Damenopfer für den Bauernkönig

Im Schach wird der Krieg aufs Brett ver­legt. Die Da­me gilt als die stärks­te Fi­gur. Der Bau­er hin­ge­gen ist viel un­schein­ba­rer. Al­lein ist er schwach. Nur in ih­rer Sum­me kön­nen die acht Bau­ern gan­ze Par­tien ent­schei­den. Sie sind des Kö­nigs Fuss­volk.

Bau­ern­kö­nig Mar­kus Rit­ter, auch schon als ach­ter Bun­des­rat be­zeich­net, möch­te das Mi­li­tär­de­par­te­ment über­neh­men. Die Rüs­tung für Bern hat sich der Hob­by­schüt­ze be­reits 2011 in sei­ner Wahl­wer­bung für den Na­tio­nal­rat über­ge­streift. Mit dem Da­men­op­fer («das VBS ist für die Mit­te-Frau­en schwie­rig») woll­te er den in­ter­nen Kampf mög­lichst schnell für sich ent­schei­den.

Zum VBS ge­hö­ren aber nicht nur Ver­tei­di­gung und Be­völ­ke­rungs­schutz, son­dern auch Sport. Vio­la Am­herd hat sich als Sport­mi­nis­te­rin für ei­ne aus­ge­wo­ge­ne Ge­schlech­ter­ver­tre­tung in den Vor­stän­den der Schwei­zer Ver­bän­de stark­ge­macht. Es geht da­bei nicht um ei­ne Frau­en­quo­te: Die Vor­ga­be von 40 Pro­zent be­zieht sich auf Män­ner und Frau­en.

Ab 2025 ver­langt der Bund die Ge­schlech­ter­quo­te. Der Schwei­zer Turn­ver­band (Gym­nas­tik ist bei den Frau­en Sport­art Num­mer 1) hat kei­nen Grund zur Sor­ge. Der Zen­tral­vor­stand ist mit vier Frau­en und drei Män­nern be­reits aus­ge­gli­chen zu­sam­men­ge­setzt.

Die Un­ter­schei­dung von Män­ner- und Frau­en­sport­ar­ten ist über­holt. Doch in vie­len Sport­ver­bän­den klam­mern sich die meist männ­li­chen Ent­schei­dungs­trä­ger im­mer noch an die al­ten Struk­tu­ren. Der Schwei­zer Schiess­sport Ver­band (SSV) muss­te sich im ver­gan­ge­nen Jahr da­zu durch­rin­gen, die ein­zi­ge Frau im Vor­stand, die nur als Über­gangs­lö­sung ge­wählt war, für wei­te­re vier Jah­re zu be­stä­ti­gen. Die vier Män­ner im Vor­stand sas­sen der­weil fest im Sat­tel.

Im Leis­tungs­sport lebt der SSV vor al­lem von den Er­fol­gen der Frau­en. Ni­na Chris­ten, Au­drey Go­gni­at und Chia­ra Leo­ne ha­ben ei­ni­ges ge­mein­sam: Sie schies­sen nicht nur gut, sie tref­fen auch noch gut. Die drei Schüt­zin­nen sind zu­ver­läs­si­ge Me­dail­len­ge­win­ne­rin­nen bei Olym­pia. Doch wer denkt bei der Fra­ge nach Schwei­zer Sport­hel­den­ta­ten zu­erst an Frau­en?

Da lo­be ich mir das Schach­spiel. Wenn der Bau­er die ge­gen­über­lie­gen­de Grund­li­nie er­reicht hat, kann er durch ei­ne an­de­re Fi­gur aus­ge­tauscht wer­den. Meis­tens wird die Da­me ge­wählt. Sie ist die stärks­te Fi­gur.

 

Die Mu­sik zum Text: Die Net­flix-Se­rie Das Da­men­gam­bit ba­siert auf dem gleich­na­mi­gen Ro­man von Wal­ter Te­vis. Er schuf mit der Sto­ry über die Schach­meis­te­rin Beth Har­mon ei­ne Hom­mage an klu­ge Frau­en. Car­los Ra­fa­el Ri­ve­ra ver­ton­te für die Film­mu­sik auch die un­ter­schied­li­chen Spiel­se­quen­zen – et­wa das Ti­cken der Uhr, wenn die Zeit für den nächs­ten Zug ab­läuft.

Na­tha­lie Grand, 1967, ist freie Jour­na­lis­tin und Pro­jekt­mit­ar­bei­te­rin bei der Stif­tung Sucht­hil­fe. Sie steht seit über 15 Jah­ren als Fuss­ball­trai­ne­rin auf dem Platz und an der Sei­ten­li­nie. Im Herbst 2021 star­te­te sie in St.Gal­len ein Pro­jekt zur För­de­rung des Mäd­chen- und Frau­en­fuss­balls. Bis zum Start der Frau­en-EM 2025 in der Schweiz schreibt sie über Frau­en, Sport und Gleich­stel­lung. Il­lus­triert wird die Ko­lum­ne von Lea Le.