FCSG vs. FCZ 3:1 – Ein Auftakt nach Mass
Der FC St.Gallen startet mit einer überzeugenden Leistung in die Rückrunde. Simone Rapp trifft in seinem ersten Spiel gleich doppelt, auch deswegen gewinnen die Espen mit 3:1 gegen den FCZ. Das ganze Spiel zum Nachlesen gibts im SENF-Ticker.

FCSG – FCZ: 3:1
Abpfiff – Das wars! Der FCSG schlägt die Gäste aus Zürich mit 3:1. Wir sind zwar nicht beflügelt, staunen aber schon. Das war stark. Rapp trifft zweimal, Ashimeru springt als Torschütze in die Bresche für den gesperrten Sierro. Und hinten lassen der ungestüme Lüchinger, Captain Hefti, ein 16-jähriges Talent sowie der bald aussortierte Wittwer wenig zu. Wieviel dieser Sieg Wert ist, wird sich zeigen. Erste Antworten gibt’s am Wochenende beim Auswärtsspiel in Basel. Bis dahin träumen wir noch. Nur ein bisschen, versprochen.
Minute 92 – Der Espenblock feiert sich, die Mannschaft und einen Bravo-Hits-Klassiker. Die Welt in St.Gallen ist in Ordnung um 21 Uhr 58. Ein Abend, der verlockend ist und klammheimlich zum Träumen anregt.
Minute 90 – Eine Neuverpflichtung, die doppelt trifft. Ein Ashimeru, der in der Hinrunde zwar stark war, aber sich nicht durch gute Schussqualitäten ausgezeichnet hat, der trifft. Ein Stergiou, der ein mehr als nur solides Debut gibt. Was für ein Auftakt in die Rückrunde.
Minute 89 – Zürichs Kryeziu ist ein einfallsloser Verwalter. Einer, der die unnützen Querpässe fälschlicherweise als sinnvoll verkauft. So tut, als würde er mehr sehen, zwischen den Zeilen lesen können. Doch stattdessen scheut er nur das Risiko und gibt sich damit zufrieden, den Ball zu behalten. So entsteht nichts. Ohne Wagnis keine Kunst. Kein Tor.
Minute 88 – Seit geraumer Zeit werden ja gelbe Karten hier im Stadion mit einer Frisco-Werbung vermeldet. „Cool down“, heisst es dann jeweils. Aber ehrlich, wer heute ein Glace essen würde, würde sich aufwärmen.
Minute 84 – R.S. hält die Spannung nicht aus und gibt vor, auf die Toilette zu gehen.
Minute 80 – In der Winterpause hat sich übrigens nicht nur der FCSG verstärkt. Auch wir haben unsere Leserschaft ausgebaut. Gegrüsst sei an dieser Stelle die erstmalige Leserin S.H.
Minute 78 – Der FCSG droht einen 3:0-Vorsprung zu verspielen. Heimat. Vertrautheit. Das ist unser Verein. Und dann ein Herz-Emoji, das irgendwann Einzug halten wird in diesen Ticker.
Minute 77 – Und mitten in die Euphorie muss doch tatsächlich ein Zürcher das 1:3 schiessen…
Minute 76 – R.S. – Sie erinnern sich, er fehlt wegen einer Weiterbildung – lässt uns wissen: „Unklar, obd vorlag so gewollt gsi isch. I bezwifles. Aber wunderschö. I sitze mit Träne i dä Auge vor em Hotel-TV.“ Diese Emotionen, kann nur Fussball.
Minute 75 – Derweil lässt uns Leserin T.H. über Twitter wissen, dass sie unseren Ticker fast mehr vermisst hat als den Fussball an sich. Wir fühlen uns geschmeichelt.
Minute 72 – Simone Rapp erhält seinen verdienten Abgang. Trainer Zeidler wechselt die Neuverpflichtung aus. Zwei Tore zum Einstand. Nicht schlecht.
Minute 71 – Die Entscheidung. Das schreiben wir einfach mal inmitten dieser scheuen Euphorie. Natürlich wissen wir, dass der FCSG jederzeit in der Lage ist, ein 3:0-Vorsprung zu verspielen. Der Tathergang: Ashimeru kommt 20 Meter vor dem Tor an den Ball. Sinnvolle Anspielstationen sind nicht auszumachen, also entschliesst sich der zentrale Mittelfeldspieler, abzuziehen. Sein Schuss ist präzis und schlägt unten links ein.
Minute 68 – Ein Zürcher will flanken, trifft dabei aber einen Mitspieler. R.S. bringt Bier. Der FCSG führt 2:0. Das Leben ist in Ordnung, wie es halt in Ordnung sein kann im Anbetracht der Umstände, die nicht immer wohlwollend sind. Doch das sprengt den Rahmen. Dr. O.W. schafft Abhilfe.
Minute 66 – Wieder kommen die Gäste zu einer aussichtsreichen Chance. Der eingewechselte Ceesay sowie ein anderer, uns unbekannte Zürcher Akteur prüfen Stojanovic. Die zweite Möglichkeit wäre allerdings zu verhindern gewesen. Stojanovic wehrte nämlich ungenügend ab. Das hält ihn aber nicht davon ab, sich anschliessend von seinen Mitspielern völlig überzogen feiern zu lassen. Nichts als Respekt für diesen Mann. Selbstüberschätzung – das Tor zum Glück.
Minute 65 – Der FCZ kommt gefährlich vors St.Galler Tor. Zuerst Hefti und danach der sowieso sehr solide Stergiou (Jahrgang 2002!) klären aber. Kurz darauf noch eine Chance. Zürich hat sich noch nicht aufgegeben.
Minute 64 – Kutesa macht Platz für Bakayoko. Kutesa hatte zwar auch heute gute und schlechte Phasen, aber das war schon ziemlich ansehnlich. Ziemlich ansehnlich war übrigens auch grade eine weitere Chance des FCSG.
Minute 61 – Quintilla vergisst mal eben, dass er ein FCSG-Trikot trägt und sich in der biederen Super League abmühen muss. Er legt sich den Ball vor, täuscht einen Zweikampf an und dreht sich samt Ball um die eigene Achse und den Gegenspieler. Als der nächste Zürcher Ambitionen anmeldet, sich das Spielgerät unter den Nagel zu reissen, bremst der Spanier mittels Hacke ab, verschafft sich seelenruhig einen Überblick und eröffnet das Spiel hinten neu. Momente, in denen er fehl am Platz wirkt. Es sind schöne Momente.
Minute 60 – Im FCZ-Sektor brennt eine Fackel. Licht ist ja gemeinhin auch ein Symbol für Hoffnung. Und prompt haben die Zürcher eine Chance. Wird aber nichts draus.
Minute 53 – Wir überblicken die Chronologie des Spiels nach wie vor, seien Sie unbesorgt. Dies ist nur ein Nachtrag. Ludovic Magnin, Trainer des FCZ, wurde auf die Tribüne verbannt. Innenraumverbot. Das Stadionverbot für Profis.
Minute 54 – Jeder Rapp zählt. 2:0 für den FCSG. Weil ich noch immer sinniere über dieses und jenes, verpasse ich die Entstehung des Tores. R.S. (aufgewühlt) erklärt mit den Sachverhalt in Bruchstücken: „Quintilla, zögert, passt, Brecher wehrt ab, Rapp trifft.“ Lässt er da bewusst weitere Beschreibung weg, um dem Leser ein eigenes, persönliches Tor zu gönnen? Eines, das vor geistigem Auge auftritt und kein richtig oder falsch kennt. R.S. ist alles zuzutrauen.
Minute 52 – „Chasch, i ha nüt Gschids anebrocht.“, sagt R.S. ernüchtert. Doch diesem Urteil wohnt der Irrglaube inne, dass wir den Ansatz verfolgen Gescheites zu produzieren. Dieses doch eigentlich entwaffnend anmutende Kleinbeigeben, entlarvt als hoffnungslose Selbstüberschätzung. Oder kurz: Senf, der Liveticker deines Vertrauens.
Minute 48 – Das höchste der Gefühle ist immer, wenn R.S. einen meiner Einträge nach dessen Lektüre mit einem grossväterlichen Lachen honoriert. Ein Vorgang, der bisher ausblieb. Die Selbstzweifel wachsen Wort für Wort, Satz für Satz. Lechzend nach Anerkennung, sei sie auch gespielt.
Minute 46 – Das Spiel läuft wieder. Selbiges ist über das Bier festzustellen. Entsprechend drückt die Blase. Dafür verabschiedet sich das Gewissen allmählich, was immer wieder wohltuend, gleichwohl aber gefährlich ist. Bin noch einen halben Becher davon entfernt, Tinder herunterzuladen. Wischen Sie nach rechts, liebe Leserinnen.
Pause – Gregor Lucchi verkündet, dass es jetzt in der Halbzeit auch Burger gäbe. Aber die Kisscam feiert immer noch kein Comeback. Unverständlich.
Pause – Halbzeit! Der FCSG führt mit 1:0 gegen den FCZ. Er tut dies verdient, weil er insgesamt zwingender war. Rapp im Sturmzentrum ist ein Gewinn, zumindest für diese ersten 45 Minuten. Er ist stets anspielbar und strahlt jene Gefahr aus, die einem Buess abging.
