Das Fliegen nicht verlernen

Ur-Aeronaut Hipp Mathis hat einen Dokfilm über «seine» Band gemacht – verspielt, detailverliebt und anti-gross. Am Donnerstag feiert er in Frauenfeld Premiere. von Christian Erne
Von  Gastbeitrag
Die jungen Aeronauten (Bild: pd)

Die Aeronauten sind alt. So alt, es gab in der Stadt, die ihrem Sänger Olifr M. Guz über die Neunziger und Nullerjahre hinweg zu einer zweiten Heimat geworden ist (Romanshorn bleibt Nummer 1!), es gab also in Schaffhausen noch kein Kulturzentrum Kammgarn und keinen TapTab Musikraum, da hatten die Aeronauten bereits hunderte Konzerte gespielt und drei Platten produziert.

Elf Alben, hunderte Artikel, tausende Fotos

Fünfundzwanzig Jahre, heisst es, werden sie 2016 alt, und dieses Vierteljahrhundert Bandgeschichte ist umfangreich dokumentiert: Elf Alben (das Best-of- und das Live!-Album mitgezählt), dutzende Stunden Film, hunderte Zeitungsartikel und tausende Fotos haben die Aeronauten bis zum heutigen Tag hervorgebracht. Nicht zu schweigen von den zahlreichen Legenden, die sich um die Band ranken, und den vielen famosen Freundinnen und Freunden, die sie zu erzählen wissen: Knarf Rellöm, Superpunk, Schorsch Kamerun, Rocko Schamoni, DJ Pattex, Bernadette La Hengst oder Boni Koller.

Unvorstellbar, was es für Ur-Aeronaut Hipp Mathis bedeutet haben muss, das alles in einen einstündigen Dokumentarfilm zu packen (bzw. zusätzlich die ganze Vorgeschichte: die alten Romanshorner Tage, die er zusammen mit Guz verbrachte, die «Mir sind so härt»-Tage in Güllen, die Freds-Freunde-Zeit): Allein das Aufarbeiten und Aussortieren des Archivmaterials muss Monate gedauert haben. Und da war noch keine Sekunde Film montiert. Vorstellbar, dass Hipp nach der Fertigstellung des Streifens im Spätsommer 2015, zwei Jahre des Low-Budget-Produzierens später, ein erleichterter Mann war.

Fehlende Distanz als Vorteil

Dieser «ultimative Aeronauten-Dok» (Eigenlob) ist Hipps allererste, grosse Filmproduktion – und er debütiert erstaunlich solid. Einerseits handwerklich, denn die Doku wirkt trotz der Materialfülle nie überladen. Andererseits erweist sich Hipps fehlende Distanz zum Gegenstand als Vorteil, denn er spinnt den Film über seine Band, wie er schon immer Musik gemacht hat: verspielt, detailverliebt, anti-gross, durchzogen mit schnüsigen Ideen wie etwa den Papierfliegern, die im Film, visuellen Metaphern gleich, zum Fliegen gebracht werden.

 

Hipp blickt ohne Pathos, ohne Sentimentalität auf das erste Vierteljahrhundert Aeronauten zurück. Und auch das ist erstaunlich, steht das Gründungsmitglied doch seit Kurzem nicht mehr mit der Band auf der Bühne. Ein neuer Aeronaut ist zugestiegen und die alte, gut geölte Musikmaschine zieht unerschüttert ihre Kreise (Gut möglich, dass sie die Kammgarn und den TapTab überdauert).

Hipp wird das Fliegen jedoch nicht verlernen.

aeronauten_plakat

Die Aeronauten 16:9 – die ersten 25 Jahre:

  • 14. Januar, Cinema Luna Frauenfeld 19.30 Uhr
  • 15. Januar, Kinok St.Gallen, 21 Uhr
  • 17. Januar, Riff Raff Zürich 20.45 Uhr, offizielle Premiere mit anschliessender Feier im Helsinki
  • 28 Januar, Kino Roxy Romanshorn, 20 Uhr
  • 30. Januar, Kinok St.Gallen, 21 Uhr

 

Konzerte: