Die HSG im Visier

Noa Olibet, Vorstandsmitglied der städtischen Juso, begrüsst vor der Universität St.Gallen die rund 30 Teilnehmer:innen des Sommerspaziergangs «Von der Kaderschmiede des Kapitalismus zur Uni für alle» und verteilt Knallteufel. Damit will die Juso ihrer Forderung, die HSG in die Luft zu sprengen, symbolisch Rechnung tragen.
Vasco Hebel übernimmt das Mikrofon und zählt auf, was konkret stört: zu wenig Studiengänge, zu wenig Forschung und zu viel Kapitalismus-Huldigung. Er fordert eine neue Uni, neue Fakultäten und ein Gehalt für Studierende von 4000 Franken im Monat. «Eine Uni, an der mehr gekifft als gekokst wird.»
Die Gentrifizierung vorantreiben
Der Spaziergang setzt sich den Rosenberg hinunter ins Tal fort. Beim Platztor macht die Gruppe den zweiten Halt. Dort, wo irgendwann ein neuer Uni-Campus stehen soll, erklärt Juso-Stadtparlamentarierin Miriam Rizvi, wie sich die HSG immer mehr in der Stadt ausbreite. Das Areal am Platztor zeige beispielhaft, wie städtische Projekte verdrängt würden. Die offene Kirche werde weichen müssen. So, wie es schon bei der Stadtsäge passiert sei, die Platz für Studi-Wohnraum machen musste.
Das Problem sei, dass durch das begrenze Angebot und die klare Ideologie an der HSG eben nicht wie an anderen Orten die Uni und das Studileben die Stadt positiv belebten. Vielmehr würden die HSG-Projekte die Gentrifizierung ankurbeln. Rizvi zeigt auf die verwahrlosten Häuser auf der anderen Seite der St. Jakob-Strasse.
Badran hätte das HSG-Bild anders zeichnen können
Das Stichwort Studileben führt zum nächsten Halt in der Brühlgasse. Diese ist zugesperrt wegen Aufbauarbeiten fürs St.Galler Fest. Olibet hält seinen Input vor dem «Trischli» kurz: Der Traditionsclub werde überrannt von HSG-Studierenden. «Viele junge Menschen aus der Stadt fühlen sich unwohl und nicht willkommen.» Die Gruppe geht weiter zum letzten Halt im Kantipark.
Dort hätte eigentlich SP-Nationalrätin Jacqueline Badran reden sollen, wie Juso-Stadtratskandidat:in Robin Eichmann erklärt. Aus Termingründen habe sie kurzfristig abgesagt. Badran wäre als ehemalige HSG-Studentin am Spaziergang die einzige Rednerin gewesen, die einen direkten Bezug zur Universität gehabt hätte. Sie hätte möglicherweise gar nicht so viele schlechte Worte über die Uni verloren, schliesslich betont sie immer wieder gerne, dass sie in St.Gallen studiert hat. Und sie hätte als linke Ikone vielleicht das Bild der angeblich ausschliesslich kapitalismusfanatischen HSG-Alumni etwas anders gezeichnet.
Mehr Raum für Widersprüche und Diskussionen
Eichmann springt ein und erklärt, was die Uni für junge Menschen in St.Gallen oft bedeute: den Wegzug. Viele würden nach Bern, Freiburg, Basel oder Zürich ziehen, um dort zu studieren. Eichmann selbst studiert Geschichte in Zürich, pendelt mit dem Zug. Für progressive und linke Bewegungen in St.Gallen sei das ein Problem. So auch für die Juso. Es gebe nur wenige Mitglieder, die auf dem Rosenberg studieren würden. Eichmann unterstreicht ein letztes Mal die Forderung nach einer Uni für alle. Einer, die mehr Raum für Widersprüche und Diskussionen bieten würde.
Beim Ernst-Götzinger-Brunnen endet der Spaziergang mit einem Apéro. Auch Götzinger, St.Galler Germanist und Historiker, musste Mitte des 19. Jahrhunderts die Gallusstadt verlassen, um zu studieren. Es fehlte schon damals an Studiengängen. Zwei Jahre nach seinem Tod wurde die Höhere Schule für Handel, Verkehr und Verwaltung gegründet, die heutige HSG.