Freiluftkino in der Lokremise: Top Secret!

In den 60-er und 70-er Jahren entwickelten sich Parodien von Agentenfilmen zu einem eigenen Genre. Im diesjährigen Openair-Programm des Kinoks finden sich – neben ersthaften Streifen – eine Handvoll davon.
Von  Andreas Kneubühler
Gregory Peck and Sophia Loren in Arabesque: am 25. Juli im Rund der Lok.

Cary Grant steigt im Nirgendwo aus einem Bus. Er schaut sich misstrauisch um. Doch es ist helllichter Tag, die Gegend flach wie ein Pfannkuchen und völlig menschenleer. Grant entspannt sich. Da taucht in der Ferne ein Flugzeug auf.

Die Sequenz aus Der unsichtbare Dritte (North by Northwest) mit einem heimtückischen Hinterhalt ohne Versteck und dunkle Ecken gehört längst zur Filmgeschichte. Sie ist aber nur eine von vielen Szenen in diesem Thriller aus dem Jahr 1959, bei der die Logik innerhalb der Geschichte erst an zweiter Stelle kommt. Alfred Hitchcock setzte im Film diverse brilliante Regieeinfälle um – weil er es konnte. Und weil er sich die totale künstlerische Kontrolle vertraglich hatte zusichern lassen.

 

Das Sommerkino im Rund der Lokremise zeigt im Juli und August unter dem Titel «Top Secret» wie gewohnt eine Mischung aus älteren und neueren Filmen. Im Programm versteckt ist unter anderem eine kleine Hommage an den britischen Autor John Le Carré.

Kinok-Openair in der Lokremise: 11. Juli bis 10. August, jeweils Donnerstag bis Samstag

kinok.ch

Von ihm stammen die Vorlagen zu drei Filmen, die mit eher subtilem Thrill auf hervorragende Schauspieler setzen. In The Russia House sind es Sean Connery und Michelle Pfeiffer. In The Constant Gardener, der eigentlich aus einer einzigen grossen Rückblende besteht, spielen Ralph Fiennes und Rachel Weisz die Hauptrollen. Pierce Brosnan und Geoffrey Rush verwickeln sich in Der Schneider von Panama in ein Netz aus Lügen.

Wo die Geheimnisse erhaben und gross sind, ist die Lächerlichkeit meist nicht weit. Das ist vielleicht der Grund, wieso es so viele Parodien von Agentenfilmen gibt. Zu den ungewöhnlichen Beispielen gehört Modesty Blaise von Joseph Losey, basierend auf einer Comic-Serie. Das Tempo gehört nicht zu den Stärken des 1965 gedrehten Films, dafür sind Popart-Ausstattung und Bildsprache umwerfend. Da kann der Rauch aus dem Kamin schon mal rosa sein, wenn es sonst zu wenig grelle Farben im Bild hätte. Zudem in der Hauptrolle: Monica Vitti!

 

Ebenfalls nach einem bestimmten Zeitgeist – dem der 80er-Jahre – gebürstet ist Atomic Blonde aus dem Jahr 2017. Zu den Stärken gehören die ausgeklügelte Farbdramaturgie und der Soundtrack mit New Order, Clash und Blondie. Die Hauptfigur ist wie bei Modesty Blaise eine Agentin (Charlize Theron).

Vertreten ist auch das gute alte Hollywood-Unterhaltungskino, das mit schlagenden Dialogen und solidem Handwerk eigentlich nie enttäuscht. Das Beispiel dafür ist Hopscotch (Agentenpoker): Walter Matthau führt als schlampiges Spionage-Genie unter anderem die CIA an der Nase herum.

Dieser Beitrag erschien im Sommerheft von Saiten.