Das Amt für Kultur als Grossbaustelle

Beim Amt für Kultur häuften sich in den vergangenen Monaten die Abgänge, zuletzt hat die Amtsleiterin gekündigt. Mehrere Schlüsselstellen sind unbesetzt. Jetzt äussert sich Regierungsrätin Laura Bucher.
Von  David Gadze
Auf Details will sie nicht eingehen. Jeder Fall sei anders, sagt Regierungsrätin Laura Bucher. (Bild: Tine Edel)

Was ist nur los im Amt für Kultur des Kantons St.Gallen? Seit einigen Monaten häufen sich die Abgänge, Schlüsselpositionen sind unbesetzt, eine schon länger, zwei in wenigen Wochen.

Im vergangenen September kündigte Katrin Eberhard, die neue Leiterin der Denkmalpflege – noch während der Probezeit. Und kürzlich gab auch Ursula Badrutt, Leiterin der Kulturförderung, ihren Abgang im Sommer bekannt. Bettina Ammann und Patricia Holder haben die Kulturförderung ebenfalls verlassen, Esther Hungerbühler geht demnächst in Pension. Und wie vergangene Woche bekannt wurde, hat nun auch Tanja Scartazzini, seit 2021 Leiterin des Amts für Kultur, per Ende August die Kündigung eingereicht. Sie übernimmt ab September die Leitung des Amtes für Kultur der Stadt Winterthur, wo sie auch wohnt.

Die zuständige Regierungsrätin Laura Bucher nimmt nun Stellung. Auf die Gründe für die vielen Abgänge geht sie nicht im Detail ein. Jeder Fall sei anders. Bei Katrin Eberhard verweist sie auf die Mitteilung des Kantons anlässlich deren Kündigung. Dort stand allerdings nicht viel mehr drin, als dass Eberhard das Amt für Kultur «auf eigenen Wunsch» verlasse. Zu den anderen Kündigungen könne und wolle sie sich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht äussern, sagt Bucher, auch nicht ganz allgemein.

«Die gesteckten Ziele erreicht»

Tanja Scartazzini stand zuletzt im Gegenwind. Es hiess, gar nie richtig in St.Gallen angekommen und sei zu weit weg vom Geschehen. In der Kulturszene galt sie als unnahbar – oder zumindest distanziert.

Laura Bucher kann diesen Eindruck nicht bestätigen. Sie habe mit Tanja Scartazzini «sehr gut zusammengearbeitet». Diese sei in den Regionen oft unterwegs gewesen, habe viel in die Vernetzung investiert und in den Gremien, in denen sie Einsitz hat, «viele Impulse gegeben», beispielsweise in den Regionalen Kulturförderorganisationen oder in der St.Gallischen Kulturstiftung. Zudem habe sie wichtige interne wie externe Vorhaben vorangetrieben, etwa die neue Publikumsbibliothek.

Den Vorwurf, die Mutter von zwei Kindern im Teenageralter habe zu wenige Kulturveranstaltungen beziehungsweise nur «Pflichtanlässe» besucht, weist Laura Bucher zurück. Von einer Wohnsitzpflicht im Kanton, wie es sie beispielsweise bei den kantonalen Gerichten gibt, will die Regierungsrätin deshalb auch bei einer so wichtigen Position nichts wissen. Der Wohnsitz allein sei keine Garantie für eine gute Vernetzung. «Tanja Scartazzini hat die gesteckten Ziele erreicht, deshalb bedauere ich ihren Abgang. Und ich finde viele der Vorwürfe sowie die Art, wie sie nun vorgebracht werden, unfair.»

Nachholbedarf punkto Teamentwicklung

Es ist zumindest fraglich, ob das auch im Amt für Kultur überall der Fall ist. Von Personen, die dem Amt nahestehen, hört man, dass sich in den vergangenen Monaten Unzufriedenheit über Scartazzinis Art der Amtsführung breit gemacht habe, speziell in der Kulturförderung, die auch die meisten Kündigungen verzeichnete. Scartazzini habe (zu) viel an sich gerissen, die Kommunikation sei mangelhaft gewesen. Dadurch sollen sich verschiedene Bereiche «abgehängt» gefühlt haben.

Auf die Frage, wie sie die Stimmung im Amt für Kultur erlebt habe, betont Laura Bucher, dass man den gesamten Kontext berücksichtigen müsse. Zum einen sei mit Katrin Meier, die 2021 das Präsidium der Ortsbürgergemeinde St.Gallen übernahm, die langjährige Leiterin des Amts für Kultur gegangen. Zum anderen sei dieser Abgang mitten in die Coronapandemie gefallen, die für das ganze Team eine enorme Belastung gewesen sei. «Ich bin sehr stolz darauf, wie das Team all diese Herausforderungen – etwa die Ausfallentschädigungen für die Kulturszene – zusätzlich zum Tagesgeschäft gestemmt hat.»

Doch hat Laura Bucher überhaupt von der Verstimmung im Amt für Kultur gewusst? Wenn Mitarbeiter:innen etwas nicht gut fänden oder ein Problem hätten, könnten sie sich immer an sie wenden, versichert die Regierungsrätin. Gespräche mit Personen, die unzufrieden gewesen wären, habe sie jedenfalls nicht geführt.

Bucher betont aber, dass es, auch ausgelöst duch tiefergreifende Veränderungen aufgrund der Pandemie, bezüglich «Teamentwicklung und Fragen der Organisation» Nachholbedarf gebe. Nun gelte es, «die Erkenntnisse aus dieser Zeit zu nutzen und sich an das veränderte Umfeld anzupassen».

Blockade bei Neubesetzungen von offenen Stellen

Das Problem ist, dass es im Amt für Kultur nun eine personelle Blockade gibt. Die meisten offenen Stellen lassen sich wohl nicht besetzen, solange die neue Amtsleitung nicht bestimmt ist. Das gilt insbesondere für die neuen Leiter:innen der Kulturförderung und der Denkmalpflege, aber analog auch für die untergeordneten Stellen. Wer einen neuen Job antritt, will wissen, wer seine Vorgesetzte oder sein Vorgesetzter ist. Und wenn man sieht, wie lange die Leitung der Denkmalpflege nun schon vakant ist – seit vergangenem Oktober hatte sie Tanja Scartazzini interimistisch inne –, kann man davon ausgehen, dass es keine schnelle Lösung geben wird.

Laura Bucher äussert sich nicht im Detail zu dieser Problematik, auch nicht zum weiteren Vorgehen und wie man beispielsweise mit allfälligen Stellenbewerber:innen verbleibe, solange die Amtsleitung nicht besetzt ist. Man werde in den kommenden Tagen und Wochen «unter Einbezug der Geschäftsleitung des Amts für Kultur alle offenen Fragen klären, was die Neubesetzung der offenen Stellen betrifft», sagt sie.

Dazu gehört auch die Frage, ob Tanja Scartazzini trotz des bereits feststehenden Abschieds Einsitz im Vorstand der neuen Regionalen Förderorganisation «Kultur St.Gallen Plus» haben wird, die am 24. Mai als Verein gegründet und Anfang Juni ihre Arbeit aufnimmt. Dies hatte im Vorfeld ohnehin Kritik ausgelöst, da niemand von der Kulturförderung im Vorstand vertreten ist.

Klar ist derzeit also nur: Das Amt für Kultur ist eine grosse Baustelle. Man kann der Baumeisterin nur viel Erfolg und ein glückliches Händchen wünschen. Für die Mitarbeiter:innen und für die Kultur.