Das A und A der Stadtratswahl (IV): Die Szenarien

Am Wochenende entscheidet sich die definitive Zusammensetzung des St.Galler Stadtrats: Adam oder Pappa, A oder A. Das Resultat hat Folgen über die Person hinaus.
Von  Redaktion Saiten

Interessant ist die Entscheidung vom kommenden Sonntag insbesondere mit Blick auf die Baudirektion. Die bisherige Amtsinhaberin Patrizia Adam (CVP) wird von Maria Pappa (SP) herausgefordert. Verliert Adam die Wahl, wird das Ressort Bau frei – und damit eventuell der Weg frei für Markus Buschor. Der Architekt wurde vor vier Jahren von vielen Wählerinnen und Wählern aus Protest gegen die bauliche Stagnation gewählt. Er musste jedoch der gleichzeitig gewählten Patrizia Adam den Vortritt lassen und die Schuldirektion übernehmen.

Buschor äussert sich bisher nicht zu einem allfälligen Direktionswechsel und verweist auf den Gesamtstadtrat, der als Kollegialbehörde auch in der Direktionszuteilung das letzte Wort hat. Im Schulbereich stehen grössere Reformen an; namentlich die Oberstufenreform. Für diese hat Buschor immerhin mit der Lösung des «gordischen Knotens» namens Flade ein zentrales Hindernis aus dem Weg räumen können.

Wahltaktisch könnte, wer Buschor gern als Bauchef sähe, Pappa wählen, um diesen Wechsel möglich zu machen. Adams Partei, die CVP, wehrt sich gegen solche auch in Leserbriefen empfohlene Strategien ausdrücklich: «Definitiv nicht die feine Art ist der Wahlkampf der Gegenseite rund um Stadtrat Markus Buschor für Maria Pappa», sagt Parteipräsident Michael Hugentobler.

Und so sehen die beiden Szenarien für den Wahlsonntag und dessen Folgen aus:

szenarien

Grafik: Samuel Bänziger, Klick zum Vergrössern

A propos Druck auf die Baudirektion:

In allen Städten sind die Baudirektionen am direktesten mit den wirtschaftlichen Interessenvertretern konfrontiert. Industrie und Gewerbe, Hauseigentümerinnen und nicht zuletzt die sogenannte «Baulobby» wollen alle möglichst ohne Einschränkungen ihre Projekte realisieren. Investoren, Baugewerbe, Vermarkter und Bauanwälte bekämpfen deshalb immer wieder planerisch einschränkende Vorgaben, mit denen die Städte versuchen, den Wildwuchs einzudämmen. Technische Vorschriften setzen Grenzen, Bewilligungsverfahren brauchen Zeit. Kommt dazu, dass die Verdichtung mehr Rücksichten auf die Nachbarschaft einfordert.

Je nach politischer Couleur der Baudirektorinnen oder -direktoren kann sich die Baulobby besser oder schlechter durchsetzen. Klar scheint: Sozialdemokraten und Grüne, die eine Baudirektion leiten, sind höherem Druck der Interessengruppen ausgeliefert als ihre bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen. In St.Gallen hat dies die Sozialdemokratin Elisabeth Beéry, Adams Vorgängerin, erlebt. Umgekehrt: In den Städten Bern, Basel, Winterthur und Zürich sind die Baudirektionen allesamt in SP-Hand.

Ob die Theorie in allen Fällen stimmt, könnte die Zukunft am Beispiel von Patrizia Adam zeigen: Im Fall der «Mobilitätsinitiative» hat sie sich gegen den bürgerlichen Mainstream gestellt.