Minute 45 – Ein hartes Einsteigen eines Zürchers. Schiri Bieri pfeift, trotzdem enervieren sich die älteren Herren der Haupttribüne. „Das än huere Rüpel, das.“
Minute 42 – Ein Hin und Her an der linken Aussenlinie. Früher wäre der Ball irgendwann, irgendwie beim Gegner oder im Aus gelandet. Heute schlägt Rapp einen vermeintlichen Verlegenheitspass, lanciert damit aber zielgenau den rechten Flügel. Hach, wir werden hier noch euphorisch. So kennen wir uns gar nicht.
Minute 41 – Man kann Zeidlers Fussball ja durchaus kritisieren. Er ist ansehnlich, aber in seiner Natur äusserst riskant. Was sich aber ganz sicher nicht kritisieren lässt, ist, wie Zeidler mit dem Spiel mitgeht. Gerade eben spielte der FCZ einen Ball in die Spitze, der Linienrichter hebt die Fahne, Zeidler ballt die Faust, klatscht, motiviert die Spieler. Eine vermeintlich unscheinbare Szene als kleiner Beweis dafür, auf dem richtigen Weg zu sein. Sie wäre unbemerkt verstrichen, hätte Zeidler sie nicht so betont.
Minute 40 – Eine vorzügliche Phase des FCSG. Wittwer, den wir vermissen werden, und Kutesa lassen den Ball über links laufen. Nach zwischenzeitlichem Ballverlust zeigt das Gegenpressing Wirkung, sodass die Espen bald wieder im Ballbesitz sind. Auch Stergiou macht mit und trägt zum Ballgewinn bei. Schlussendlich fällt Rapp aussichtsreiche 18 Meter vor dem Tor. Den fälligen Freistoss Barnettas pariert Brecher problemlos. Alle diese Worte sind mir zu sachlich, ich schäme mich. Irgendwas ging hier verloren. In der Kälte, im Bier.
Minute 37 – Wieder ein herrlicher Pass in die Tiefe. Dieses Mal spielt Barnetta Rapp an. Der ist leider etwas alleine und muss aus ungünstigem Winkel aufs Tor schiessen.
Minute 35 – Wieder greift Grün-Weiss schnurstracks an. Kutesa wird auf Höhe Mittellinie angespielt und findet viel Raum gegen aufgerückte Zürcher vor. Barnetta und Rapp laufen mit und binden Gegenspieler. Eine ernsthafte Alternative, um angespielt zu werden, sind beide nicht. Und so schreitet Kutesa voran. Meter um Meter. Den Ball als treuen Begleiter. Am Strafraum zieht er ab, wird aber geblockt.
Minute 33 – Die Angriffe des FC St.Gallen sind zuweilen erfreulich schnörkellos. Zwar fehlt, wie so oft, der letzte Pass oder der gelungene Abschluss, aber die Espen spielen sich oft relativ problemlos nach vorne durch.
Minute 29 – Cheftrainer Zeidler tigert an der Linie auf und ab. Ohne Jacke, aber mit Handschuhen. „Dä gspürt sich au nöd“, meint R.S.
Minute 27 – Der FCZ kommt zu einer Art Halbchance. Dabei rutscht ein FCZler offenbar in Goalie Stojanovic. Der Espenblock enerviert sich. Wir habens leider nicht gesehen. Wir geben dem Nebel die Schuld.
Minute 26 – Apropos Bier: R.S., du bist dran.
Minute 23 – Es ist schrecklich kalt. Und zugegeben, es gab Augenblicke, da haben wir gehadert, dass wir hier sein müssen. Dass wir unser Herz ungewollt diesem Sport geschenkt haben. Doch es lohnt sich, hier im Stadion zu sitzen. Bier- und Bratwurstduft, der in die Nase steigt. Dieser übertrieben erboste Aufschrei nach einer Schiedsrichterentscheidung, die man natürlich nie im Leben ernsthaft beurteilen kann. Es ist so wundervoll. Schön, bist du wieder da, Fussball.
Minute 22 – Sie sollten wissen, liebe Leserinnen und Leser, R.S. hat sich gerade auf dem Handy die Aufstellung des FC Zürich anzeigen lassen. Nicht, dass sie noch denken, wir wüssten, wie alle diese FCZler heissen.
Minute 19 – Schönbächler gegen Stergiou. Das Versprechen gegen das ewige Talent. Schönbächler als eine Art Warnung. Wie es laufen kann, wenn der Körper nicht mitspielt und man anderes im Kopf hat. Oder schlicht: wenn man Zürcher ist. Schönbächler gibt auf, schiebt die Verantwortung zu Kololli. Dessen Schuss wehrt Stojanovic etwa unkonventionell ab.
Minute 17 – R.S. lässt derweil aus der Ferne nach ausgiebigem Studium der Fernsehbilder verlauten: „Nüt gsi, alles suber.“ Die FCZ-Proteste nach dem Treffer also ungerechtfertigt.
Minute 13 – Der FCSG führt! Quintilla träumt, ist in Gedanken und Welten versunken, die es gar nicht gibt. Und spielt dann diesen Pass aus einer Welt, die es nicht gibt. Rapp zieht alleine los in Richtung FCZ-Keeper Brecher. Nach einigen Metern ist der Neuzugang nicht mehr alleine, gerät ins Stolpern. Dann will sich Brecher dem Stürmer entgegenwerfen, lässt den Ball dabei aber ausser Acht. Rapp nicht, er drückt die Kugel liegend über die verwaiste Torlinie. Ja, dieses Tor ist so seltsam, wie es sich liest.
Minute 10 – Das war übrigens auch schon der FCSG 2018. Der Tagi hat Statistiken veröffentlicht, die unter anderem besagten: Niemand attackiert den Gegner so schnell wie der FCSG. Wir haben das für euch hier zusammengefasst.
Minute 7 – Der FCZ will hinten aufbauen, sieht sich aber plötzlich einer grün-weissen Welle konfrontiert. Barnetta, Quintilla, Wittwer – sie alle attackieren an vorderster Front. Es ist schliesslich Quintilla, der das Spielgerät erobert und umgehend zu Rapp durchstecken will. Das Unterfangen misslingt, der fehlenden Präzision geschuldet. Doch da ist er, dieser unverkennbare zeidlersche Stil. Gefahr andeutend, vielversprechend. Mehr aber noch nicht. Das ist der FCSG 2019.
Minute 5 – Ein Blick zurück auf die Testspiele in der Winterpause, die erstaunlich positiv verliefen. Gegen den HSV gabs zum Beispiel gar einen so klaren Sieg, dass deutsche „Journalisten“ krank wurden. Für etwas Aufruhr sorgte dann aber das letzte Vorbereitungsspiel, das vor leeren Rängen stattfand.
Minute 2 – Wenn neben dem dichten Nebel jetzt noch ein beissender Marihuanageschmack in die Nase stiege, würde sich das unwillkürlich wie mein Zimmer anfühlen.
Minute 1 – Das Spiel läuft. Schon wieder.
20 Uhr 04 – Leonidas Stergiou debütiert heute in der Super League. Er ist der jüngste Spieler, der bislang in dieser Spielzeit zum Einsatz kam. Jahrgang 2002. Unsereiner hat in jenem Jahr die Kanti besucht (R.S.) oder den Playmobil-Bahnhof für sich entdeckt (R.S.). Ja, 2002 hatten wir noch Hoffnung und gaben uns der naiven Vorstellung hin, dass es gut kommt. 2019 haben wir Bier durch Zuversicht getauscht, gehen aber noch immer zum Fussball. Es gibt Unveränderliches. Wie den Playmobil-Bahnhof.
20 Uhr 02 – Kaum im neuen Jahr angekommen, schon Fake News vom SENF-Ticker. Das Spiel läuft noch gar nicht. Dem Schiri ist der Nebel zu dicht. Nur: Der stammt nur zu einem geringen Teil von den Fackeln im Espenblock. Es hat schlicht und einfach Nebel heute. Da kann der Schiri noch lange warten.
Minute 1 – Das Spiel läuft.
19 Uhr 56 – Es ist übrigens nicht nur neblig. Es ist auch kalt. Sehr kalt. Sehr, sehr kalt. Neben uns hat sich einer in eine Art Ganzkörperschlafsack verpackt. Sieht zwar aus wie ein rotes Michelin-Männchen, ist aber sicher angenehm.
19 Uhr 55 – Eine erste Überraschung schon vor Spielbeginn. Leonidas Stergious, Jahrgang 2002 (!) steht in der Startelf und hat gleich auch noch einen Vertrag bis 2021 erhalten.
19 Uhr 52 – Es ist neblig. Man sieht kaum hinüber zur Gegentribüne, weshalb ich mal auf Verdacht behaupte, dass das Stadion ausverkauft ist. Wie wundervoll es doch ist, Dinge auf Verdacht zu sagen. Dieses Bier wird mir gut tun. Ich liebe dich. Ich habe genug gelernt. Ja, der Verdacht. Die optimistische Realität.
19 Uhr 51 – Die Spielabsage am Wochenende hatte auch Einfluss aufs Ticker-Team. Am Sonntag waren R.S. und R.S. eingeteilt. Heute Mittwoch kann aber R.S. nicht dabei sein, weil er an einer Weiterbildung weilt. Einspringen kann glücklicherweise R.S., es tickern heute also R.S. und R.S.
