, 14. März 2015
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Die Krux mit der Regionalität

Regionalität als Konsum-Modell: Das 3. Ostschweizer Food Forum hat in Weinfelden debattiert, wie dies bei der Produktion und Vermarktung von Nahrungsmitteln umgesetzt werden kann. Kein leichtes Unterfangen, wie die Diskussion zeigte.

Einig war man sich darüber: «Region» ist vertrauensbildend. Stephan Feige von der htp Marketingkonzepte-Entwicklerin an der Uni St. Gallen erklärt dies mit der «Sehnsucht nach Herkunft und Authentizität». Christian Häberli von der Rutishauser Weinkellerei AG in Scherzingen macht die Erfahrung, dass Wein zunehmend mit der Herkunftsregion in Verbindung gebracht wird und diese ein wichtiges Verkaufsargument ist.

Ökologisch im Vorteil

Nahrungsmittel, die räumlich klar zugeordnet werden könnten, hätten einen Marktvorteil, bestätigt Jasmine Said Bucher von der IG Regionalprodukte. Für Michael Baldenhofer von der Stabsstelle Regionalentwicklung Landkreis Konstanz ist das Label Region ein wachsender Trend im  Lebensmittelmarkt. Er verweist auf die Lidl-Eigenmarke «Ein gutes Stück Heimat». Der Discounter reagiert damit seit 2010 auf den stärker werdenden Kundenwunsch nach Lebensmitteln aus den Regionen Deutschlands.

Auch im Schweizer Detail- und Grosshandel ist räumliche Zuordnung von Lebensmitteln eine Marketing-Formel. Alex Britschgi von der Coop-Verkaufsregion Ostschweiz – Ticino sagt, Regionalität habe man schon lange im Auge gehabt, aber mit dem Gütesiegel «Miini Region» erst spät eingeführt.

Die Marke «Region» stösst in einer ökologisch sensibilisierten Konsumgesellschaft auf zunehmende Sympathien: Die Transportwege der Produkte sind sehr kurz, die Herstellung vor Ort kann in der Regel von den Konsumenten eingesehen werden und die Produktion ist vielfach biologisch.

Bio Suisse-Präsidentin Regina Fuhrer mit Coop-Chef Hansueli Loosli.

Coop-Werbung für regionale Produkte.

Definitions-Schwierigkeiten

Das Label macht aber auch Schwierigkeiten, wie sich bei der Podiumsdiskussion herausstellte. Die Frage, was man sich unter «Region» vorstellen müsse, wurde nicht klar beantwortet. Zudem herrscht Uneinigkeit darüber, wie die Marke räumlich zugeordnet werden soll.

Said Bucher meint, dass das Label-Produkt nachweislich aus einer bestimmten Gegend stammen müsse. Wichtig sei dabei die Herkunftszertifizierung. Eine Region lasse sich beispielsweise in einen 15-Kilometer-Radius eingrenzen, von der Gemeinde X bis zur Gemeinde Y. Grosszügiger sieht das Michael Baldenhofer: Das Bodensee-Label «Gutes vom See» erstrecke sich über ein Gebiet vom Schwarzwald bis in den Allgäu. Von der Seeuferlinie gelte für die Regionsgrenzziehung eine Distanz von 40 Kilometern ins Landesinnere.

Selbstverständlich müsse die Region, aus der eine Produktemarke stamme, eingegrenzt werden, lauteten andere Stimmen, aber nicht zwingend über einen Kilometer-Radius. Entscheidend sei, wie die Bevölkerung ihre Region wahrnehme. Eine Weinmarke wiederum könne mehrere Regionen einschliessen, die dann aber als eine Region definiert werde. Für Baldenhofer ist es wichtig, dass der Standort der Produzenten und der Vermarkter der gleiche ist, damit auch die Wertschöpfungskette dort angesiedelt werden kann. Für Said Bucher braucht es unbedingt Richtlinien, damit regionale Produkte auch auf Glaubwürdigkeit zählen können. Die IG Regional verlange, dass 80 Prozent des Produkts aus der Region stammten und zwei Drittel der Wertschöpfung auch in dem Gebiet stattfände.

Mühe mit «Swissness»-Verordnung

In der Schweiz ist zur Zeit eine Ausführungsverordnung zur Marke «Swissness» in Vorbereitung. Dabei sollen neue Regeln im Markenschutzgesetz festgeschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen ein Produkt oder eine Dienstleistung als «schweizerisch» bezeichnet werden darf. Beispielsweise sollen bei Nahrungsmitteln mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Bei Kakao und anderen Rohstoffen, die in der Schweiz nicht vorkommen, gelten Ausnahmen. Als weitere Bedingung soll vorausgesetzt werden, dass die Tätigkeit, die dem Produkt seine wesentliche Eigenschaft verleiht, in der Schweiz stattfindet.

Die Schweizer Nahrungsmittelindustrie tut sich vorerst noch schwer mit der künftigen Verordnung. Sie kritisiert unter anderem, dass die Herkunft der Produktezutaten für die Erzeugnisse unter dem Label «Swissness» zu eng gefasst seien.

 

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