Der Weibel und die Alten
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Es ist Montag, 14 Uhr im Altersheim Moosmatt. Heimleiter Hüttenmoser hat wieder Aufstellung genommen, um seiner Pensionistenkolonne die restliche Lebenszeit mit Zwangsbeglückungen durch Busfahrten und Krippenspiel verleidig zu machen. Es riecht nach August-Bar und Ralph Weibel.
Der Radiomann von FM1 liest seit 2007 regelmässig im August in St.Gallen, eigene und fremde Kurzgeschichten und bringt seine eigenen im Selbstverlag Edition punktuell fast genaus regelmässig heraus. Nach «Aus- und Einsichten» und «Irrwege» nennt Weibel nun sein drittes Werk «Wurst und Brot».
Er erzählt zurechtgespitzte Alltagsgeschichten, fährt sie dicht an den Schlagzeilen der Zeit entlang und schrammt in den Kurven, auf dem Weg zur Pointe, einige Stereotypen. Und in regelmässigen Abständen, wie die weissgentünchten Strassenpfosten die den Weg zum Pass hinauf säumen, lässt er uns unterwegs alte Bekannte treffen. Die namenlose Katze, die die Juristerei dem Mausen vorzieht. Die weisse Olga, die darum noch immer den Keller bewohnt. Die allerliebste Bea (Kishons beste Ehefrau lässt grüssen) und vor allem die Pensionistenbrigade im Altersheim Moosmatt. Erfreulich regelmässig, erfreulich regelhaft. Diese Stereotypen haben variantenreichen Wiederholungswitz. Der ewige Gigolo Giovanoli, der altersradikale Schneider und die nie anwesenden Heimbewohner Herr Luginbühl und Frau Schweiwiler.
Ein Buch für übelkeitsanfällige Reisende auf grosser Passfahrt im Postauto, weil die Kürzestgeschichten immer wieder Gelegenheit bieten, auszusteigen oder hochzublicken und den Horizont zu fixieren. Auch für Stadtbussfahrten, während Wartepausen auf Gleisen und in Hallen oder auch für all jene, die vor dem Schlafengehen gerne ein bisschen lesen, aber es nie lange schaffen. Wer sich kauf-unsicher sein sollte: Die Lesungen im August gibt es auch im Februar. Am Dienstag, 22.2. ab 21 Uhr.