Entgegen aller Unkenrufe – der Zirkus lebt

Die Filmemacherin Mélanie Moser zeichnet mit «Entstaubte Magie» das Portrait einer verlorengeglaubten Welt. Dabei kommt auch der schweizerische Nouvelle Cirque zur Sprache, abseits von Knie, Royal und Monti.
Von  Roman Hertler
Der Minicirc ist nur eines von vielen Beispielen: Die Schweizer Zirkuslandschaft blüht.

Beat Breu und sein gescheiterter Zirkus sind nur das tragikomische Abbild einer Welt, die dem Untergang geweiht scheint. Die Manege, das Zelt, der dumme August, das Sägemehl, Popcorn und die Tiere aus aller Herren Länder – gehört alles ins letzte und vorletzte Jahrhundert. Dem traditionellen Zirkus mögen die Lichter aus­ gehen, aber der Nouvelle Cirque lebt.

Die Wiler Filmerin Mélanie Moser hat sich für ihre Dokumentation Entstaubte Magie – Streiflichter durch die aktuelle CH-Zirkusszene aufgemacht und der Schwei­ zer Zirkusszene nachgespürt. Moser will das Verständnis für die neuen zirzen­sischen Kunstformen fördern, die experimentelles Theater, modernen Tanz, Zirkus und Musik verbinden.

Der Film «Entstaubte Magie» wird am 18. September, 20 Uhr, im Minicirc öffentlich vorgeführt. Davor gibt es einen Apéro.

Der Minicirc gastiert vom 18. bis 22. September im St.Galler Stadtpark.

minicirc.ch

Im Neuen Zirkus, der seine Ursprünge im Frankreich der 70er­-Jahre hat, geht es nicht mehr einfach um die Aneinander­reihung von Kunststücken. Im Vorder­grund stehe das Menschliche zwischen dem Künstler und dem Publikum, sagt etwa David Dimitri, der einen One­-Man­-Zirkus führt.

Der Neue Zirkus kann durch­aus politisch sein, wie etwa der Quartier­ zirkus Pic-­o-­Pello 1975 bewies, dank dem die Südumfahrung in der St.Galler Alt­stadt letztlich verhindert wurde. Im Neu­en Zirkus gehe es nicht darum, Bewährtes zu reproduzieren und die Vergangenheit zu konservieren, sondern Gegenwart zu erzählen, sagt Daniele Finzi Pasca von der Compagnia Finzi Pasca.

Auch Mélanie Moser erzählt Gegen­wart mit ihren liebevoll collagierten Kurzportraits über Zirkusveranstalter ab­seits von Knie, Royal und Monti, die sie mit Bildern aus Aufführungen anreichert: der wunderbar geheimnisvolle Öff­Öff-Area-Dance beispielweise, in dem sich Ar­tisten entlang eines Waldpfades in Tücher verschlingen und an Seilen tanzen, ohne den Boden zu berühren. Auch Mädir Eugster vom Rigolo Swiss Nouveau Circus kommt zur Sprache.

Oder der Minicirc, der seit 20 Jahren als «Zwei­-Personen­ Kleinstunternehmen inklusive fünf Hühnern und einem Schwein» mit viel Herzblut und Ideenreichtum durch
das Land zieht und ab 18. September in St.Gallen gastiert.