, 3. März 2016
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Blinder Fleck am Union – wie lange noch?

Am Union geht nichts. Und wird noch eine ganze Weile nichts gehen. Aber zu kulturellen Zwischennutzungen an dieser St.Galler Prachtsecke sagt die Hausbesitzerin Helvetia definitiv Nein.

Leere spiegelt sich in den Schaufenstern des leeren Ladenlokals im Union-Gebäude. (Bild: Su.)

Tote Hose am Union: Das hat Saiten unlängst ziemlich genervt, nachzusehen und zu -hören in der Februar-Videokolumne «Schäfers Stunde 18» hier. Auslöser für den Ärger: Da steht ein Ladenlokal an allerbester Lage und Adresse leer seit inzwischen mehr als anderthalb Jahren. Da bemühen sich immer wieder Kulturschaffende und andere ideenreiche Leute um eine Zwischennutzung – und blitzen ebenso regelmässig ab.

Die Migros ist halbwegs «fein raus»

Schuld daran, und da lag unsere Schäfer-Kolumne leicht daneben, ist allerdings nicht in erster Linie die Migros. Sie betrieb dort zuvor den vielfrequentierten Migros Union, sie plant hier für die Zukunft eine Migrolino-Filiale, aber momentan seien die Mietverträge und auch die Mietzahlungen sistiert, bestätigt Andreas Bühler, Leiter des Kulturprozents der Genossenschaft Migros Ostschweiz in Gossau. «Die Entscheidungshoheit hat die Besitzerin der Liegenschaft, die Helvetia Versicherungen.»

Bühler spricht von sechs bis zehn Anfragen aus unterschiedlichsten kulturellen Sparten, die an ihn gelangt seien und die er jeweils an die Helvetia weiter verwiesen habe. Für das Anliegen einer kulturellen Zwischennutzung habe er Verständnis, denn ein geschlossenes Lokal an dieser Stelle sei «das Gegenteil dessen, was wir uns wünschen». Aber der Migros seien die Hände gebunden.

Helvetia hofft auf schnellen Entscheid

Bei den Helvetia Versicherungen heisst es lakonisch: «Wir verzichten momentan auf eine Zwischennutzung.» Dies richtet der Leiter der Immobilienverwaltung, Benedikt Rusch, schriftlich aus. Auf Anfrage ergänzt er: Der bauliche Zustand des Raums lasse eine Nutzung nicht zu, es fehle zum Beispiel eine Heizung, und das Lokal sehe aus, «als hätte eine Bombe eingeschlagen».

Zudem könnte der Entscheid für oder gegen das Parkhaus Union + schon bald fallen. Man habe deshalb – nachdem noch Ende 2015 der Mediensprecher der Unternehmung im «Tagblatt» erklärt hatte, die Helvetia-Verischerungen seien «grundsätzlich offen für kulturelle Nutzungen» – die Sache noch einmal geprüft und jetzt so entschieden.

«Das kann Jahre dauern»

Ob es mit dem «blinden Fleck» am Union so rasch ein Ende hat, ist allerdings fraglich. Das Baugesuch für die geplante Parkgarage Union+ komme im Zeitrahmen März, April, Mai vor die Baubewilligungskommission, sagt Ernst Michel, der Leiter des städtischen Amts für Baubewilligungen. Gegen das Projekt sind insgesamt sieben Einsprachen eingegangen, darunter eine, die mit der Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung verknüpft ist, mehr dazu hier und hier.

Heisst die Kommission das Gesuch gut und lehnt die Einsprachen ab, können diese mit Rekurs an das kantonale Baudepartement weitergezogen werden. Dasselbe im umgekehrten Fall. Bis zum allfälligen Bau der umstrittenen Tiefgarage vergehe damit möglicherweise noch «viel Zeit», sagt Michel – «unter Umständen kann das Verfahren Jahre dauern».

Alle finden es unbefriedigend…

Der leere Raum, von Passanten auch schon als «Schandfleck» betitelt, ist eines ganz sicher: schlecht fürs Image. Migros-Kulturprozent-Mann Bühler sähe auch von daher eine Zwischennutzung lieber. Dass die Migros als bisherige und künftige Mieterin und als kulturpolitisches Schwergewicht mehr Druck auf die Hausbesitzerin ausüben könnte, hält er allerdings nicht für möglich: «Wir sind nicht in der Position, solche Forderungen zu stellen.» Auch für die Helvetia sei die Situation unbefriedigend, sagt Benedikt Rusch.

Der «blinde Fleck» beelendet auch Ernst Michel, «als Bürger und als einen, der diese Stadt liebt», wie er sagt. Er bedaure es ausserordentlich, dass in und um das Lokal kein Leben sei. Die Stelle sei zentral als Eingangstor zum Marktplatz und zur Innenstadt – zum Schibenertor hin, aber auch auf der Rückseite zum Blumenmarkt, wo die alte Zulieferrampe alles andere als ein erspriesslicher Anblick ist.

Läbe mues etz ine!

Was tun? Der Schäfer wüsste vielleicht, was: «Helvetia mues use, Läbe mues etz ine»… Politisch konkreter aber ist dies: Als nächstes dürfte das andere hängige Parkhaus-Projekt, das ehemalige Ug 24 und künftige Ug 25, bewilligt und gebaut werden. Dannzumal werden in unmittelbarer Altstadtnähe nochmal einige hundert neue Autoplätze zur Verfügung stehen.

Vielleicht mieten sich die Helvetia-Versicherungen, heute noch zusammen mit der City-Parking AG und anderen beim Projekt Union+ engagiert, dann am Unteren Graben ein, bloss einige Schritte sowohl vom Union als auch von ihrem Hauptsitz an der Rosenbergstrasse entfernt.

Und in der Zwischenzeit blüht am Union die Zwischennischenkultur. Der Protestsong in «Schäfers Stunde» und die Forderung «Läbe mues etz ine» bliebe dann doch nicht ungehört. Und Hansueli Stettlers Vision einer Rambla am Union wird doch noch Realität:

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