, 12. Mai 2021
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Das KAFF wird mobil

Das Frauenfelder Kulturlokal KAFF soll einen festen Platz auf dem Unteren Mätteli bekommen. Und bietet damit der ständigen Zügelei und hohen Mieten trotzig die Stirn. von Judith Schuck

Anna Villiger und Jasmin Studerus am künftigen KAFF-Standort. (Bild: Judith Schuck)

Das Bauprojekt «KAFF auf Dauer» sei ganz fest auf dem Mist des Architekten gewachsen, sagt Anna Villiger, Vize-Präsidentin des Vereins Kulturarbeit für Frauenfeld. «Doch wir stehen in regem Austausch mit ihm.» Joel Introvigne war früher selbst aktives Mitglied beim KAFF, das seit gut 15 Jahren und damit als erstes das Feld alternativer Kultur in der Kantonshauptstadt bespielt. «In den letzten Jahren mussten wir dreimal zügeln.»

Diese ständige Entwurzelung sei ein Hauptgrund für die Idee des Projekts gewesen. Denn künftig sollen die Konzerte, Lesungen und Bar-Abende in einem mobilen Holzpavillon stattfinden. Die Stadt Frauenfeld steht hinter dem 900’000-Franken-Projekt. «Wir arbeiten sehr gut mit der Stadt zusammen, aber sie hat uns gegenüber auch eine Bringschuld», findet Jasmine Studerus. Neben ihrem Studium der angewandten Psychologie ist sie in einem kleinen Pensum von 10 bis 20 Prozent fürs Sekretariat im KAFF zuständig.

Synergien im Unteren Mätteli

Die Stadt war es, die sich stark dafür einsetzte, einen Platz für das neue KAFF zu finden. Auf einem «an sich langweiligen Parkplatz», wie Anna das Untere Mätteli am Bahnhof nennt, wird dem Holzpavillon bis 2024 Bleiberecht garantiert. Die Baueingabe fand am 1. April statt. Ganz so langweilig ist der Platz allerdings gar nicht. Mehrere Holzschuppen, die als Lagerhallen für Schneefahrzeuge, für das KAFF selbst und die Bus-Bar «Haltestelle» des Vereins «Fründeskreis» dienen, umrahmen das Feld.

An einem der Schuppen ist ein Taubenschlag angebaut. Das ist schon mal ein Hinweis auf das, was hier kommen wird: viel Leben. Mit dem «Fründeskreis» hätten sie im Oktober bereits gemeinsam eine Rollschuhdisko organisiert. Die beiden Kulturvereine passten super zusammen und könnten sich künftig gegenseitig befruchten. Eine regelrechte «Kulturoase» könne hier entstehen, schwärmen die beiden.

Dass die Stadt diesen zentralen, rasch vom Bahnhof erreichbaren und in unmittelbarer Nachbarschaft der Theaterwerkstatt «Gleis 5» angesiedelten Ort ausgesucht hat, steht im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Murgbogens, die für die kommenden Jahre ansteht. Das «Schlüsselprojekt Murgbogen» soll Begegnungsfläche im öffentlichen Raum schaffen.

«Für uns ist diese Lösung eigentlich ein perfekter Kompromiss.» Jasmine Studerus blickt zuversichtlich in die Zukunft und auf das, was sich in ihrer Stadt entwickelt. Wenn sie mit ihrem KAFF-Mobil das Untere Mätteli dann doch wieder verlassen müssten, «können wir mit unserem Klotz einfach an einen anderen Ort.» Der geplante Pavillon ist komplett ausgestattet mit Saal, Bühne, WCs und Garderoben. Durch Bauwagen könne der Haupttrakt in weiteren Schritten ergänzt werden. Selbst ein Aussenbereich mit eigener Bar ist geplant, ein Zugewinn zu den alten Beizen. Dieser schaffe die Möglichkeit, enger mit dem «Fründeskreis» zusammenzuarbeiten.

Module für jeden Anlass

«Das KAFF gilt als Treffpunkt für junge Leute, die sich einbringen und ein Stück weit selbst verwirklichen wollen», beschreibt die Vize-Präsidentin ihren Verein. Das neue Lokal biete dafür die perfekten Voraussetzungen, da die Bühne je nach Veranstaltungsart modular grössenverstellbar sei. Ein kleiner, lokaler Act oder eine Lesung benötigten andere Verhältnisse als eine grössere Band.

«Wir wünschen uns ausserdem eine gewisse Professionalisierung und Öffnung für ein breiteres Publikum», sagt Anna, die gerade ihr Studium zur Kulturvermittlerin abgeschlossen hat. Im Rahmen des Crowdfundings fürs «KAFF auf Dauer» kuratierte sie gemeinsam mit Oliver Frei die Ausstellung «Nonkonform» in der Stadtgalerie Baliere, in der die Mitglieder zeigen konnten, was sie ausser Feiern sonst noch so draufhaben: Bilder, Fotografien, Skulpturen, Sound-Installationen, Modeschöpfungen, Comics oder feministische Kunst.

Durch das Crowdfunding kamen insgesamt 107’883 Franken zusammen. Die Stadt beteiligt sich mit 300’000 Franken, vom Kanton erhofft man sich ebenso viel. Selbst muss das KAFF auch noch 300’000 Franken beisteuern. «Klar sind wir noch auf Spenden angewiesen.» Anna Villiger ist dennoch optimistisch, dass sie und ihre Mitstreiter:innen das Projekt finanziell gestemmt kriegen. Vielleicht müssten sie ein Darlehen aufnehmen, aber eine Lösung werde sich finden.

«Wir haben ein gutes Polster», sagt auch Jasmine. Die letzten Saisons liefen überdurchschnittlich; dadurch, dass der Architekt aus den eigenen Reihen sei, sparten sie an dieser Stelle ein. «Von Corona haben wir im Grunde profitiert, da unser Mietvertrag ablief. Die Zeit ist gut, um uns auf das neue Lokal zu konzentrieren», schliesst Anna.

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