Gallus spielt den Schizo-Rock

Wenns um Standortförderung geht, scheint in St.Gallen alles möglich. Sogar die Top-Rockband The Young Gods. Sonst aber wird kulturell abgebaut. 

Von  Ralph Hug

Kein Witz: Am 27. November gastieren die Young Gods in der Lokremise. Die Top-Rocker aus Genf dürften das Haus füllen. Kommen aber die Freaks, Nerds und Kreativen aus der IT- und Creative-Branche auch ans Konzert?

Solche Leute sind ausdrücklich das Zielpublikum dieses Abends. Das Konzert wird vom Verein «IT/St.Gallen rockt» organisiert. Die Werbeoffensive soll junge IT-Firmen in die Ostschweiz locken. Die Kampagne kostet 500’000 Franken, ein Drittel steuert die städtische Standortförderung bei. Diese ist das politische Lieblingskind des Stadtpräsidenten Thomas Scheitlin (FDP).

Geht es um die Standortförderung, darf nichts zu teuer sein. Die Young Gods, ein Top Act des Industrial Rock, sind unter einem guten fünfstelligen Betrag nicht zu haben. Zwei Lokalbands spielen auch noch auf. Wohl auch sie nicht gratis. Für Zwecke der Standortförderung sprudelt städtisches Geld ohne Limit. Kein Sparprogamm «Fit 13plus» greift hier. Nächstes Jahr sind dafür 827’000 Franken im Budget. Obwohl man über die Wirkung solcher Massnahmen diskutieren kann.

Es darf geklotzt werden. Umgekehrt wird bei der freien Kultur abgebaut. Ab 2014 sind spürbare Kürzungen geplant, minus 140’000 Franken. Etwa der Betrag, den die Unterstützung der IT-Kampagne kostet. Gelder werden also umgeleitet, von Kultur zu Promotion. Statt Kultur wird ein Event gefördert. Alles in allem: Standortverschlechterungspolitik.

Ist Kultur bald nur noch gerechtfertigt, wenn sie der Wirtschaft dient oder im Museumsquartier stattfindet? In der Ideologie der Standortförderung hat sie dem Kommerz zu dienen. Ausserhalb ökonomischer Zusammenhänge wird sie irrelevant. Blosses Nice-to-have. So tickt der Standort St.Gallen unter dem bürgerlichen Spardiktat. Gallus spielt den Schizo-Rock.