Das fast vergessene St.Galler Volkshaus

Das mächtige Backsteingebäude an der St.Galler Lämmlisbrunnenstrasse mit dem Restaurant Toscana ist ein geschichtsträchtiger Ort. Eine Tafel weist nun darauf hin, dass hier vor über 125 Jahren die Arbeitervereine ihr Volkshaus bauten – eine Pioniertat.

Sie weihten die Tafel am Volkshaus ein: (v.l.n.r.) Buchautor Ralph Hug, Bildhauer Wolfgang Steiger, Stadtpräsidentin Maria Pappa, Volkshausgenossenschaftspräsident Frank Butschke und der St.Galler Gewerkschaftsbundpräsident Florian Kobler. (Bild: rho)

Das St.Gal­ler Volks­haus wur­de 1899 er­baut und ist da­mit ei­nes der äl­tes­ten in der Schweiz. Es war ei­ne wei­te­re St.Gal­ler Pio­nier­tat, wie die Ei­sen­bah­ner­sied­lung im Scho­ren oder das Volks­bad. Das im letz­ten Jahr er­schie­ne­ne Buch von His­to­ri­ker und Au­tor Ralph Hug wür­digt das Ge­bäu­de und sei­ne Ge­schich­te. «Doch ob­wohl die­ses mar­kan­te Haus seit über 125 Jah­ren an sei­nem Platz steht, wis­sen vie­le St.Gal­le­rin­nen und St.Gal­ler nicht, dass es in der Stadt ein Volks­haus gibt», stellt Ralph Hug fest. Das ist der Grund, wes­halb an die­sem Ge­dächt­nis­ort jetzt ei­ne Ta­fel aus Ver­ru­ca­no-Ge­stein hängt, die auf die Ge­schich­te des Hau­ses hin­weist. Bild­hau­er Wolf­gang Stei­ger, der die Ta­fel ge­schaf­fen hat, wies dar­auf hin, dass der his­to­ri­sche Ver­ru­ca­no-Stein­bruch in Mels eben­falls ein Unesco-Welt­kul­tur­er­be ist, gleich wie die St.Gal­ler Ka­the­dra­le. 

Er­rich­tet wur­de das Volks­haus vom All­ge­mei­nen Ar­bei­ter­bil­dungs­ver­ein, der sich En­de des 19. Jahr­hun­derts um die Bil­dung der ar­bei­ten­den Men­schen und der Hand­werks­leu­te küm­mer­te. Zur ei­gent­li­chen Zen­tra­le der Ar­bei­ter­be­we­gung und der po­li­ti­schen Lin­ken wur­de das Haus 1929. Da­mals über­nah­men es die Ge­werk­schaf­ten, und sie tra­gen es so­li­da­risch bis heu­te mit ih­rer Volks­haus­ge­nos­sen­schaft. 

Bei der Ent­hül­lung der Ta­fel er­in­ner­te sich Stadt­prä­si­den­tin Ma­ria Pap­pa, wie sie ei­ne ih­rer ers­ten po­li­ti­schen Auf­trit­te in die­sem Haus hat­te. Der Prä­si­dent der Volks­haus­ge­nos­sen­schaft, Frank Butsch­ke, und der Prä­si­dent des Kan­to­na­len Ge­werk­schafts­bun­des, Flo­ri­an Ko­bler, wie­sen auf die lan­ge Tra­di­ti­on hin, die bis heu­te mit der Be­ra­tungs­tä­tig­keit der Ge­werk­schaft Unia im Haus fort­ge­setzt wird. Im Par­terre war schon im­mer ein Re­stau­rant, seit Jah­ren ist es jetzt das «Tos­ca­na» und in den obe­ren Stock­wer­ken ver­mie­tet die Volks­haus­ge­nos­sen­schaft be­zahl­ba­re Woh­nun­gen.