Gesucht: Grenzgänger und Grenzgängerinnen
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Das erste «Meet and Paint» im September 2015 auf der St.Galler Kinderfestwiese war noch eine Art Gehversuch. 15 Künstlerinnen und Künstler aus der Ostschweiz, Zürich, Basel und Bern haben sich an diesem künstlerischen Freiluft-Freundschafts-Turnier beteiligt, zahlreiche Interessierte sind gekommen, um ihnen bei der Arbeit über die Schulter zu schauen.
Letztes Jahr fiel das «Meet and Paint» aus, dafür öffnete diesen Januar der Off-Raum «Atolor» eine Woche lang seine Türen. Ein verwunschener Estrich an der Brauerstrasse, vollgestopft mit über 100 Werken von 16 Kunstschaffenden; Malereien, Installationen, grossformatige Drucke, dazu Sofas, Lichterketten, Live-Musik, ein WC in der Dunkelkammer und improvisierte Aschenbecher. Mit sterilem Museums-Flavour hatte das wenig zu tun, mehr mit lebendiger Kunst und freudigem Austausch.
2017: Neuer Hügel, mehr Beteiligte
Organisiert wurden die beiden Anlässe von Sugar Mirko und Rouven Lemon, zwei Brüdern aus St.Gallen, die besonders junge Kunstschaffende ansprechen, aber auch einen Draht zu den älteren in der Szene haben und das diesjährige «Meet and Paint» mit dem Dachatelier organisieren. Dieses Jahr haben sie das Projekt eine Nummer grösser geplant: Es findet am 9. September im Rahmen der Museumsnacht statt und bietet neu 25 Kunstschaffenden die Möglichkeit, sich zu präsentieren und freundschaftlich zu messen.
Auch der Ort ist neu. Dieses Mal geht es nämlich nicht auf die Kinderfestwiese, sondern über den Jordan auf den gegenüberliegenden Hügel hinauf, zum Dachatelier bei der Tankstell an der Teufenerstrasse 75, wo auch die Afterparty stattfinden wird (Zapfenstreich ist um 3 Uhr). Das diesjährige «Meet and Paint» ist also vom Platz her etwas begrenzter, dafür aber vielfältiger und ring zu erreichen vom Stadtzentrum aus.
Anmeldung: drei bis fünf Arbeiten plus einige Sätze zur Motivation an meetandpaint2017@gmx.ch
So weit so gut, fehlen noch die 25 Künstlerinnen und Künstler. Wer dabei sein will, kann sich noch bis am 11. August bewerben. «Künstlerische Kriterien oder Vorgaben im klassischen Sinn gibt es nicht», sagt Sugar Mirko, der zusammen mit Rouven Lemon, Domenic Lang, Karin Locher und weiteren Mitgliedern vom Verein Dachatelier die Auswahl trifft. «Wir suchen vor allem Leute, die sich trauen, Grenzen zu überschreiten. Exzentrikerinnen. Die Mischung soll so breit wie möglich sein, alle können etwas einreichen; Laien. Profis, Junge und Alte – wir sind völlig offen.»
Am Konzept hat sich nichts geändert: Eine Leinwand pro Künstlerin oder Künstler (50×70 cm oder 90×120) wird gestellt, Farben, Pinsel und andere Arbeitsutensilien müssen selber mitgebracht werden. Das Turnier startet um 9 Uhr und dauert bis 19 Uhr. Zehn Stunden haben die Kunstschaffenden also Zeit, das Beste aus ihrer Leinwand rauszuholen – was auch nicht zwangsläufig mit Pinsel oder Spraydose geschehen muss: «Wer will, kann die Leinwand auch auseinander schrauben oder meinetwegen eine Jacke draus nähen», sagt Mirko. «Wir wollen keinerlei Grenzen setzen.»
Zu gewinnen: Geld, Gutscheine und Ausstellungsmöglichkeiten
Ab 19 Uhr, nach getaner Arbeit, werden die Werke eine Stunde lang stehengelassen und von einer vier- bis fünfköpfigen, altersgemischten Fachjury bewertet, die drei Siegerinnen bzw. Sieger festlegt. Allenfalls gebe es zusätzlich noch einen Publikumspreis, sagt Mirko, aber das sei noch nicht definitiv entschieden. «Der Preis für die ersten Drei besteht aus insgesamt 1600 Franken und diversen Gutscheinen. Drüber hinaus dürfen die Siegerinnen und Sieger Anfang 2018 das Kulturbüro-Schaufenster gestalten und sich, sofern sie Lust haben, an einer Gruppenausstellung des Vereins Dachatelier beteiligen, die im November stattfinden wird.»
«Meet and Paint» 2017:
9. September, ab 9 Uhr, Dachatelier-Areal, Teufenerstrasse St.Gallen
meetandpaint.ch
Damit aber nicht genug: Nach der Siegerehrung um 20 Uhr gibt es noch eine moderierte Kunstauktion. An dieser können alle, die wollen, ihre Werke versteigern, die sie am «Meet and Paint» geschaffen haben. Der Erlös geht zu 80 Prozent an die Kunstschaffenden, die restlichen 20 Prozent werden der europäischen NGO «Jugend rettet» gespendet, das seit 2015 Menschen vor der libyschen Küste vor dem Ertrinken rettet.
Später am Abend, vor der Afterparty in der benachbarten Tankstell, findet noch eine einstündige Performance-Session mit Tanz, Musik und Medienkunst statt. Trotzdem lohnt es sich, nicht erst am Abend den Berg hinaufzukraxeln, auch wenn man weniger kunstinteressiert ist: Es gibt den ganzen Tag über Zerstreuung, Drinks und Lokalhelden-Musik. Letztere kommt unter anderem vom wunderbaren Klangfoscher und von The Harbs, die man sich definitiv anhören sollte, wenn mans nicht schon längst getan hat, zum Beispiel am letztjährigen bandXost.
Für jene, die das «Atolor» verpasst haben: