzt der Klimastreik auf die Kreuzung St.Leonhard- und Kornhausstrasse, singt «We shall overcome» und kommt sich dabei wahnsinnig rebellisch vor. In den 80ern war die Debatte noch, ob sich Gewalt nur gegen Sachen oder auch gegen Personen richten soll; es ging härter zur Sache.

Reto Voneschen im Sommerheft

 

«Ach wie schön, ist da etwa was unterwegs?», fragt mich eine eher unbekannte Person und schaut verzückt auf meine Körpermitte. Unter meinem T-Shirt wölbt sich mein Bauch. Da ist mit Sicherheit irgendwas unterwegs, schliesslich nehme ich regelmässig Mahlzeiten zu mir.

Veronika Fischer im Sommerheft

 

Um eine Bewegung am Laufen zu halten, muss man Verbindungen schaffen und nicht ständig um Abgrenzung bemüht sein.

Judith Grosse im Sommerheft

 

Man muss in aller Klarheit sagen: Wenn es das Ziel ist, sämtliche Vorfälle auf Null zu bringen, seien es etwa kleinere Sachbeschädigungen im Stadion oder das Ziehen der Notbremse im Extrazug, dann kann sich die Fanarbeit jetzt schon auflösen. Die Vorstellung von absoluter Sicherheit ist eine völlige Illusion.

Christian Huber im Sommerheft

 

Statt im brennenden Haus zu sitzen und mit einem «This is fine» zu resignieren, lieber auf dem Tisch in Flammen tanzen. Europa geht unter – und bei allen Krisen darf das auch gefeiert werden.

David Nägeli im Septemberheft

 

Das ist auch ein Pandemieproblem: Die Kultur wurde zu einem Produkt. Ähnlich wie bei Spotify oder Amazon, wo Ideen ausgespuckt werden, was man anziehen, saufen oder fressen soll. Musik wird jetzt ebenfalls vermarktet wie eine Zahnbürste oder Zahnpasta. Aber das Emotionale, das Aufgeladene, das was man als Energie erlebt, wenn man dabei ist, das wurde verlernt.

Michael Gallusser im Septemberheft

 

Unsere Musik bei Dachs ist in Dialekt gesungen, da weiss jeder rasch, aha, St.Gallen. Leute, die «Hopp St.Galle, füre mit em Balle!» hineinbrüllen, sind langsam ausgestorben, das ist ein gutes Phänomen.

Basil Kehl im Septemberheft

 

Einflussreiche Männer auf Social Media werden nicht Influencer genannt. Sie sind Jungunternehmer, Fitnessgurus, Experten. Influencerinnen, das sind die, die Schminke verkaufen und die Dreistigkeit haben, sich selbst abzubilden. Denn Bildnisse von Frauen werden nur dann zur Kunst erklärt, wenn sie aus der Linse eines Mannes stammen.

Anna Rosenwasser im Septemberheft

 

Und ich mache jetzt genau das, was viele Männer in homosozialen Strukturen auch machen: Ich schreibe ein wohlwollendes Portrait über eine Person, mit der ich befreundet bin und mit der ich regelmässig zusammenarbeite, denn soziale Strukturen sind dazu da, sich gegenseitig zu supporten und Sichtbarkeit zu generieren. Im besten Fall macht man das im Bewusstsein der Machtstrukturen, in welchen man sich bewegt, und der Privilegien, über die man verfügt, und ohne dabei exkludierend zu sein – was homosoziale Netzwerke oft sind.

Jessica Jurassica im Septemberheft

 

Überspitzt gesagt wird man ja an unseren Unis quasi ausgebildet, um Massenmördern zu assistieren. In diesem Sinn kann man die HSG eigentlich als Ausbildungsstätte für Wirtschaftskriminalität bezeichnen.

Milo Rau im Novemberheft

 

Wenn man von unten kommt, muss einem keiner erklären, wie die Gesellschaft funktioniert. Ich wusste schon in der Primarschule, dass wir in einer Klassengesellschaft leben.

Paul Rechsteiner im Dezemberheft

 

«Die Jugend» wird sich einen Teil ihres Mysteriums
wohl immer bewahren, ganz unabhängig davon, ob das
nun gut oder schlecht für die gesellschaftliche Entwicklung
ist.

Roman Hertler im Dezemberheft

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