Vor 25 Jahren ist der schwarze Baukörper gelandet. Mitten in Vaduz, im kleinteiligen Städtle mit seinen Souvenirshops, dem Schloss, das eher einer Festung gleicht, den Parkplätzen und Pflanzenkübeln. Das Kunstmuseum Liechtenstein ist ein Solitär – als Baukörper wie als Institution. Der Kubus versucht nicht, sich der Umgebung anzupassen, aber er ignoriert sie auch nicht.
Die Läden, die Menschen, der Himmel, selbst die Alviergruppe auf der gegenüberliegenden Rheinseite spiegeln sich in der polierten Terrazzohaut des Hauses. Unterbrochen ist sie von grossen Fensterbändern: Wer ins Kunstmuseum Liechtenstein geht, bleibt in Kontakt zur Aussenwelt. Diese architektonische Sprache, mit ihrer Eigenständigkeit und Offenheit, entspricht der Arbeit des Museumsteams von Anfang an. Hin zur Akzeptanz vor Ort war es jedoch ein längerer Weg. Den ist auch die Sammlung des Hauses mitgegangen, wie die Jubiläumsausstellung im Kunstlichtsaal zeigt.
Immer wieder neue Nachbarn
Die Geschichte der Museumssammlung beginnt mit der Schenkung von zehn altmeisterlichen Gemälden durch den Künstler Georg Malin im Jahr 1968. Dieses Konvolut, die Geste des Schenkers entpuppte sich als Magnet. Von hier aus konnte es weitergehen: Die Liechtensteinische Staatliche Kunstsammlung wurde gegründet, Werke kamen hinzu, die Sammlung bekam ein Zuhause: Das Kunstmuseum Liechtenstein eröffnete im August 2000. Seitdem pflegt es eine dynamische Sammlungspräsentation. Die Werke erhalten keinen Stammplatz, sondern immer neue Orte und Nachbarn.
Das hat durchaus pragmatische Gründe, denn der Platz in den Ausstellungsräumen ist begrenzt und wird mit den Sonderausstellungen geteilt. Aber dieses Vorgehen bietet grosse Chancen: Die Sammlung präsentiert sich immer wieder neu. Zeitgenössisches tritt mit Klassischem in einen Dialog. Jungspunde interagieren mit Alten Meistern. Malerei findet Parallelen in Videos, dreidimensionaler Kunst oder Performance.

Jessica Stockholder: ohne Titel (1999). (Bild: PD)
Diese Vielfalt bildet nun auch das Jubiläumsprogramm «Silber steht Dir. 25 Jahre Liebe zur Kunst» ab. Allerdings gibt es hier keine inhaltlichen Bezugslinien zwischen den ausgestellten Werken. Formale oder thematische Verbindungen ergeben sich höchstens zufällig. Schwerpunkte werden nicht gesetzt. Stattdessen wird Sammlungspolitik verdeutlicht.
Die Zukunft im Séparée
Aus jedem Jahr seit der Eröffnung des Kunstmuseums haben Museumsdirektorin Letizia Ragaglia und Chefkuratorin Christiane Meyer-Stoll eine in jenem Jahr angekaufte Arbeit ausgewählt. Darunter sind Ankäufe des Museums selbst, Schenkungen, Ankäufe aus Drittmitteln oder durch Stiftungen. Ausgestellt sind Fotografien, Druckgrafik, Gemälde, Skulpturen und Installationen; Kunst in Vitrinen, auf Sockeln, an der Wand und auf dem Boden platziert.
Wer durchzählt, kommt allerdings auf mehr als 25 Werke. Der Grund ist die Zukunft im Séparée: Hinter einer eigens eingebauten Wand sind in einer Nische Werke von Ghislaine Leung, von Puppies Puppies und von Sonia Leimer zu sehen. Diese drei Positionen werden in Kürze in der Ankaufskommission diskutiert. Somit ist auch die Erwerbung des aktuellen Jahres bereits Teil dieser Ausstellung, wenngleich noch nichts offiziell entschieden ist. Und ein weiteres Werk sprengt die 25er-Grenze: An den Wänden zwischen den ausgestellten Bildern hängen Silberfolien im Grossformat. Hier bildet die Ausstellung einen partizipativen Gedanken ab. Die Menschen im Fürstentum Liechtenstein waren eingeladen, zu berichten, wie sich das Land im vergangenen Vierteljahrhundert verändert hat: Was ist ihnen aufgefallen, wie ist es ihnen damit ergangen, was hatte besondere Bedeutung?
Aus den Einsendungen haben die Liechtensteinerin Eliane Schädler und der in Ungarn gebürtige Adam Vogt acht Geschichten ausgewählt – genauso viele, wie es Edelmetalle gibt – und sie in Zeichnungen auf Silberfolie übersetzt. Sanft glänzen sie in der Ausstellung, fungieren als ästhetische Bindeglieder zwischen den heterogenen Ausstellungsstücken und schlagen sogar eine Brücke ins Foyer: Zum runden Geburtstag schenkt das Kunstmuseum sich und seinen Gästen eine erneuerte Garderobe. Die Liechtensteiner Künstlerin Hannah Roeckle setzt auch hier auf Silber und verbindet es mit Blau zu einem grossformatigen Wandgemälde. Silber steht dem Museum gut!
«Silber steht Dir. 25 Jahre Liebe zur Kunst»: bis 9. Juni, Kunstmuseum Liechtenstein.
Öffentliche Führungen: 20. März, 18 Uhr, und 18. Mai, 19 Uhr.