Der Museumsinnenhof ruft wieder
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Wenn die Kinder das Bruchrechnen endlich beiseite schieben können und die Erwachsenen es sich in kurzen Hosen vor dem Grill bequem machen, wenn die Autolawinen wieder gen Süden rollen und sich die Stadt langsam leert, füllt sich der Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums.
Dieses Jahr findet das Kulturfestival St.Gallen zum 14. Mal statt. Ohne König Fussball und mit weniger Rap als auch schon, dafür mit einem Best of Poetry-Slam, viel Swing, Blues und Indie. 28 Konzerte aus 12 verschiedenen Ländern stehen auf dem Programm, darunter wie gewohnt auch zahlreiche Locals.
In der ersten Woche spielen zum Beispiel neben Romengo (und ihrer fantastischen Frontfrau Monika Lakatos) auch Bukahara auf. Die vierköpfige, zweibärtige Band mit Wurzeln in mehreren Kontinenten hat ein Faible fürs musikalische Grenzgängertum und kennt sich aus Studienzeiten.
Ihren Sound könnte man als eine Mischung aus Balkan, Folk und arabischen Einflüssen beschreiben, gemacht unter anderem mit Kontrabass, Geige, Posaune, Sousaphon, Akkordeon, Drums, Darbuka und einer guten Portion Freiheitsdrang und Wehmut. Unterstützt werden Bukahara an diesem Abend von der amtierenden bandXost-Gewinnerin Riana (die erste Frau übrigens, die den Ostschweizer Nachwuchswettbewerb für sich entscheiden konnte).
Kulturfestival St.Gallen: 2. bis 20. Juli, im Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums
Bleiben wir bei den Frauen und den Bärten: In Woche zwei kommt RY X für sein einziges Schweizer Konzert nach St.Gallen. Der Mann singt um einiges zarter als sein Bart vermuten lässt, hat mit Howling und Berlin schon zwei ordentliche Hits gelandet und dürfte mit seinem (zugegeben etwas gar) sensiblen Folk auf sanften elektronischen Beats recht gut in den eindunkelnden Museumsinnenhof passen. Die lokale Unterstützung kommt von Eliane Sutter alias Elyn.
Das Kontrastprogramm dazu gibt es einige Tage später mit der «Queen of Nu Cumbia»: La Yegros. Auch sie kommt exklusiv in die Schweiz und wird das Publikum mit ihrer Mischung aus lateinamerikanischer Folklore, Elektro und Dancehall hoffentlich so richtig ins Schwitzen bringen. Und wer vom Tanzen dann noch immer nicht genug hat, kann sich am Tag darauf bei Digitalism und den Ostschweizern von Vals den technoiden Rest geben.
Die dritte und letzte Kulturfestival-Woche startet mit einer ganz besonderen Formation, dem Moka Efti Orchestra, bekannt aus der Serie Babylon Berlin, das für einmal nicht im Fernsehen, sondern live im Museumsinnenhof spielt. Wenn das Orchester so legendär aufspielt wie das Moka Efti als Tanztempel früher war, wird der Abend voraussichtlich sehr wild, sehr glamourös und auch ein bisschen dirty.
Mitte Woche wird es wieder ruhiger, dann stehen verbalpoetische Leckerbissen auf dem Programm, unter anderem von Rebekka Lindauer, Marvin Suckut, Nektarios Vlachopoulos, Lisa Christ und Kilian Ziegler. Danach folgt der grosse Schluss-Tusch des Festivals, wahlweise mit Kettcar, Sahad & the Nataal Patchwork oder Waldeck.
Dieser Beitrag erschien im Sommerheft von Saiten.