Der Trick mit «Touristen»

Laut dem Verwaltungsgericht liegt die am Sonntag geöffnete Migros-Filiale in der Rapperswiler Altstadt im Touristengebiet. Nur hat es dort keine Touristen.

Von  Ralph Hug

Jahrelang hatte der «M-Express» am Sonntag geöffnet. Bis die Gewerkschaft Unia intervenierte. Daraus entstand ein Rechtsstreit: Ist die Sonntagsöffnung legal? Die Verwaltungsrekurskommission entschied Nein. Die Migros legte Beschwerde ein. Jetzt entschied das St.Galler Verwaltungsgericht, dass die Filiale während dem Sommerfahrplan der Schifffahrtsgesellschaft offen bleiben dürfe.

Tourismusgebiet? Die Gewerkschaftszeitung «work» machte am Ostersonntag den Praxistest: Von 47 Kundinnen und Kunden waren genau 2 Touristen. Zwei Inder, die Blöterliwasser kauften. Alle anderen Shopper waren Einheimische oder kamen aus der Nachbarschaft. Sie kauften Energydrinks, Quark und andere «Souvenirs». Nur richtige Souvenirs hats im «M-Express» keine. Die Frage an der Kasse ergab folgende Antwort: «Souvenirs? Versuchen Sies doch in der Altstadt!»

Die Posse hat einen handfesten Hintergrund. Seit Jahren will die auf Umsatz scharfe Migros längere Ladenöffnungszeiten durchstieren. Notfalls auch per Umdefinieren von Gesetzesartikeln. Weil es für das Sonntagsarbeitsverbot eine touristische Ausnahmeklausel gibt, wird einfach behauptet, der M-Express liege im Touristengebiet. Auch wenns dort höchstens im Sommer echte Touristen hat. Wie das Urteil des Verwaltungsgerichts zeigt, bekunden Richter erhebliche Probleme mit der Auslegung.

Möglicherweise geht der Streitfall Migros/Unia noch ans Bundesgericht. Rapperswil ist aber kein Einzelfall: Das sonntags geöffnete Outletcenter «Alpenrhein-Village» im Industrieort Landquart behauptet ebenfalls, es liege im Touristengebiet. Auch der Kanton Graubünden behauptet das. Designer-Klamotten zwischen Autobahn und SBB-Schienen.

Welcher Richter segnet diese Meinung ab?