Das Moor vibriert wieder

Bis zum 10. September zeigen in Gais erneut Künstler:innen aus dem In- und Ausland ihre Werke. Neben Klangkunst bietet die vierte Ausgabe von «Klang Moor Schopfe» ein breites Rahmenprogramm – und das alles in der einmaligen Landschaft im Hochmoor.
Von  Philip Bürkler
(bild: phb)

Es wummert, es rattert, es knattert, es vibriert, es klackt, es knackt, es tropft, es klopft, es rauscht. Bereits zum vierten Mal seit 2017 ertönen die Schöpfe – die kleinen, ehemals landwirtschaftlich genutzten Holzschuppen – im Hochmoor bei Gais. Patrick Kessler, Kurator und künstlerischer Leiter des Festivals, hat auch dieses Mal wieder erstklassige Künstler:innen aus der nationalen und internationalen Klangkunst-Szene eingeladen, einen der insgesamt zwölf Schöpfe zu bespielen.

Neben der Schweiz sind am «Klang Moor Schopfe» dieses Jahr Künstler:innen und Kunstkollektive aus Österreich, Rumänien, Deutschland, den USA, Italien, den Niederlanden, Spanien und Japan mit Arbeiten vertreten. Wie in den vergangenen Jahren können sich die Besucher:innen auch 2023 auf ausgeklügelte, intelligente und faszinierende Werke freuen. Die meisten Installationen sind interaktiv oder regen zum Denken über das Verhältnis von uns Menschen zum Planeten an.

Philosophische Existenzfragen

«DOOM DOOM DOOM – notes from the planetary garden» ist eines der Projekte, das sich mit der Fragilität unseres Planeten und dem drohenden Untergang unserer Zivilisation aufgrund von Klimakrise, Umweltzerstörung oder Ressourcenverschleiss beschäftigt. Für diese Installation hat Kessler seine Kuration an junge Künstlerinnen des Kollektivs Zaira Oram «ausgelagert» und ihnen eine Carte blanche erteilt. Die Künstlerinnen wiederum haben die Kuratierung ebenfalls weitergegeben und die Bespielung ihres Schopfs zwei Künstlern überlassen.

Entstanden ist eine Installation, die als Metapher für den drohenden Untergang unserer Zivilisation dient. Teil der Installation sind in der Höhe verstellbare Metallstützen, wie sie beispielsweise auf Baustellen verwendet werden. Diese stützen nicht nur den Raum des alten und schiefen Schuppens, sondern auch die zwischen den Stützen und der Decke eingeklemmten Bücher. Die Bücher und die Stützen dienen als Metapher für unsere geistige Kultur – obwohl wir so viel wissen über die Klimakrise, handeln wir nicht entschiedener – und symbolisieren gleichzeitig den möglichen Totalverlust des Weltwissens als Folge des drohenden Untergangs unserer Zivilisation.

Rauschend lange Ätherwellen

In einem anderen Schopf steht wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung des Festivals Andi Otto. Der Klangkünstler aus Hamburg nimmt noch ein paar letzte Einstellungen an der Elektronik seiner Pendel-Installation vor. Sobald alles funktioniert, sind die Besucher:innen eingeladen, die Kugeln des von der Decke hängenden Newton-Pendels mit den Händen zu bewegen. «Bei jedem Zusammenstoss der Kugeln ertönen hölzerne Geräusche, die ich zuvor im selben Schopf aufgenommen habe», erklärt Otto seine Installation «WOOOOOOOD».

Eindringlich und poetisch ist auch die Arbeit der in St.Gallen lebenden Künstlerin Asi Föcker. Aus einem mit Wasser gefüllten Behälter fallen über Schnüre stetig Wassertropfen auf einen Spiegel, der wiederum spiegelverkehrt an die Wand projiziert wird. Dabei entsteht ein faszinierendes Spiel aus Licht, Bewegung und dem Klang der zufälligen Tropfgeräusche.

Noisy und berauschend im wahrsten Sinne des Wortes ist die Installation des Solothurners Flo Kaufmann. Der Elektroingenieur und Künstler hat vor seinem Schopf eine etwa fünf Meter hohe Radioantenne installiert. Mit dieser empfängt er über Langwellen verschiedene Radioprogramme aus weit entfernten Erdteilen, beispielsweise aus China oder dem afrikanischen Kontinent. Die verzerrten und knackenden Musik- und Stimmfetzen der Sender überträgt er auf knapp ein Dutzend alte Röhrenempfänger aus dem frühen 20. Jahrhundert, die im Schopf verteilt sind. Dem Publikum bietet sich eine Art Surround-Hörerlebnis mit rauschenden Echtzeit-Sounds aus alten Holzradios.

Rahmenprogramm und Festival-Beizli

Neben den Sound-Installationen in den zwölf Schöpfen bietet «Klang Moor Schopfe» auch dieses Jahr ein spannendes Rahmenprogramm mit Workshops, Artist Talks, Führungen oder Podiumsdiskussionen und Exkursionen in die Moorlandschaft mit Fachleuten, beispielsweise einem Revierförster. Im Schützenhaus, in dem auch die Festival-Beiz ist, gibt es täglich Konzerte und Performances mit den ausstellenden oder weiteren externen Künstler:innen. 

 

Klang Moor Schopfe: bis 10. September, Hochmoor Gais
Infos und Programm hier.