Drei Punkte gegen böse Geister

Was haben wir uns diebisch gefreut, als der Unparteiische am Mittwoch dreimal in seine Pfeife blies und den Vergleich zwischen Luzern und St. Gallen endlich beendete. Dem FCSG gelang es tatsächlich, trotz lange Zeit inferiorer Leistung drei Punkte aus Luzern zu entführen – im von SENF ausgezeichneten goldenen Käfig stieg die grosse Party.
Es waren drei Punkte, die primär dafür wichtig waren, wieder Ruhe ins zuletzt doch angekratzte Umfeld des FC St. Gallen zu bringen. Zuvor sammelte dieser in drei Spielen nämlich lediglich einen Punkt, der komfortable Startsieg über den FC Lugano war beinahe schon in Vergessenheit geraten.
Stattdessen machten sich die bösen Geister der Vergangenheit wieder bemerkbar, ganz böse Zungen machten die Mannschaft schon zum Abstiegskandidaten. Unruhe machte sich breit.
Fünfter Spieltag ist entscheidend
Dazu geben die aktuellen sieben Punkte und der daraus resultierende vierte Tabellenrang aber keinen Anlass. Ein (halber) Fehlstart wurde dank dem frischgebackenen Vater Geoffrey Tréand vermieden, er schickte die bösen Geister mit seinem Freistoss-Hammer die Reuss runter. Ein Blick in die Geschichte der Zehnerliga zeigt: Auf sieben Punkte in den ersten fünf Spielen folgte noch nie eine Spielzeit, in der der FCSG Mühe hatte, die Klasse zu halten.
Acht Zähler waren es in der letzten Saison, deren sieben ein Jahr davor – was folgte, waren gute Hinrunden und desaströse Rückrunden. Wenn man die ersten Runden der acht Super League-Saisons des FC St.Gallen von 2005/06 bis 2014/15 betrachtet (Infografik hier), stellt man gar fest, dass der fünfte Spieltag von entscheidender Bedeutung ist: In der Abstiegssaison 2010/11 fiel man an diesem Spieltag auf den letzten Rang zurück. In der vorherigen Abstiegssaison 2007/08 hatte sich der FCSG zu diesem Zeitpunkt schon dort festgesetzt.
In vier der restlichen sechs Saisons des Betrachtungszeitraums machte man just zum fünften Spieltag einen Schritt nach oben: Von 6 auf 5 (2006/07), von 7 auf 3 (2009/10), von 8 auf 5 (2013/14), von 5 auf 3 (2014/15). In den zwei verbleibenden Spielzeiten fielen die Espen zwar leicht zurück, aber auf hohem Niveau: Von 2 auf 4 (2005/06) und von 2 auf 3 (2012/13). Über diese acht Saisons hat der FC St.Gallen zum fünften Spieltag entweder einen der Ränge 3 bis 5 belegt und durfte sich am Ende zumindest über einen Nicht-Abstieg freuen. Oder er belegte den Rang 10 und musste zum Schluss den Gang in die Zweitklassigkeit antreten.
Eine unansehnliche Saison wartet
Wenn die Punkteanzahl nach fünf Spielen also ein Indiz für die kommende Saison ist, gibt es doch leider auch keinen Grund zu grenzenlosem Optimismus: In der Saison 2012/13 sammelte St. Gallen, das sich als Aufsteiger direkt für den Europacup qualifizieren sollte, ganze elf Punkte. Auch das Punktemaximum und das exakte Gegenteil davon finden sich auf der Liste: 2008/09 gelang es dem FCSG, sämtliche fünf Spiele zum Saisonbeginn für sich zu entscheiden. Nur fand diese Kuriosität auf zweithöchster Stufe statt. Der Grund dafür ist in der Saison zuvor zu finden: Die Ostschweizer verloren zum Auftakt fünf Partien und mussten später den Gang in die Zweitklassigkeit antreten.
In jeder Saisonvorschau beteuern die Trainer gebetsmühlenartig, dass ein guter Start in die neue Saison von zentraler Wichtigkeit sei – klar, was sollen sie denn sonst sagen? Die Ausrede, dass sich das Team doch zuerst finden müsste, kommt ja in der Regel erst im Misserfolgsfall. Der Saisonstart zeigt aber offensichtlich tatsächlich, in welche Richtung es gehen soll. Was den FCSG angeht, bedeutet dies: Eine eher unansehnliche Saison im Mittelfeld der Tabelle. Wohl ohne Ausreisser nach oben, aber auch ohne Sorgen nach unten.
Es gibt noch Luft nach oben
Was dieser Exkurs in die Oberflächlichkeit der Statistikzahlen bedeuten soll? Einerseits, dass das allseits bekannte Trainermantra doch nicht so weit hergeholt ist. Und: Dass kein Grund für Unruhe besteht, zumindest nicht, wenn man die Resultate als einzigen Massstab herbeizieht. Betrachtet man allerdings die bisherigen Partien, so besteht punkto spielerischer Leistung doch noch einiges an Luft nach oben. Darbietungen in Luzern werden nicht immer mit Punktezuwachs belohnt.
Das Senf-Kollektiv besteht aus 15 fussballverrückten Frauen und Männern. Es gibt die St.Galler Fussballzeitschrift Senf («S’isch eigentli nume Fuessball») heraus und betreibt daneben auch einen Blog. Senf kommentiert auf saiten.ch das Geschehen auf und neben dem Fussballplatz.