, 14. November 2017
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Elfmal hochgelobte Kultur

Geld und Dank für harte Arbeit: Die Stadt St.Gallen hat am Montag im Palace ihre Werkbeiträge, Förder- und Anerkennungspreise 2017 verliehen.

Stadtpräsident Thomas Scheitlin vergibt die Werkbeiträge an (von links) Peter Dew, House of Pain (David Schwindling, Cecilia Wretemark, Jasmin Hauck), Jiri Makovec, Natalie Maerten, Laura Vogt und Herbert Weber. (Bilder: co)

«Ich wünschte, ich hätte ein Haus wie das Palace in der Nachbarschaft.» Den Satz aus den Anfangszeiten des Palace zitierte Stadtpräsident Thomas Scheitlin zum Auftakt der Feier – und lobt die Hütte als «Hotspot» des Kulturlebens und der hiesigen Urbanität.

Es blieb nicht das einzige Lob an diesem Abend. Preisträgerinnen und Preisträger, Empfängerinnen und Empfänger der Werkbeiträge wurden gewürdigt, und der Träger des Anerkennungspreises, Textildesigner Martin Leuthold, lobte seinerseits die Stadt St.Gallen als «Ort, wo man frei arbeiten und damit die ganze Welt überraschen kann». Er dankte darüberhinaus den Kulturämtern von Kanton und Stadt, die gemeinsam vieles in Gang bringen, «was andernorts nicht möglich wäre».

Zu Leutholds herausragenden Taten gehörten, wie Künstler Alex Hanimann in seiner Laudatio auf Leuthold hervorhob, Ausstellungen wie «Schnittpunkt», «StGall» oder «Bling bling» (letztere im Landesmuseum Zürich). Hanimann lobte Leuthold als «Motor» für die jüngere Designer-Generation, als «strahlendes Licht» der Textilstadt und als «Brückenbauer» zwischen den Generationen, aber auch zwischen Kunst und Praxis. Die Stadt St.Gallen verdanke ihm ein Gutteil ihrer internationalen Reputation. Leuthold sei ein «Kulturtäter» weit über sein berufliches Engagement hinaus, betonte Hanimann, eine unausgesprochene Anspielung auf die im voraus geäusserte Kritik am Preisentscheid.

Ruchti, Finger, Kundela, Vamvas

Einer, der wie Leuthold weit über sein berufliches Feld hinaus vermittelt und anregt, ist der Organist Bernhard Ruchti. Laudator Martin Preisser nannte besonders Ruchtis Engagement für die Stummfilmtage mit der nach St.Georgen importierten Wurlitzer-Orgel, aber auch die Mittagskonzerte in St.Laurenzen. Ruhig und beharrlich und mit Feinsinn gelinge es Ruchti, abseits der «ausgetretenen Musikpfade» zu wirken und damit viel Publikum zu erreichen. «Was Ruchti initiiert, wird goutiert.» Grund genug für einen Förderpreis der Stadt.

Einen solchen erhält auch Theatermacher, Musiker, Filmer und Zirkusdirektor Michael Finger. Kommissionspräsidentin Isabelle Chappuis beschwor den «kreativ-anarchistischen Geist», der diesen Sommer auf der Kreuzbleiche rund um das Zelt und das «Estival» von Fingers Truppe Cirque de Loin geherrscht hatte. Finger betreibe eine Kunst, die sich jeder Kategorie entziehe, die das Publikum nicht schone und genüsslich Grenzen aller Art überschreite – «roh und ungeschminkt und zugleich professionell und poetisch». Von Fingers Kunst fühle sie sich als Mensch ernst genommen – schöneres Lob kann sich ein Theatermacher nicht wünschen.

Schönes Lob auch für die junge Tänzerin und Performerin Alena Kundela: Christine von Mentlen skizzierte ihr vielfältiges Tun im Tanz, aber auch in der Organisation etwa des Tanzfestes. Alena Kundela hat die Tanzschrift des Herisauer Ausdruckstanz-Pioniers Sigurd Leeder mit-rekonstruiert und sich mit ihrem Ensemble Koma mit ortsspezifischen Interventionen und Langzeit-Performances profiliert.

Längeres statt die bisherige Kurzform: Das erhoffte sich Lobredner Rainer Stöckli von der vierten Förderpreis-Trägerin, der Autorin Claudia Vamvas. Respekt zwar für ihre Twitterkunst, wie sie im Buch Sitze im Bus publiziert worden ist; Stöckli sprach von «Sprachmünz» als zeitgemässer literarischer Währung – wünschbar wären für ihn jedoch weitermaschige Texte und ein Blickwinkel über St.Gallen und die VBSG hinaus, zum Beispiel in die U-Bahn von Wien.

Geförderte und Lobrednerinnen (von links): Rainer Stöckli, Isabelle Chappuis, Michael Finger, Martin Preisser, Christine von Mentlen, Bernhard Ruchti, Claudia Vamvas und Alena Kundela

Neben den Preisträgern vergab die Stadt sechs Werkbeiträge. Künstler Peter Dew erhält einen Beitrag für seine minimalistischen Interventionen, die Tanzkompagnie House of Pain für ihr nächstes Projekt und ihr «physisch und ästhetisch riskantes» Schaffen, Sängerin Natalie Maerten für ihre musik- und familiengeschichtliche Forschungsarbeit in Angola, Fotograf Jiri Makovec für seine experimentelle, situationistische Arbeit, Autorin Laura Vogt für ihren zweiten, entstehenden Roman mit dem Arbeitstitel In Zwischenräumen sowie Fotograf Herbert Weber für sein Projekt Horizont/soweit das Auge reicht zum Thema Migration.

Geld für «harte Arbeit»

Scheitlins Dank galt ihnen allen und den Kulturschaffenden überhaupt – hinter all den Preisen und Beiträgen stecke harte Arbeit in Ateliers, an Schreibtischen, in Proberäumen. Deren Resultate bereicherten das Kulturleben der Stadt.

Eines der Resultate konnte man am Abend selber hören: Songs von Natalie Maerten, begleitet von Kafi-D und Sandro Heule. Weitere Ergebnisse versprechen die Ausstellungen, welche jeweils auf die Werkbeiträge folgen, oder die Bücher, die dank ihnen fertig werden sollen.

2 Kommentare zu Elfmal hochgelobte Kultur

  • Lika Nüssli sagt:

    Es ist immer ein Fest und ein Schöner Moment des Zusammenkommens wenn Preise vergeben werden. Und in St.Gallen haben wir Künstlerinnen gute Chancen, ein Glück und Grund zum hierbleiben. Ich wünschte mir jedoch beherztere Reden für die Vergabe. Wieso macht das nicht Kristin Schmidt? Sie kennt und schätzt die Kunst! Und wie wäre es, wenn der Anerkennungspreis nicht ein monetärer wäre? Würden wir ihm einen Wert beimessen? Was mich aber wirklich genervt hat, dass unentwegt die Bereicherung der Kulturszene verlobhudelt wird, ist doch die Kunst und Kultur eine Bereicherung für eine ganze Stadt, strahlt ab und wirkt. Schluss mit der Ghettokultur!

  • Lika Nüssli sagt:

    Was unbedingt auch erwähnt werden muss, das tolle Buffet! Es gab nur etwas mit Fleisch, alles andere war wunderbare vielseitige nachhaltige Leckerei für Vegetarier! Das ist modern gedacht und gehandelt. So müsste es überall sein bei den visionären Disziplinen wie der Kunst. Zum Beispiel auch in der Mensa der Schule für Gestaltung.

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