, 30. April 2023
2 Kommentare

Ding dong, sie ist gewählt

SVP-Kandidatin Esther Friedli zieht in den Ständerat ein und fügt der SP eine deutliche Niederlage zu – dank der bürgerlichen Stimmen.

Mit 70'449 Stimmen gewählt: Esther Friedli. (Bild: Ueli Steingruber)

Lange hat die Sünneli-Partei davon geträumt, jetzt hat sie es endlich geschafft: Esther Friedli holt sich den ersten St.Galler SVP-Sitz im Ständerat. Vom «Sturm aufs Stöckli» war immer wieder die Rede, bis dato sind aber alle Kandidaten gescheitert. Friedlis Resultat von 57,4 Prozent ist nun zumindest ein kleiner Sturm.

Sie als Person hat sich im Wahlkampf allerdings eher als laues Lüftchen verkauft. Gmögig, Bratwurst verteilend und Kaffee servierend. Anders als ihre männlichen Polterkollegen. Dass Friedli diesen als Programmchefin der Partei den Ton und die Themen vorgibt, war kaum je ein Thema im Wahlkampf. Friedli hat gekonnt überspielt, wie rückständig und unsolidarisch sie tatsächlich tickt.

Aus PR-Sicht ein gelungener Schachzug. Ebenso die Bekanntgabe ihrer Kandidatur: Wochenlang wurde über eine mögliche Nachfolge Friedlis für Bundesrat Maurer spekuliert, dann liess sie wie beiläufig an einem Viehmarkt in Mels die Ständeratsbombe platzen – und hatte die mediale Aufmerksamkeit auf sicher. Die offiziellen Kandidaturen der anderen Parteien kamen erst eine Woche oder sogar noch später.

Konkurrentin Barbara Gysi von der SP ist wesentlich pointierter aufgetreten als Friedli und hat ihren Wahlkampf an konkreten politischen Themen aufgehängt. Dass die verdiente Sozialpolitikerin heute nur 36,9 Prozent der Stimmen holen konnte, ist eine ziemliche Klatsche. Sie konnte ausserhalb des links-grünen Spektrums nicht mobilisieren, anders als Paul Rechsteiner anno dazumal.

Der Vergleich ist aber ohnehin schwierig, da die Konstellation eine andere war. Damals wollten viele Wähler:innen aus der Mitte und dem bürgerlichen Spektrum Toni Brunner verhindern, den Polteri, den Blocherzögling. Esther Friedli hingegen gab sich so zahm und nett, dass wohl vielen gar nicht bewusst war, was man hier hätte verhindern müssen. Kommt hinzu, dass die Mitte mit Beni Würth bereits im Ständerat vertreten ist und sich darum zurückgelehnt hat. Sie hat sich mit Stimmfreigabe aus der Affäre gezogen, abgesehen von Bauernpräsident Markus Ritter, der fleissig für Friedli weibelte.

Eigentliche Königinnenmacherin ist aber die FDP. Die Bürgerlichen und Wirtschaftsverbände haben im zweiten Wahlgang Friedli portiert – nachdem sie nach dem ersten Wahlgang die SP noch angebettelt hatten, sich zurückzuziehen, um mit ihrer eigenen Kandidatin Susanne Vincenz-Stauffacher Esther Friedli zu verhindern. Statt dass sie nun Friedli verhindert haben, haben sie ihr den roten Teppich ausgerollt und sind Spalier gestanden.

Wunderlich ist das alles nicht, auch wenns schmerzt. Die anti-linken Beissreflexe bei den Bürgerlichen sind immer noch weit verbreitet. Und wir sind im Kanton St.Gallen. Das FDP-Spektrum hier ist so beschränkt wie die Politik der neuen Ständerätin. Es reicht nur von rechts bis konservativ und wieder zurück. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass selbst halbwegs fortschrittliche Frauen wie FDP-Kandidatin Susanne Vincenz-Stauffacher nicht auf die Stimmen aus der eigenen Partei zählen können.

2 Kommentare zu Ding dong, sie ist gewählt

  • - sagt:

    Natürlich sind die Anderen schuld/doof/trickreicher…ja ich bin auch enttäuscht, natürlich, aber eben.
    Hoffentlich ist das ein Weckruf an die Linke endlich bei sich selbst zu schauen, was sie anders oder besser machen müsste. Das soll keine Kritik an Barbara Gysi, sondern eher an der SP/den Linken in ihrem Auftreten insgesamt sein.

  • René Uhler sagt:

    Schon in der Berufsschule gelernt:
    Nur die aller grössten Kälber wählen ihren Metzger selber.

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