Die nächste Baudenkmal-Generation

Die aktuelle Jahresausstellung der Stadtsanktgaller Denkmalpflege widmet sich Bauten ab Mitte der 1970er-Jahre. Intensiv diskutiert werden derzeit die Kreuzbleiche-Halle, der Erweiterungsbau des Kunstmuseums und das Spitalhochhaus.
Von  René Hornung

Alle 25 Jahre sollten die Dankmalschutz-Inventare überprüft und nachgeführt werden – so die Faustregel. Denn der Blick auf erhaltenswerte oder schützenswerte Bauten verändert sich. Was einst als hässlich galt, altert vielleicht gut und wird möglicherweise zum wichtigen Zeitzeugen. Im ersten Stock des St.Galler Rathauses sind 14 «neue alte» Beispiele aus der Stadt zu sehen, die das Zeug haben, künftig zu Schutzobjekten zu werden.

Dass über einen Schutz erst mit einem gewissen zeitlichen Abstand einigermassen objektiv diskutiert werden kann, liegt auf der Hand. Erst mit der Zeit schärft sich der Blick und wir verstehen besser, was das Besondere einer Stilepoche ist. Der Betonbrutalismus als Beispiel kann heute «brutal schön» sein, wie es auf einem der Plakate in der Ausstellung heisst. Und die Postmoderne mit ihren Kreisen und Dreiecken hat Gestaltungselemente hervorgebracht, die wir heute vielleicht witzig finden: «Anything goes», lautet der Kommentar dazu auf einem der Plakate.

Die Ausstellung stellt insgesamt 14 Bauten vor, die nach der Ölkrise von 1973 entstanden sind. Damals gewannen soziale und ökologische Themen an Bedeutung. Die Architektur reagierte unterschiedlich darauf, besann sich auf puristische Materialien und traditionelle Formen, aber es entstanden auch neuartige High-tech-Strukturen, die ihre Konstruktion bewusst zeigt. All diese Gebäude sind inzwischen über 50 Jahre alt und es wird Zeit, sie genauer anzuschauen, sie zu verstehen und wertzuschätzen. Sich mit ihren Qualitäten auseinanderzusetzen, bevor sie wieder verschwinden.

Die Sporthalle Kreuzbleiche gehört zu den High-tech-Gebäuden. Die Sportverbände wünschen sich, dass die Halle im Innern heutigen Bedürfnissen von grösseren Sportveranstaltungen angepasst werden kann. Dabei stellt sich die Frage: Ist dies möglich, ohne dass der klare Innenraum leidet? Oder der Fall des Kunstmuseums im Stadtpark: Wie soll mit dem Untergeschoss umgegangen werden? Es wurde in den 1970er-Jahren für das damals noch im gleichen Haus untergebrachte Naturmuseum ausgebaut, eignet sich aber für Kunstausstellungen heute nicht besonders gut. Ist ein vor 12 Jahren ausgewähltes Projekt für ein neues Untergeschoss heute noch aktuell? Erträgt ein klassizistisches Museum mit einem 70er-Jahre Keller noch einen weiteren Eingriff?

«Das neue Alte»: Ausstellung zur nächsten Generation Denkmäler, bis 12. April, Montag bis Freitag 8.30 bis 17.30 Uhr, Rathaus St.Gallen, 1. Stock

Stadtspaziergang: 20. März, 17 Uhr, Treffpunk: Rathaus, 1. Stock

Infos zu weiteren Veranstaltungen und Führungen der Denkmalpflege: stadt.sg.ch

Und dann gibt es die aktuell heisseste Diskussion um den Spitalturm. Ist er nur ein hässlicher schwarzer Klotz oder ein wichtiger Merkpunkt im Stadtgefüge? Soll er unter Denkmalschutz gestellt oder darf er abgebrochen werden? Der Stadtrat muss auf Antrag des Spitals diese Frage demnächst entscheiden.

Die Ausstellung im Rathaus zeigt weitere elf Gebäude, von der Grosssiedlung Kammelenberg bis zum Einfamilienhaus. Und in Begleitveranstaltungen ist das Publikum zu Spaziergängen unter kundiger Führung und zu Besichtigungen direkt vor Ort eingeladen.