19 Uhr 44 – Da standen wir also im Presseraum im Bauch der St.Galler Arena. Schweigend, das können wir mittlerweile, ohne Unbehagen. Und dann kam wieder jemand, der R.S. ansprach. „Fernsehstar“ nennen sie ihn nun mit scheinbar gespielter Unterwürfigkeit. Doch da ist tatsächlich ein wenig Ehrfurcht. Ich, liebe Leser, spreche aus Erfahrung. Jetzt werde ich mir Mut antrinken, um mir Worte zuzutrauen. Fragen Sie mal meine Freundin (Ramona, d. Red.), die kennt das nur allzu gut.
Minute 92 – Der Espenblock feiert sich, die Mannschaft und einen Bravo-Hits-Klassiker. Die Welt in St.Gallen ist in Ordnung um 21 Uhr 58. Ein Abend, der verlockend ist und klammheimlich zum Träumen anregt.
Minute 90 – Eine Neuverpflichtung, die doppelt trifft. Ein Ashimeru, der in der Hinrunde zwar stark war, aber sich nicht durch gute Schussqualitäten ausgezeichnet hat, der trifft. Ein Stergiou, der ein mehr als nur solides Debut gibt. Was für ein Auftakt in die Rückrunde.
Minute 89 – Zürichs Kryeziu ist ein einfallsloser Verwalter. Einer, der die unnützen Querpässe fälschlicherweise als sinnvoll verkauft. So tut, als würde er mehr sehen, zwischen den Zeilen lesen können. Doch stattdessen scheut er nur das Risiko und gibt sich damit zufrieden, den Ball zu behalten. So entsteht nichts. Ohne Wagnis keine Kunst. Kein Tor.
Minute 88 – Seit geraumer Zeit werden ja gelbe Karten hier im Stadion mit einer Frisco-Werbung vermeldet. „Cool down“, heisst es dann jeweils. Aber ehrlich, wer heute ein Glace essen würde, würde sich aufwärmen.
Minute 84 – R.S. hält die Spannung nicht aus und gibt vor, auf die Toilette zu gehen.
Minute 80 – In der Winterpause hat sich übrigens nicht nur der FCSG verstärkt. Auch wir haben unsere Leserschaft ausgebaut. Gegrüsst sei an dieser Stelle die erstmalige Leserin S.H.
Minute 78 – Der FCSG droht einen 3:0-Vorsprung zu verspielen. Heimat. Vertrautheit. Das ist unser Verein. Und dann ein Herz-Emoji, das irgendwann Einzug halten wird in diesen Ticker.
Minute 77 – Und mitten in die Euphorie muss doch tatsächlich ein Zürcher das 1:3 schiessen…
Minute 76 – R.S. – Sie erinnern sich, er fehlt wegen einer Weiterbildung – lässt uns wissen: „Unklar, obd vorlag so gewollt gsi isch. I bezwifles. Aber wunderschö. I sitze mit Träne i dä Auge vor em Hotel-TV.“ Diese Emotionen, kann nur Fussball.
Minute 75 – Derweil lässt uns Leserin T.H. über Twitter wissen, dass sie unseren Ticker fast mehr vermisst hat als den Fussball an sich. Wir fühlen uns geschmeichelt.
Minute 72 – Simone Rapp erhält seinen verdienten Abgang. Trainer Zeidler wechselt die Neuverpflichtung aus. Zwei Tore zum Einstand. Nicht schlecht.
Minute 71 – Die Entscheidung. Das schreiben wir einfach mal inmitten dieser scheuen Euphorie. Natürlich wissen wir, dass der FCSG jederzeit in der Lage ist, ein 3:0-Vorsprung zu verspielen. Der Tathergang: Ashimeru kommt 20 Meter vor dem Tor an den Ball. Sinnvolle Anspielstationen sind nicht auszumachen, also entschliesst sich der zentrale Mittelfeldspieler, abzuziehen. Sein Schuss ist präzis und schlägt unten links ein.
Minute 68 – Ein Zürcher will flanken, trifft dabei aber einen Mitspieler. R.S. bringt Bier. Der FCSG führt 2:0. Das Leben ist in Ordnung, wie es halt in Ordnung sein kann im Anbetracht der Umstände, die nicht immer wohlwollend sind. Doch das sprengt den Rahmen. Dr. O.W. schafft Abhilfe.
Minute 66 – Wieder kommen die Gäste zu einer aussichtsreichen Chance. Der eingewechselte Ceesay sowie ein anderer, uns unbekannte Zürcher Akteur prüfen Stojanovic. Die zweite Möglichkeit wäre allerdings zu verhindern gewesen. Stojanovic wehrte nämlich ungenügend ab. Das hält ihn aber nicht davon ab, sich anschliessend von seinen Mitspielern völlig überzogen feiern zu lassen. Nichts als Respekt für diesen Mann. Selbstüberschätzung – das Tor zum Glück.
