, 22. Juli 2024
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Frauen mit Penis sind die besseren DJs

FLINTA-Personen können auch Penisse haben, erinnert unsere Kolumnistin Mia Nägeli. Die erste Pride war eine Pimmelparty von trans Frauen.

All male lineups are all the rage. Wie beispielsweise das DJ-Lineup im Casa Bacardi am diesjährigen Openair St.Gallen, auf dem nur cis Männer stehen. Und das restliche Lineup ist kaum besser.

Das führte zurecht zu einem kleinen Shitstorm. Da werden Geld, Aufmerksamkeit und schmüddige Drinks der Gruppe zugeschoben, die eh schon mehr als genug davon kriegt. Und allen anderen wird damit suggeriert: Ihr gehört da nicht hin. Und in einem Feld, dessen Diversität regelmässig an Branchenevents und in Me- dien besprochen wird, ist solch ein Line-up mindestens fahrlässig. Also fordern Aktivist:innen (und auch Saiten in einem Newsletter): Keine Pimmelparty, bitte. Und: Mehr FLINTA auf der Bühne.

FLINTA steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nonbinäre, trans und agender Menschen. Dass «Lesben» da drin sind, bezieht sich nicht auf lesbische Sexualität, sondern entspringt wohl dem 80er- Feminismus von Monique Wittig, die «Frau» als Kategorie sieht, die nur innerhalb eines patriarchalisch heterosexuellen Systems existiert. Frauen, die sich dem durch Beziehungen zu anderen Frauen entziehen, sind also keine Frauen, sondern Lesben.

Das Definieren von «Frau» anhand ihrer Unterdrücker ist heute keine sehr populäre Praxis mehr. Der FLINTA-Begriff aber möchte genau das und alle umfassen, die aufgrund ihres Geschlechts dis- kriminiert werden. Was auf den ersten Blick nützlich scheint, führt in der etwas ignoranten aktivistischen Praxis aber zu viel Bullshit.

Mit FLINTA meinen viele nämlich einfach Frauen und Menschen, die sie als Frauen lesen, auch wenn die eigentlich keine sind. Nonbinäre Menschen mit Brüsten beispielsweise. Trans Männer hingegen kriegen beim Betreten von FLINTA-Räumen gerne mal kritische Blicke ab – bis sie sich dann als trans zu erkennen geben, als eben nicht die Unterdrücker, als nicht wie all die anderen Männer. Und wenns um FLINTA im Lineup, um «keine Pimmelpartys» geht, dann werden da plötzlich Menschen unterschiedlichster Geschlechter auf ihre Geschlechtsteile reduziert.

Wenn cis Feminst:innen also am Openair St.Gallen nächstes Jahr mehr Menschen mit Vulven auf der Bühne wollen – fair, die sind sicher unterrepräsentiert. Aber FLINTA können nun mal Penisse haben. Und statt ans Openair zu gehen, feiere ich dann halt mit denen eine Pimmelparty, so wie die erste Pride eine Pimmelparty von trans Frauen war. Dann läuft So I von Charli XCX auf Repeat, in dem die cis Musikerin den unheimlichen Impact anerkennt, den die trans Musikerin SOPHIE auf heutigen feministischen Pop hatte. Und auch ansonsten werden wir bei unserer Pimmelparty wohl den besseren Sound haben als in einem All-Vulva-Bacardi-Dome, denn wenn wir schon nach Geschlechtsteilen ordnen: Die Girls mit Penis, die ich kenne, sind bessere DJs als die ohne.

Mia Nägeli, 1991, arbeitet nach einer Journalismusausbildung und ein paar Jahren bei verschiedenen Medien heute in der Musikbranche in der Kommunikation, als Tontechnikerin und als Musikerin.

 

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