Die Operation am St.Galler Herz

Der St.Galler Bahnhof Nord ist keiner. Sondern ein Friedhof Nord. Aber das kann sich ändern - hier das Sechs-Punkte-Programm, wie das tote Herz St.Gallens wiederbelebt werden kann.
Von  Ralph Hug

Welche Stadt in der Schweiz gibt ihren wichtigsten, zentralsten Platz aus der Hand? Keine. Ausser St.Gallen. Am Bahnhof Nord wird klar, was passiert, wenn eine aktive Bodenpolitik fehlt. Das Resultat: ein Chaos.

Doch noch ist Polen nicht verloren. Oder anders gesagt: Der Unort «Bahnhof Nord» hat Chancen, doch noch ein guter Ort zu werden. Wenn man jetzt nichts falsch macht.

Die Gewerbekasse hat die Segel gestrichen. Chef Fässler und SVP-Mann Richle verzichten auf ihren Neubau. Das ist gut so. Ein reines Verwaltungsgebäude hätte dem Bahnhof Nord den Todesstoss versetzt.

Damit sind wieder Optionen offen. Das Spanische Klubhaus (und das benachbarte Wohnhaus) stehen zum Verkauf. Die Möglichkeit einer Neuorientierung ist gegeben. Was ist zu tun?

klubhaus2Erstens: Die Stadt muss das Klubhaus kaufen. 1,5 Millionen sind ein Pappenstiel im Vergeich zu dem, was auf dem Spiel steht. Die Spanier sollen mit ihrer Beiz bleiben. Sie sind die besten Garanten für Leben im Quartier.

Zweitens: Die Stadt muss Ideen fürs Quartier entwickeln. Insbesondere für eine Platzgestaltung. Damit der Bahnhof Nord ein Begegnungsort wird und nicht eine Ansammlung von Blech bleibt. Das Schlüsselwort ist die öffentliche Nutzung. Warum nicht einen Wettbewerb veransalten? Vielleicht zusammen mit interessierten Investoren?

Drittens: Kanton und SBB müssen mit ins Boot. Ohne sie ist eine Platzgestaltung nicht möglich. Mindestens die Hälfte der oberirdischen Parkplätze muss weg. Sonst kann kein Platz entstehen. Da der Kanton die Parkplätze auf 20 Jahre von der SBB gepachtet hat, müssen beide Träger in die Lösung einbezogen werden.

Viertens: Falls der Kanton nicht willig ist, kann man auch etwas nachhelfen. Er braucht das Platztor für die Erweiterung der HSG. Gibst du mir, so geb ich dir. Alles klar?

Fünftens: Der einzige Privatbesitzer in der Häuserzeile zwischen Klubhaus und Fachhochschule wird abgefunden. Das ist bereits auf gutem Weg. Doch es wäre nun grundfalsch, das ganze Areal einfach einem Generalunternehmer zur Überbauung zu übergeben. Hier steht Stadtentwicklung auf dem Spiel, und zwar am zentralsten Ort, den die Stadt hat. Also braucht es sorgfältige Überlegungen: Was braucht eine Stadt an diesem Ort? Und was braucht sie ganz sicher nicht?

Sechstens: Diese Operation ist heikel. Aber sie kann gelingen. Alle müssen zusammenspannen und das Herz St.Gallens retten. Der Bahnhof Nord darf nicht länger ein Friedhof bleiben, sondern soll ein Schmuckstück werden.

Bilder: Claudio Baeggli