Minute 65 – Der FCZ kommt gefährlich vors St.Galler Tor. Zuerst Hefti und danach der sowieso sehr solide Stergiou (Jahrgang 2002!) klären aber. Kurz darauf noch eine Chance. Zürich hat sich noch nicht aufgegeben.
Minute 64 – Kutesa macht Platz für Bakayoko. Kutesa hatte zwar auch heute gute und schlechte Phasen, aber das war schon ziemlich ansehnlich. Ziemlich ansehnlich war übrigens auch grade eine weitere Chance des FCSG.
Minute 61 – Quintilla vergisst mal eben, dass er ein FCSG-Trikot trägt und sich in der biederen Super League abmühen muss. Er legt sich den Ball vor, täuscht einen Zweikampf an und dreht sich samt Ball um die eigene Achse und den Gegenspieler. Als der nächste Zürcher Ambitionen anmeldet, sich das Spielgerät unter den Nagel zu reissen, bremst der Spanier mittels Hacke ab, verschafft sich seelenruhig einen Überblick und eröffnet das Spiel hinten neu. Momente, in denen er fehl am Platz wirkt. Es sind schöne Momente.
Minute 60 – Im FCZ-Sektor brennt eine Fackel. Licht ist ja gemeinhin auch ein Symbol für Hoffnung. Und prompt haben die Zürcher eine Chance. Wird aber nichts draus.
Minute 53 – Wir überblicken die Chronologie des Spiels nach wie vor, seien Sie unbesorgt. Dies ist nur ein Nachtrag. Ludovic Magnin, Trainer des FCZ, wurde auf die Tribüne verbannt. Innenraumverbot. Das Stadionverbot für Profis.
Minute 54 – Jeder Rapp zählt. 2:0 für den FCSG. Weil ich noch immer sinniere über dieses und jenes, verpasse ich die Entstehung des Tores. R.S. (aufgewühlt) erklärt mit den Sachverhalt in Bruchstücken: „Quintilla, zögert, passt, Brecher wehrt ab, Rapp trifft.“ Lässt er da bewusst weitere Beschreibung weg, um dem Leser ein eigenes, persönliches Tor zu gönnen? Eines, das vor geistigem Auge auftritt und kein richtig oder falsch kennt. R.S. ist alles zuzutrauen.
Minute 52 – „Chasch, i ha nüt Gschids anebrocht.“, sagt R.S. ernüchtert. Doch diesem Urteil wohnt der Irrglaube inne, dass wir den Ansatz verfolgen Gescheites zu produzieren. Dieses doch eigentlich entwaffnend anmutende Kleinbeigeben, entlarvt als hoffnungslose Selbstüberschätzung. Oder kurz: Senf, der Liveticker deines Vertrauens.
Minute 48 – Das höchste der Gefühle ist immer, wenn R.S. einen meiner Einträge nach dessen Lektüre mit einem grossväterlichen Lachen honoriert. Ein Vorgang, der bisher ausblieb. Die Selbstzweifel wachsen Wort für Wort, Satz für Satz. Lechzend nach Anerkennung, sei sie auch gespielt.
Minute 46 – Das Spiel läuft wieder. Selbiges ist über das Bier festzustellen. Entsprechend drückt die Blase. Dafür verabschiedet sich das Gewissen allmählich, was immer wieder wohltuend, gleichwohl aber gefährlich ist. Bin noch einen halben Becher davon entfernt, Tinder herunterzuladen. Wischen Sie nach rechts, liebe Leserinnen.
Pause – Gregor Lucchi verkündet, dass es jetzt in der Halbzeit auch Burger gäbe. Aber die Kisscam feiert immer noch kein Comeback. Unverständlich.
Pause – Halbzeit! Der FCSG führt mit 1:0 gegen den FCZ. Er tut dies verdient, weil er insgesamt zwingender war. Rapp im Sturmzentrum ist ein Gewinn, zumindest für diese ersten 45 Minuten. Er ist stets anspielbar und strahlt jene Gefahr aus, die einem Buess abging.
Minute 45 – Ein hartes Einsteigen eines Zürchers. Schiri Bieri pfeift, trotzdem enervieren sich die älteren Herren der Haupttribüne. „Das än huere Rüpel, das.“
Minute 42 – Ein Hin und Her an der linken Aussenlinie. Früher wäre der Ball irgendwann, irgendwie beim Gegner oder im Aus gelandet. Heute schlägt Rapp einen vermeintlichen Verlegenheitspass, lanciert damit aber zielgenau den rechten Flügel. Hach, wir werden hier noch euphorisch. So kennen wir uns gar nicht.
