Gratis, aber nicht kostenlos

Saiten wird auch dieses Jahr einen Verlust einfahren – zum vierten Mal in Folge. Das hat vor allem mit sinkenden Abo- und Inserateeinnahmen zu tun. Hier unsere aktuellen Zahlen.
Von  Redaktion Saiten
Das Saiten-Kollektiv: Corinne Riedener, Philip Stuber, Marc Jenny (oben), Roman Hertler, Isabella Zotti und David Gadze (unten). Nicht im Bild: Calendrier Michael Felix Grieder. (Fotos: Ladina Bischof)

So langsam wird es Zeit, unsere Kochbücher mit den leckersten Kuchenrezepten aufzuschlagen und die Festgarderobe vom Estrich zu holen: Im April 2024 wird Saiten 30 Jahre alt! Natürlich werden wir das feiern. Und wie es halt ist, wenn man dieses Alter erreicht, müssen wir nun an den Stellschrauben für die Zukunft drehen. Etwas mehr als auch schon. Denn die finanzielle Entwicklung der vergangenen zwei Jahre deutet auf ein strukturelles Problem hin.

Bis 2020 ist Saiten kontinuierlich gewachsen. Die Inserateeinnahmen waren – entgegen dem Trend in der Medienbranche – steigend, und die Zahl unserer Abonennt:innen beziehungsweise Mitglieder war in den vergangenen zehn Jahren stabil.

Die Redaktion konnten wir 2015 um eine dritte Stelle (50 Prozent) erweitern und 2019 auf drei 70-Prozent-Stellen ausbauen (von insgesamt 190 auf 210 Stellenprozent), die Pensen beim Verlag wurden ebenfalls erhöht (von 100 auf 120 Stellenprozent). Ausserdem haben wir sukzessive unseren Kollektivlohn (Fr. 5445.30 netto bei einem Pensum von 100 Prozent) und die Honorare für unsere freien Mitarbeiter:innen einem halbwegs branchenüblichen Niveau angenähert.

Für 2023 haben wir einen Umsatz von rund 700’000 Franken budgetiert und bewegen uns damit im gewohnten Rahmen der letzten Jahre.

2022: Verlust von knapp 16’700 Franken

Die Coronapandemie hat Saiten einigermassen unbeschadet überstanden. Dies auch dank der grossen Unterstützung unserer Abonennt:innen. Viele sind in dieser Zeit zu Unterstützer:innen oder Gönner:innen geworden. Dafür möchten wir uns nochmals herzlich bedanken! Gleichzeitig sagen wir Merci all den treuen Leser:innen und Inserent:innen, die uns seit bald 30 Jahren unterstützen und uns ermöglichen, Monat für Monat ein Heft herauszubringen und eine Webseite zu betreiben.

Seit zwei Jahren gelingt es uns jedoch nicht mehr, die Einnahmen auf dem Niveau von vor der Pandemie zu halten. 2022 resultierte ein Verlust von knapp 16’700 Franken.

Zum einen nimmt die Zahl unserer Mitglieder, Unterstützer:innen und Gönner:innen ab. Seit Ende 2021 haben wir knapp zehn Prozent von ihnen verloren. Zum anderen sind die Inserateeinnnahmen rückläufig. Schon mit Beginn der Pandemie kam es zu einem massiven Einbruch, den wir aber durch die Ausfallentschädigung von Bund und Kanton grösstenteils decken konnten. Doch auch seit dem Ende der Massnahmen erreichen die Inserateeinnahmen nicht das Vor-Corona-Niveau; in diesem Jahr liegen sie bis und mit September rund zehn Prozent unter Budget. Die leicht gestiegenen Erlöse aus der Onlinewerbung sind im Vergleich dazu ein Tropfen auf den heissen Stein.

Die Gründe für diese Rückgänge sehen wir in den wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre (Teuerung, steigende Krankenkassenprämien und Mieten etc.) und in den Nachwehen der Coronapandemie (etwa die Umsatzrückgänge von Kulturbetrieben). Sie betreffen auch uns.

Ein Dienst an der Allgemeinheit

Saiten gibt es zwar gratis. Wir verteilen pro Monat 2500 Freihandexemplare in der ganzen Ostschweiz, und auch auf unserer Website lassen sich alle Texte ohne Abo oder Bezahlschranke lesen. Das soll auch so bleiben.

