¿Dónde está la biblioteca?

Unser Kolumnist Jan Rutishauser liebt die Bibliothek – und fragt sich, warum sie in seinem Heimatkanton nicht einmal von zehn Prozent der Bevölkerung genutzt wird.
Von  Gastbeitrag

Während dem Lockdown vermisste ich am meisten die Bibliothek. Normalerweise ein Fixpunkt in meinem Leben und wie sich herausstellte, leider ein typischer Fall von: «Erst wissen was man hatte, wenn es weg ist.» (Eine Weisheit, welche ganz allgemein gilt, aber speziell bei Biopsien.)

Ich liebe die Bibliothek. Daher erstaunt es mich, dass in meinem Heimatkanton Thurgau* nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung eine Bibliothek benutzen. Warum?!

Jan Rutishauser, 1987, ist Kabarettist, Kolumnist und Koach für Rechtschreibung und Comedy Writing. (Illustration: Lukas Schneeberger)

Die Bibliothek ist doch so viel mehr als nur eine Lagerhalle für totes Baummaterial. Sie ist Kulturveranstaltungsraum, Saiten-Bezugsquelle sowie Begegnungsort. Und nicht nur für Menschen, von denen ich weiss, dass sie mindestens eines mit mir gemeinsam haben: den Wunsch nach Gratis-WiFi.

Nein, sie ist auch ein Ort, wo ich auf Ideen und Bücher treffe, die mir ein Amazon-Algorithmus niemals vorgeschlagen hätte. In der Bibliothek finde ich unter demselben Dach Kochbücher und Das Schweigen der Lämmer, Science Fiction und Fictional Science (aka Esoterik) sowie hochstehende Literatur und solche, welche ich auch ohne Leiter erreiche.

Eine Bibliotheksmitgliedschaft lohnt sich schon alleine deswegen, weil man für nur 30 Franken pro Jahr eine ganze Belegschaft kriegt, welche die Bücher FÜR DICH wieder ins Regal stellt. UND auch noch an die RICHTIGE Stelle!

Was bekommt man heute sonst noch für 30 Franken? Ein Buch. Manchmal nicht mal das!

Bibliotheken sind gut für die seelische Verfassung: Das richtige Buch zur richtigen Zeit erspart einem viel Leid, denn es verhindert, dass man im öffentlichen Verkehr angesprochen wird. Dazu empfehle ich folgende (und real existierende) Bücher:

Knitting with Dog Hair – Better a Sweater from a Dog You Know and Love Than from a Sheep You’ll Never Meet

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Cooking with Poo

Abgesehen davon kann man auch als Analphabet in einer Bibliothek Spass haben. Einfach an der Ausleihtheke ganz cool sagen: «Chönnd Sie mir das als Gschenk iipacke?»

Ich liebe die Bibliothek und es ist mein Traum, irgendwann mal mein eigenes Buch in der Bibliothek zu erspähen. Auch wenn ich es selber hineinschmuggeln muss.

*Nichts gegen den Thurgau, es ist tatsächlich so, dass ich nur dort Zahlen zur Bibliotheksbenutzung gefunden habe.

Dieser Beitrag erschien im Juniheft von Saiten.