Minute 41 – Man kann Zeidlers Fussball ja durchaus kritisieren. Er ist ansehnlich, aber in seiner Natur äusserst riskant. Was sich aber ganz sicher nicht kritisieren lässt, ist, wie Zeidler mit dem Spiel mitgeht. Gerade eben spielte der FCZ einen Ball in die Spitze, der Linienrichter hebt die Fahne, Zeidler ballt die Faust, klatscht, motiviert die Spieler. Eine vermeintlich unscheinbare Szene als kleiner Beweis dafür, auf dem richtigen Weg zu sein. Sie wäre unbemerkt verstrichen, hätte Zeidler sie nicht so betont.
Minute 40 – Eine vorzügliche Phase des FCSG. Wittwer, den wir vermissen werden, und Kutesa lassen den Ball über links laufen. Nach zwischenzeitlichem Ballverlust zeigt das Gegenpressing Wirkung, sodass die Espen bald wieder im Ballbesitz sind. Auch Stergiou macht mit und trägt zum Ballgewinn bei. Schlussendlich fällt Rapp aussichtsreiche 18 Meter vor dem Tor. Den fälligen Freistoss Barnettas pariert Brecher problemlos. Alle diese Worte sind mir zu sachlich, ich schäme mich. Irgendwas ging hier verloren. In der Kälte, im Bier.
Minute 37 – Wieder ein herrlicher Pass in die Tiefe. Dieses Mal spielt Barnetta Rapp an. Der ist leider etwas alleine und muss aus ungünstigem Winkel aufs Tor schiessen.
Minute 35 – Wieder greift Grün-Weiss schnurstracks an. Kutesa wird auf Höhe Mittellinie angespielt und findet viel Raum gegen aufgerückte Zürcher vor. Barnetta und Rapp laufen mit und binden Gegenspieler. Eine ernsthafte Alternative, um angespielt zu werden, sind beide nicht. Und so schreitet Kutesa voran. Meter um Meter. Den Ball als treuen Begleiter. Am Strafraum zieht er ab, wird aber geblockt.
Minute 33 – Die Angriffe des FC St.Gallen sind zuweilen erfreulich schnörkellos. Zwar fehlt, wie so oft, der letzte Pass oder der gelungene Abschluss, aber die Espen spielen sich oft relativ problemlos nach vorne durch.
Minute 29 – Cheftrainer Zeidler tigert an der Linie auf und ab. Ohne Jacke, aber mit Handschuhen. „Dä gspürt sich au nöd“, meint R.S.
Minute 27 – Der FCZ kommt zu einer Art Halbchance. Dabei rutscht ein FCZler offenbar in Goalie Stojanovic. Der Espenblock enerviert sich. Wir habens leider nicht gesehen. Wir geben dem Nebel die Schuld.
Minute 26 – Apropos Bier: R.S., du bist dran.
Minute 23 – Es ist schrecklich kalt. Und zugegeben, es gab Augenblicke, da haben wir gehadert, dass wir hier sein müssen. Dass wir unser Herz ungewollt diesem Sport geschenkt haben. Doch es lohnt sich, hier im Stadion zu sitzen. Bier- und Bratwurstduft, der in die Nase steigt. Dieser übertrieben erboste Aufschrei nach einer Schiedsrichterentscheidung, die man natürlich nie im Leben ernsthaft beurteilen kann. Es ist so wundervoll. Schön, bist du wieder da, Fussball.
Minute 22 – Sie sollten wissen, liebe Leserinnen und Leser, R.S. hat sich gerade auf dem Handy die Aufstellung des FC Zürich anzeigen lassen. Nicht, dass sie noch denken, wir wüssten, wie alle diese FCZler heissen.
Minute 19 – Schönbächler gegen Stergiou. Das Versprechen gegen das ewige Talent. Schönbächler als eine Art Warnung. Wie es laufen kann, wenn der Körper nicht mitspielt und man anderes im Kopf hat. Oder schlicht: wenn man Zürcher ist. Schönbächler gibt auf, schiebt die Verantwortung zu Kololli. Dessen Schuss wehrt Stojanovic etwa unkonventionell ab.
Minute 17 – R.S. lässt derweil aus der Ferne nach ausgiebigem Studium der Fernsehbilder verlauten: „Nüt gsi, alles suber.“ Die FCZ-Proteste nach dem Treffer also ungerechtfertigt.
Minute 13 – Der FCSG führt! Quintilla träumt, ist in Gedanken und Welten versunken, die es gar nicht gibt. Und spielt dann diesen Pass aus einer Welt, die es nicht gibt. Rapp zieht alleine los in Richtung FCZ-Keeper Brecher. Nach einigen Metern ist der Neuzugang nicht mehr alleine, gerät ins Stolpern. Dann will sich Brecher dem Stürmer entgegenwerfen, lässt den Ball dabei aber ausser Acht. Rapp nicht, er drückt die Kugel liegend über die verwaiste Torlinie. Ja, dieses Tor ist so seltsam, wie es sich liest.