Saiten ist aber nicht kostenlos. In jedem Heft und in jedem Beitrag steckt viel Arbeit, Herzblut – und Geld. Allein Druck und Vertrieb der Freihandexemplare kosten 62’500 Franken pro Jahr. Rund einen Drittel davon, also etwa 20’000 Franken, übernehmen die Auflageorte freiwillig – sie bezahlen solidarisch dafür, dass Saiten bei ihnen aufliegt. Die übrigen rund 40’000 Franken übernehmen wir, beziehungsweise unsere Abonnet:innen und Inserent:innen, die Saiten finanzieren.

Dieser Solidaritätsgedanke ist uns wichtig. Denn wir verstehen Saiten auch als Dienst an der Allgemeinheit. Wir wollen unseren Beitrag zur Medienvielfalt in der Ostschweiz leisten, Themen aus einer sozialen und unabhängigen Perspektive beleuchten sowie jenen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden. Zudem führen wir den umfassendsten Veranstaltungskalender der Region, wo alle ihre Anlässe kostenlos publizieren können und den wir nächstes Jahr noch ausbauen werden, auch punkto Stellenprozente. Aktuell finanzieren wir für die Kalenderredaktion eine 35-Prozent-Stelle, zusätzlich bezahlt St. Gallen-Bodensee-Tourismus seit 2020 weitere 30 Prozent für die Erfassung von Veranstaltungen, die primär für den Tourismus wichtig sind.

All diese Dienste wollen wir auch weiterhin leisten. Doch das funktioniert nur, wenn unsere Einnahmen wieder steigen. Unser primäres Ziel ist es deshalb, die Zahl der Mitglieder, Unterstützer:innen und Gönner:innen wieder zu erhöhen. Dies ermöglicht es uns, Saiten nachhaltig zu stärken und weiterhin in gewohnter Qualität allen zugänglich zu machen. Und wir träumen, allen Umständen zum Trotz, von einer vierten Redaktionsstelle und einer ausgebauten Kulturberichterstattung.

Preisanpassungen sind unumgänglich

So oder so kommen wir aber nicht umhin, die Abopreise anzupassen. Diese sind seit acht Jahren unverändert, obwohl in dieser Zeit auch die Produktionskosten (Papier, Druck und Vertrieb) gestiegen sind.

Neu kostet ein Abo beziehungsweise eine Mitgliedschaft 95 Franken (bisher 85 Franken) pro Jahr, als Unterstützer:in bezahlt man 150 statt 125 Franken, und der Gönnerbeitrag erhöht sich von 350 auf 380 Franken. Der reduzierte Preis für eine Mitgliedschaft (Studierende, Kulturlegi, Wenig- oder Nichtverdienende) sinkt hingegen von Fr. 42.50 auf 40 Franken.

Ausserdem führen wir ab sofort für 70 Franken pro Jahr einen freiwilligen Beitrag ein für jene, die Saiten nur digital lesen und uns unterstützen möchten – quasi ein Soli-Onlineabo. Saiten bleibt aber frei zugänglich, auf allen Kanälen. Auch die Inseratepreise werden auf das neue Jahr leicht erhöht, darüber haben wir bereits in der Oktober-Ausgabe informiert.

Damit ihr euch ungefähr vorstellen könnt, wie viel Arbeit und Geld in jeder einzelnen Saiten-Ausgabe steckt, legen wir im Novemberheft die Zahlen offen. Wir weisen für jeden Text aus, wie viel Zeit von den Autor:innen und/oder der Redaktion dafür aufgewendet wurde und wie hoch das Honorar für unsere freien Mitarbeiter:innen und die Fotograf:innen ist.

Das vierköpfige Grafik-Team arbeitet auf Mandatsbasis für uns, ist zwei volle Tage eingebunden und verdient pro Monat 3500 Franken netto. Hinzu kommen die vielen Arbeitsstunden für die Heftplanung, für das Verfassen, Betreuen und Aufbereiten der Onlinetexte sowie der freitäglichen Wochenschau, für Sitzungen mit dem Kollektiv, mit der Redaktion oder dem Grafikteam sowie die Arbeit unseres Verlags und unseres Sekretariats. Auch wenn es schwierig ist, alles genau zu beziffern und bis ins letzte Detail aufzudröseln, erhält man anhand der ausgewiesenen Zahlen einen Eindruck, was es braucht, dass Saiten jeden Monat erscheinen kann.

Zu unserem Geburtstag wünschen wir uns von euch also vor allem eins: einen grossen Kuchen, den wir in möglichst viele Stücke schneiden können. Oder anders gesagt: mehr Abonnent:innen!