, 23. November 2018
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Blasbalg und Synthesizer

Hausorgeln treffen im Ackerhus in Ebnat-Kappel auf modulare Synthesizer, Traditionelles auf Modernes. Was das neue St.Galler Kulturerbegesetz bringt, war Thema des Toggenburger Kulturforums. von Marcel Hörler

Kulturerbe, das gehöre nicht in die Mottenkiste, sondern brauche Pflege. Regierungsrat Martin Klöti verbrachte selbst zehn Jahre als Landwirt und Lehrer in Mogelsberg. Er kennt die Gegend. Hier  im Ackerhus, dessen Geschichte eng mit der des Lehrers, Malers und Sammlers Albert Edelmann verbunden ist, führt er in den Abend ein. Im Publikum sind mehrheitlich Kulturschaffende aus der Region.

Klöti spricht vom Wohlbefinden des Menschen, darüber, dass der Staat die Aufgaben rund um die Bewahrung des Kulturerbes finanziell zu unterstützen habe, und erzählt begeistert von seinem neuen App, mit dem er Dezibel messen kann – mit der neuen Lärmschutzverordnung V-Nissg, die Mitte 2019 in Kraft treten soll, ist das auch ein brisantes Thema für Kulturbetriebe. Klöti spricht lüpfig («Jede Jahreszeit hat ihren Duft und ihr Licht»), aber auch mal lehrerhaft, wenn er seinem Leiter der Fachstelle Kulturerbe, Christopher Rühle, Anweisungen gibt. Da kommt das «Kürvle ufem Tanzbode» gerade richtig.

Mit Pedal und ohne Skilift

Die zwei Musiker und Tüftler Adrian Eberhard und Till Ostendarp spielen in der Regel in weniger sauberen Räumen, als sie das Ackerhaus bietet (oder gibt es womöglich einen ungenutzten Keller?). Mit modularen Synthesizern spielen sie live und improvisiert und verformen im zweiten Stück «Fondueplausch Girlen» die Klänge von Windbläss, die sie im Vorfeld aufgenommen haben.

Wie ein Mobile bewegt sich das klangliche Gebilde, zieht Fäden, um anschliessend in den Gehörgängen der aufmerksamen Besucherinnen und Besucher ihr Unwesen zu treiben. Die Kontraste faszinieren, zwischen dem Pedal getriebenen, traditionellen Spiel von Windbläss (Darina Spinnler, Violine; Markus Meier, Blockflöten; Heidi Preisig, Hausorgel und Res Reber, Kontrabass) und dem zeitgenössischen, elektronischen und improvisierten Carving des Skiclub Toggenburg.

Kulturerbegesetz in der Praxis

Was können zeitgenössische Kulturschaffende mit dem Kulturerbegesetz überhaupt anfangen? Diese und weitere Fragen hat der Verein Kultur Toggenburg als Veranstalter im Vorfeld auf ihrem Flyer gestellt.

Das neue Kulturerbegesetz (KEG) des Kantons St.Gallen, das seit dem 1. Januar in Kraft ist, bietet Schutz und regelt die Überlieferung von Kulturerbe, das grob in drei Kategorien geteilt ist: bewegliche Kulturgüter wie Kunst- und Gebrauchsgegenstände, Fundstücke, Möbel usw.; unbewegliche Kulturgüter, etwa Kirchen, Denkmäler oder Ortsbilder, und schliesslich immaterielle Kulturgüter wie mündlich überlieferte Traditionen und Bräuche. Mit der Schaffung des Gesetzes entstand auch die Fachstelle Kulturerbe.

Die Fragen interessieren auch das Museum Ackerhus, das Sammlungsobjekte der Toggenburger Hauskultur zeigt, ein relevanter Aspekt, befinden sich derzeit doch viele der Objekte aus der Sammlung in den Zivilschutzräumen der Gemeinde und warten darauf, eine Öffentlichkeit zu erhalten. Damit Traditionen leben, wie das Bundesamt für Kultur beispielsweise die Zürcher Technokultur auf die Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz gesetzt hat (als Teil des immateriellen Kulturerbes), müssen Reibungspunkte entstehen – oder wie es Jost Kirchgraber, der Präsident des Kulturverein Ackerhus, treffend sagt: «Kulturerbe lebt dann, wenn es in einen Bezug gesetzt wird zum Heutigen».

Auch für Manuela Reissmann, Mitarbeiterin der Fachstelle Kulturerbe, ist klar, dass Vergangenes als auch Zukünftiges förderbar ist und sich beides gegenseitig ergänzen kann. Die geplanten Vorhaben der Fachstelle, darunter die Schaffung eines Labels (im Bereich der Förderung von Kulturprojekten bereits Realität) sowie ein Onlineverzeichnis, würde die Öffentlichkeitswirksamkeit zusätzlich unterstützen. Es liegt auf der Hand, dass die Verschmelzung von Tradition und Moderne stark von der Vermittlungs- und Übersetzungsarbeit abhängt. Die Fachstelle Kulturerbe, und das ist zu Ende dieses Abends klar, will hier als Mitspielerin für die Kulturschaffenden wahrgenommen werden.

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