Die Vereinfachung des Pferds

Was ist der beste Bandname, den es geben könnte? Natürlich «The exploding cat experience», findet Valentin Baumgartner, Gitarrist, Sänger, Komponist und Frontmann von Extrafish.
Wenn man aber bereits einen Bandnamen hat – Extrafish –, den man nicht mehr ändern möchte, dann schreibt man halt ein Lied mit diesem Titel. Und wenn es ein Lied mit dem Titel The exploding cat experience gibt, dann wäre es doch auch sinnvoll, ein Computerspiel mit explodierenden Katzen als Komplementärangebot zu programmieren, sagte sich Odan Kupfer, Gamedesigner aus dem Umfeld der Musiker.
Denn Extrafish ist nicht nur eine Band. Extrafish ist ein Gesamtkunstwerk, von der Fischmaske bis zur explodierenden Katze. Ein Gesamtkunstwerk, welches jetzt um ein bemerkenswertes Kapitel erweitert wird.
Konzerte in der Ostschweiz:
18. November, Bären Folkfestival, Hundwil
24. November, Mittagsmusik, Gleis 1, Winterthur
2. Dezember, Buena Onda, St. Gallen
10. Februar, Kulturpunkt, Flawil
17. März, 3 Eidgenossen, Appenzell
24. März, Kellertheater, Winterthur
Frei von Trend-Anbiederung
Balkanjazz. Es gab doch einmal eine Phase, als Musik mit Balkan-Einflüssen so richtig en vogue war. Balkanbeat-Parties soweit die Clublandschaft reichte. «So richtig angefangen haben wir wohl erst, als der Trend schon wieder am Abklingen war», sagt Andi Bissig, der Saxophonist der Band.
Das ist ein erstes positives Indiz: Extrafish ist keine Trendband. Die vier Musiker – Gitarrist Baumgartner, Saxophonist Bissig, Kontrabassist Jonas Künzli sowie Schlagzeuger Adrian Böckli – haben sich an der Jazzschule Luzern kennengelernt. Sie fingen an, Balkanmusik auf der Strasse zu spielen. Mehr und mehr kamen eigene Stücke dazu – Stücke im ungarischen, bulgarischen Stil und so weiter. Und dann entfernte sich der Sound immer mehr von irgendwelchen Traditionen.
Die Dada-Idee
Oder besser: Der Sound entfernte sich von puristischer Tradition. Denn bei Extrafish wird der Balkansound eben mit visuellen, klanglichen und gesanglichen Elementen angereichert, die auch mal an Frank Zappa oder Les Claypool, den Sänger und Bassisten von Primus und seine Stimme denken lassen.
Gerade Zappa verstand sich ja auch als Dadaist, liebte Collagen, seien sie musikalischer oder bildnerisch-gestalterischer Natur. Heute ist der Dada-Begriff zwar mehr und mehr abgelutscht, weil er kommerzialisierter wirkt als fast alle anderen Kunstrichtungen, die sich weniger gegen den Kommerz verschworen haben. Aber das, was Dada ausmacht – oder früher ausgemacht hat: die Dada-Idee, das ist eben noch immer sehr reizvoll.
Wie es uns gefällt
Simplify this horse heisst ein Stück auf dem Album. Der Titel bildet die Ausgangslage zum Computerspiel, das es auf der Website zu knacken gilt, bevor man das Album bestellen kann. Es braucht ein bisschen Geduld und Phantasie. Doch wenn man sich die Zeit nimmt – wenige Minuten reichen –, dann zerlegt man dieses Pferd in Fisch und Kameradschaft: Zeichnungen von Valentin Baumgartner, die das Albumcover ergeben.
Der Gamedesigner Odan Kupfer hat dieses Bild zerstückelt und daraus ein Game zum Album gebastelt. Kunst- und liebevoll. «Wir machen das, was uns gefällt und was wir lustig finden», erklärt Saxophonist Bissig. Und das funktioniert anscheinend gut. Extrafish spielt zwar Nischenmusik. Aber es ist eine Nische, in der sich viele Musik- und Tanzliebhaber wohlfühlen.
Es bleibt nur dies zu sagen: Extrafish hebt sich erfrischend ab von sehr vielem, was aktuell in der Musikwelt geschieht. Hier wird nicht marketingtechnisch optimiert. Hier entsteht Kunst mit Charakter, die polarisiert, vielleicht auch mal verwirrt. Und das ist – mit Verlaub – die interessanteste Kunst.
Die paar Minuten, die man beim Dada-Computergame zubringt, sind gut investierte Zeit. Drum rein in die Dada-Dub-Experience von Extrafish. Bitte hier lang.