«Eine Erfolgsgarantie ist der Sieg beim bandXost nicht»

Was ganz klein begann, ist inzwischen eine grosse Kiste: Der Nachwuchswettbewerb bandXost hat sich in den 22 Jahren seines Bestehens als fester Bestandteil der Ostschweizer Musikagenda etabliert. Die abtretende Projektleiterin Nadine Jordan blickt im Interview auf die letzte Austragung zurück und pricht über das Wachstum der vergangenen Jahre.
Von  David Gadze
Nadine Jordan, Projektleiterin bandXost von 2020 bis 2022. (Bild: dag)

Saiten: Was bleibt dir vom letzten bandXost-Wettbewerb besonders
in Erinnerung?

Nadine Jordan: Dass es ein besonders strenges Jahr war. (lacht) Aber auch ein sehr schönes. Es war die erste Austragung in meiner dreijährigen Amtszeit, die wir ohne irgendwelche Pandemie-Einschränkungen durchführen konnten. Das freut mich insbesondere für die Künstler:innen und Bands, die wieder vor Publikum auftreten konnten. Ich erinnere mich noch an den Final 2020, der in einer leeren Grabenhalle stattfand. Das war ganz trist.

Wie nimmst du die Ostschweizer Musikszene wahr?

Als sehr gross und sehr vielfältig. Es gibt viele spannende junge Künstler:innen und Bands.

bandXost ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Aus einst fünf Qualifikationsrunden sind inzwischen neun geworden. Was sagt das über den Wettbewerb aus?

Erstmal freut es mich besonders, dass wir keine Mühe haben, die Plätze an den Qualifikationsshows zu vergeben. Das zeigt, dass wir für die Musiker:innen in der Ostschweiz eine wichtige Plattform sind. Es zeigt aber auch, dass sich die ganze Organisation entwickelt hat. Wir sind organisch gewachsen, und zwar nicht nur bei der Zahl der Qualifikationsrunden, sondern etwa auch im Bereich der digitalen Angebote.

Die Abdeckung umfasst die Kantone St.Gallen, beide Appenzell, Thurgau, Schaffhausen, Graubünden und Glarus sowie das Fürstentum Liechtenstein. Das ist ein riesiges Gebiet. Kann ein einzelner Wettbewerb dieser Grösse überhaupt gerecht werden?

Ja. Deshalb haben wir unter anderem die Zahl der Qualifikationsshows nahezu verdoppelt. Und wir haben in all der Zeit viele Partnerschaften aufgebaut, mit Veranstaltungsorten, Behörden und so weiter. Dadurch haben wir ein grosses Netzwerk. Das ist ein Vorteil.

Wenn man die Entwicklung der vergangenen Jahre anschaut, fällt auf, dass auch die Qualität der Bands zugenommen hat, insbesondere jener, die es in den Final schaffen.

Das stimmt. Das Niveau ist wirklich beachtlich. Das hat nicht zuletzt auch mit dem Wachstum von bandXost zu tun. Weil unser Gebiet heute grösser ist, haben wir mehr Bands zur Auswahl. Es ist aber wichtig, dass weiterhin auch Schülerbands und junge Musiker:innen auftreten können, die zum ersten Mal überhaupt auf einer Bühne stehen. Und sie das gleiche professionelle Feedback der Jury bekommen wie eine Band, die schon etliche Konzerte absolviert und ein höheres Niveau hat.

Nach welchen Kriterien beurteilt die Jury die teilnehmenden Bands und Künstler:innen?

Bisher hatten wir drei Bewertungskriterien: Komposition/Songwriting, technische Umsetzung und Performance. Inzwischen gibt es ein viertes Kriterium, insbesondere wenn es darum geht, den Sieger oder die Siegerin zu küren: Motivation. Die Siegerband kann im folgenden Jahr unter anderem an zehn verschiedenen Openairs auftreten, ausserdem bekommt sie neuerdings eine enge Betreuung und Beratung durch das bandXost-Management. Deshalb diskutiert die Jury mit allen Künstler:innen und Bands, was ihre Ambitionen und Pläne für die Zukunft sind. Wenn beispielsweise ein Bandmitglied im folgenden Jahr ein Auslandsemester absolvieren und die Band deshalb zwischenzeitlich auf Eis liegen wird, können wir sie nicht gewinnen lassen.

Ihr nehmt die Siegerband also in die Pflicht, es ernst zu meinen mit der Musik?

Gewissermassen ja. Natürlich muss sie sich nicht verpflichten, auch in einigen Jahren noch aktiv zu sein. Aber der Gewinn des bandXost bringt auch die schöne «Verpflichtung» mit sich, im nächsten Sommer auf verschiedenen Festivals aufzutreten – und sich dementsprechend darauf vorzubereiten. Das bedeutet auch viel Arbeit, sowohl für uns als auch für die Band. Dessen müssen sich die potenziellen Gewinner:innen bewusst sein.