Minute 10 – Das war übrigens auch schon der FCSG 2018. Der Tagi hat Statistiken veröffentlicht, die unter anderem besagten: Niemand attackiert den Gegner so schnell wie der FCSG. Wir haben das für euch hier zusammengefasst.
Minute 7 – Der FCZ will hinten aufbauen, sieht sich aber plötzlich einer grün-weissen Welle konfrontiert. Barnetta, Quintilla, Wittwer – sie alle attackieren an vorderster Front. Es ist schliesslich Quintilla, der das Spielgerät erobert und umgehend zu Rapp durchstecken will. Das Unterfangen misslingt, der fehlenden Präzision geschuldet. Doch da ist er, dieser unverkennbare zeidlersche Stil. Gefahr andeutend, vielversprechend. Mehr aber noch nicht. Das ist der FCSG 2019.
Minute 5 – Ein Blick zurück auf die Testspiele in der Winterpause, die erstaunlich positiv verliefen. Gegen den HSV gabs zum Beispiel gar einen so klaren Sieg, dass deutsche „Journalisten“ krank wurden. Für etwas Aufruhr sorgte dann aber das letzte Vorbereitungsspiel, das vor leeren Rängen stattfand.
Minute 2 – Wenn neben dem dichten Nebel jetzt noch ein beissender Marihuanageschmack in die Nase stiege, würde sich das unwillkürlich wie mein Zimmer anfühlen.
Minute 1 – Das Spiel läuft. Schon wieder.
20 Uhr 04 – Leonidas Stergiou debütiert heute in der Super League. Er ist der jüngste Spieler, der bislang in dieser Spielzeit zum Einsatz kam. Jahrgang 2002. Unsereiner hat in jenem Jahr die Kanti besucht (R.S.) oder den Playmobil-Bahnhof für sich entdeckt (R.S.). Ja, 2002 hatten wir noch Hoffnung und gaben uns der naiven Vorstellung hin, dass es gut kommt. 2019 haben wir Bier durch Zuversicht getauscht, gehen aber noch immer zum Fussball. Es gibt Unveränderliches. Wie den Playmobil-Bahnhof.
20 Uhr 02 – Kaum im neuen Jahr angekommen, schon Fake News vom SENF-Ticker. Das Spiel läuft noch gar nicht. Dem Schiri ist der Nebel zu dicht. Nur: Der stammt nur zu einem geringen Teil von den Fackeln im Espenblock. Es hat schlicht und einfach Nebel heute. Da kann der Schiri noch lange warten.
Minute 1 – Das Spiel läuft.
19 Uhr 56 – Es ist übrigens nicht nur neblig. Es ist auch kalt. Sehr kalt. Sehr, sehr kalt. Neben uns hat sich einer in eine Art Ganzkörperschlafsack verpackt. Sieht zwar aus wie ein rotes Michelin-Männchen, ist aber sicher angenehm.
19 Uhr 55 – Eine erste Überraschung schon vor Spielbeginn. Leonidas Stergious, Jahrgang 2002 (!) steht in der Startelf und hat gleich auch noch einen Vertrag bis 2021 erhalten.
19 Uhr 52 – Es ist neblig. Man sieht kaum hinüber zur Gegentribüne, weshalb ich mal auf Verdacht behaupte, dass das Stadion ausverkauft ist. Wie wundervoll es doch ist, Dinge auf Verdacht zu sagen. Dieses Bier wird mir gut tun. Ich liebe dich. Ich habe genug gelernt. Ja, der Verdacht. Die optimistische Realität.
19 Uhr 51 – Die Spielabsage am Wochenende hatte auch Einfluss aufs Ticker-Team. Am Sonntag waren R.S. und R.S. eingeteilt. Heute Mittwoch kann aber R.S. nicht dabei sein, weil er an einer Weiterbildung weilt. Einspringen kann glücklicherweise R.S., es tickern heute also R.S. und R.S.
19 Uhr 44 – Da standen wir also im Presseraum im Bauch der St.Galler Arena. Schweigend, das können wir mittlerweile, ohne Unbehagen. Und dann kam wieder jemand, der R.S. ansprach. „Fernsehstar“ nennen sie ihn nun mit scheinbar gespielter Unterwürfigkeit. Doch da ist tatsächlich ein wenig Ehrfurcht. Ich, liebe Leser, spreche aus Erfahrung. Jetzt werde ich mir Mut antrinken, um mir Worte zuzutrauen. Fragen Sie mal meine Freundin (Ramona, d. Red.), die kennt das nur allzu gut.