Der Comic erobert «Wortlaut»

Wortlaut, das St.Galler Literaturfestival, steht vor der Tür. Warum man unbedingt hingehen soll (I): Eine der vier Programmschienen ist dem Comic und der Graphic Novel gewidmet.
Von  Peter Surber

somaliaNach anderthalb Jahren Pause geht es in St.Gallen Ende März wieder wort-laut zu und her. Das Literaturfestival hat die Auszeit genutzt und das Programm neu aufgegleist. Auf vier Schienen; sie tragen die munteren, von Ernst Jandl abgekupferten Titel «laut», «luise», «rinks» und «lechts».

«laut» steht für prominente Autorinnen und Autoren, «luise» für Entdeckungen», «rinks» für Spoken Poetry und «lechts» für Comics, Graphic Novel und Illustrationen. Von letzterem soll hier als erstes die Rede sein.

Das ist schon mal ein Statement: Nicht nur das «klassische» Buch hat am Wortlaut Platz, sondern auch sein lange verachteter jüngerer Bruder, der Comic. Die Zeichnerin Lika Nüssli verantwortet das Programm und sagt: «Gute Comics haben ihre eigenen literarische Qualitäten, sie können poetisch, hart, erzählerisch sein – was sich da für eine Riesenwelt auftut, wissen immer noch die wenigsten.» Dass die Wortlaut-Crew um Richi Küttel und Joachim Bitter sich für diese Sparte und die Schnittstellen zwischen Bild- und Textsprache einsetzten und den Comic im Programm haben wollten, freue sie deshalb sehr.

Matthias_Gnehm

Matthias Gnehm

Das Programm deckt ein breites Spektrum ab. Mit Andrea Caprez und Christoph Schuler kommen zwei Cracks nach St.Gallen, samt ihrem Buch «Out of Somalia»: eine Comic-Reportage über das grösste Flüchtlingslager der Welt in Dadaab (Kenia). Privater ist der Blick von Kati Rickenbach: Die Zürcher Zeichnerin erzählt in «Jetzt kommt später» ein Stück ihrer Autobiographie. Die dritte Comiclesung bietet Matthias Gnehm mit seiner philosophischen Arbeit «Der Maler der ewigen Portraitgalerie». Zum Abschluss zeichnet Lika Nüssli zu Texten von Christoph Schuler und Tönen von Baldur Stocker «Schweinische Texte und säuische Bilder».

Prominente Namen also – was fehlt, sind die einheimischen Zeichnerinnen und Zeichner. Die hiesige Szene sei «fast inexistent», seit Sequenz seine Aktivitäten eingestellt hat, findet Lika Nüssli. Im Gegensatz zu Comic-Städten wie Luzern, Zürich oder Basel gebe es in St.Gallen, kaum Anlässe, keine Comic-Börse, auch wenig illustrierte Werbung, und die letzten Comic-Ausstellungen lägen schon eine ganze Weile zurück.

Trotz dem unentwegten Engagement der Buchhandlung Comedia für den Comic gebe es für die Sparte in unserer Region zuwenig Plattformen – Wortlaut versucht daran – zumindest für den Festivaltag – etwas zu ändern.

Wortlaut-Festival: 28. bis 30. März an diversen Orten in St.Gallen. Die Comic-Lesungen finden am Samstag im Lapidarium der Stiftsbibliothek statt. Infos und Tickets: wortlautsg.ch