Spürt ihr die Erwartungshaltung dieser Festivals, eine Band gewinnen zu lassen, die sich dann auch vermitteln lässt, also ein möglichst breites Publikum anspricht?

Nein. Die Openairs wissen, dass wir eine professionelle Jury haben, die ihr Urteil unabhängig von irgendwelchen Erwartungen fällt, sondern aufgrund der erwähnten Kriterien. Und ich glaube, wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass die bandXost-Gewinner:innen viel Potenzial haben und eine Bereicherung sind – egal, welches Genre sie vertreten.

Aber eine Band wie Smorrms, die in diesem Jahr mit einem musikalisch beeindruckenden Auftritt den zweiten Platz belegte, dürfte schwieriger zu vermitteln sein als die Sieger Unlsh.

Darum geht es nicht. Die Gewinner:innen sind ja nicht Headliner bei einem dieser Festivals, sondern im erweiterten Programm. Und ich möchte betonen: Unlsh haben verdient gewonnen. Diese Energie, diese Wucht, diese Präsenz, die sie vom ersten Ton an hatten, erreichte kein anderer Finalist. Es geht eben nicht nur darum, wie perfekt ein Song gespielt wird, sondern um das Gesamtpaket, und das war bei Unlsh am komplettesten. Ich bin sehr gespannt, wie das an einem Openair funktionieren wird.

bandXost-Gewinner:innen der vergangenen Jahre wie Dachs, Elio Ricca, Mischgewebe, Catalyst oder Marius Bear gehören inzwischen fest zur Ostschweizer Musikszene und werden auch ausserhalb wahrgenommen. Geht damit mittlerweile die Erwartung einher, dass die Siegerband «durchstarten» muss?

Nein. So etwas lässt sich nicht planen. Wir sind in erster Linie ein Förderwettbewerb. Das bedeutet, dass wir den teilnehmenden Bands helfen wollen, professioneller zu werden und mit ihrer Musik die nächsten Schritte zu machen – wie auch immer diese aussehen. Wir unterstützen sie auch ausserhalb der Qualifikationsshows. Sie können sich immer an jemanden von uns wenden, wenn sie noch Fragen haben. Aber eine Garantie, dass man Erfolg haben wird, ist der Sieg beim bandXost-Wettbewerb nicht. Da müssen die Bands schon selbst hart arbeiten – wie im «richtigen» Musikerleben abseits eines Wettbewerbs wie unseres.

Blicken wir noch etwas voraus: Wohin kann die Entwicklung von bandXost noch führen?

Das wird sich zeigen müssen. Wir wollen den Wettbewerb weiter professionalisieren, um die Künstler:innen noch besser fördern zu können. Das ist aber schwierig, weil die finanziellen Beiträge von Kantonen und privaten Unterstützern stagnieren, teilweise sogar sinken. Und der Aufwand ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, beispielsweise für die Aufzeichnung des Finals, damit man ihn auch im Nachhinein im Stream schauen kann.

Und nochmal ein Blick zurück: Was war dein persönliches Highlight?

Wie jedes Jahr ist eins der grössten Highlights für mich, dass die Bands und Musiker:innen unsere Arbeit und die Chance, die wir ihnen mit dem bandXost geben, sehr schätzen. Es ist einfach schön zu sehen, dass die viele strenge Arbeit von den Jungen geschätzt wird. Und natürlich hatte es auch bei dieser Ausgabe wieder einige musikalische Perlen für mich dabei – Gänsehautmomente, wenn mich etwa eine Stimme berührt, und anderes.

Du verlässt bandXost nach drei Jahren. Warum?

Mir ist die Belastung neben meinen anderen Arbeitsstellen zu gross geworden. Die Projektleitung bei bandXost war eine wundervolle, bereichernde Stelle für mich, zuletzt konnte ich ihr aber schlicht zu wenig meiner Zeit und Energie schenken. Auch für mein Privatleben blieb zuletzt sehr wenig Zeit. Diese möchte ich mir nun wieder geben – auch für meine eigene Musik, die zuletzt viel zu kurz gekommen ist. Ich war sehr gerne das Mami für all die Bands, aber jetzt möchte ich mich wieder um mich kümmern.

 

Nadine Jordan, 1993, stiess vor drei Jahren als Projektleiterin zur bandXost-Organisation. Nun gibt sie dieses Amt wieder ab. Unter dem Namen Mad Nad Bo macht Jordan selbst Musik und hat 2017 die EP Things Left Unsaid veröffentlicht. In diesem Jahr gab es mit To Matt und Lord I Tried erstmals wieder neue Songs der Singer/Songwriterin zu hören, weitere sollen bald folgen. Die Rheintalerin lebt mit ihrem Mann in Pfäffikon SZ.