Flieder und der Looper

Passing by, das zweite Album des hiesigen Duos Flieder ist da. Wobei: Eigentlich ist es ein Trio, denn Looper ist ein vollwertiges Bandmitglied.

Von  Corinne Riedener

Über drei Jahre sind verstrichen, seit das Duo Flieder seinen Erstling eins vorgestellt hat. Damals verglich Saiten die Postrock-Trip Hop-Loops von Thomas Böhm (links) und Thomas Troxler (rechts) mit einer «sehr gut geschmierten Gangschaltung» (Beide Thomasse sind unter anderem Velokuriere) und attestierte der Platte «jazzigen Groove und wuchernde Klanglandschaften».

Ihr Nachfolger passing by, veröffentlicht am 7. Februar, sitzt ebenso postrockig-sicher im Sattel, wohl auch weil die Songstrukturen um einiges klarer und narrativer sind als jene auf eins. Und wie damals kommen Flieder auch auf der neuen Scheibe grösstenteils ohne Texte aus, was recht angenehm ist, denn weniger Wort-Spam heisst mehr Gewicht für die wenigen verbleibenden Worte auf passing by; einerseits in den Features mit Natasha Waters (Traveller und Beast), besonders aber im Spoken-Word-Peace Values, dessen Samples aus einem Menschenrechts-Plädoyer von Sikdiki Kaba stammen, dem senegalesischen Anwalt, der von 2001 bis 2007 erster nicht-französischer Präsident des Dachverbands Fédération internationale des ligues des droits de l’Homme (FIDH) war.

Dass die Songs teilweise erfrischend unfertig wirken, ist nicht nur Teil des Konzepts, sondern hängt auch mit der Produktion zusammen. Die Flieder-Sounds kommen nämlich nicht aus irgendeinem Synthie, sondern aus einem der ersten seriell hergestellten (und einigermassen erschwinglichen) Analog-Synthesizer, dem Roland SH-1000, der 1973 erstmals das Licht der Bühne erblickte. Verglichen mit heutigen Geräten wirkt er wie ein Duplo-Stein neben einem Lego-Technik-Roboter. Auch der Looper, wie Flieder sein drittes Bandmitglied liebevoll nennt, ist mit über 15 Jahren auf dem Buckel nicht mehr ganz taufrisch.

Das Leben mit Looper beschreibt Thomas Troxler in etwa so:
Er ist ein vollwertiges Bandmitglied und wie wir Menschen manchmal etwas kompliziert und eigensinnig. Seine Möglichkeiten sind beschränkt, was einerseits schön ist, andererseits auch Kreativität erfordert. Trotzdem ist er mehr Segen als Fluch, denn anders als topmoderne High-End-Geräte hat er ein Eigenleben, was uns sympathisch ist. Wenn beispielsweise ein Loop nicht ganz präzis ist, dann ist das halt so und wir stellen uns darauf ein – wie wir das bei Menschen auch tun würden.

Intensive Live-Auftritte also?
Sicher, aber nicht in erster Linie weil dank Looper Unvorhergesehenes passieren könnte, sondern weil wir etliche Baustellen beackern während des Gigs: loopen, Gitarre spielen, Knöpfe drücken, timen und so weiter. Manchmal spiele ich mit Rechts auf dem Schlagzeug und mit Links auf dem Synthesizer, das erfordert ganz schön Konzentration.

Nix mit Bier auf der Bühne?
Zwei gehen, würde ich sagen. Aber mehr nicht.

Oder eben danach. An der Plattentaufe im Palace wurde jedenfalls öfters als zweimal angestossen.