, 17. Juli 2014
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Geschichtsträchtig unanständig

Götz Widmann ist auf Durchreise, der Godfather des Liedermaching, der sich mit Dingen aufheitert, die bei anderen bleibende Schäden hinterlassen.

Vergangenen Sommer traf ich Götz Widmann zufällig in Schwellbrunn in einer Scheune, weit ab von der Hauptstrasse. Der Liedermacher aus Heidelberg besuchte auf einem Kleinst-Openair, das wegen des Regens nach drinnen verschoben werden musste, seine Liedermacherfreunde Panne Bierhorst, die an diesem Abend eben gerade da spielten. Daher dieses überraschende, skurrile Set-up: der Godfather des Liedermaching im Kuhstall.

Eher skurril ist auch seine neue Single «Bärndütsch isch ä huere schwäri Sprach», eine Reggae-Nummer, die er in besagter Schwellbrunner Scheune zum Besten gab.

In einem, zumindest für Ostschweizer durchaus annehmbaren Berner Dialekt, singt er ironisch lachend «Jaja, i weiss, dr SVP geiht dass i hie bi uf dr sack – Dr Tütsch isch am Schwitzer sin Pollack», um gleich darauf zu erklären, dass er wegen der Geschwindigkeitsbegrenzung bei 120 km/h auf der Autobahn inzwischen nur noch Fahrrad fahre – da wirft einer mit Klischees um sich, dass einem Angst werden könnte.

Der Ex-Joint-Venture Musiker, der sich, wenns ihm schlecht geht, Politiker beim Ficken vorstellt, hat inzwischen seinen Lebensmittelpunkt ins beschauliche bernische Biglen verlegt. Doppelbödige Ironie ist ein viel verwendetes Stilmittel seiner deutschen Lieder, er singt von Liebe, Alkoholismus, Kiffen und entdeckt dabei plötzlich, dass er schwanger ist, aber nicht weiss, wer die Mutter ist.

Mit kreisrunden Gedankengängen erzählt er vom Saufen, das man zwar lassen soll, aber dabei was verpassen würde. Und: Beim morgendlichen, verkaterten Blick in den Spiegel wird ihm klar, dass, wer morgens ausschaut wie er, abends einfach saufen muss. Ein andermal wird er zum Dieb, weil er auf einem guten Weg etwas Gutes fand.

Solch humorvolle Lebensweisheiten bringt Widmann seit nunmehr 21 Jahren unter die Leute und ist damit zum Fixstern des deutschen Liederhimmels geworden. Er hat keine Berührungsängste, kleine Konzerte vor zwanzig Leuten in einer Schwellbrunner Scheune zu spielen, und dies macht ihn wirklich gross. Äuuää dä schoo – potztuusig!

 

 

Götz Widmann:
Löwenarena Sommeri, 19. Juli, im Garten, loewenarena.ch
Musikfestwochen Winterthur, 17. August, Kirchplatz, musikfestwochen.ch
Clanx-Festival, 31. August, Appenzell, clanx.ch

 

Bild: goetzwidmann.de, Fabia Suter

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