Besle und das System Saibene
Wenn der FC St.Gallen gut spielt, wirkt die Mannschaft «kompakt». Was immer das heisst.

Manchmal dauert es länger, manchmal funktioniert es von der ersten Minute an – aber die Auswirkungen von Saibenes Spielsystem sind immer die gleichen: Die gegnerischen Angriffe werden weit vor dem eigenen Strafraum abgefangen. Der FC St.Gallen hat zunehmend Ballbesitz und beginnt das Spiel zu kontrollieren. Nach gewonnenen Zweikämpfen im Mittelfeld werden Gegenangriffe lanciert, die wie Konter aussehen. Und manchmal fallen dann Tore wie gegen den FC Zürich. Oder es ergeben sich Chancen wie gegen Basel.
Dass dahinter ein System steht, fällt vor allem dann auf, wenn es nicht funktioniert.
Dann positionieren sich die Spieler zu weit weg von ihren Gegnern. Angriffe müssen mühsam von hinten aufgebaut werden. Alles wirkt langsam, behäbig. Saibenes Erklärung (zum verunglückten Thun-Spiel) lautete: «Die Mittelfeldspieler standen ein paar Meter zu tief». Der Grund war, dass wichtige Akteure gesperrt waren (Montandon, Besle, Janjatovic). Die Spieler reagierten darauf, indem sie scheinbar weniger riskant agierten. Ein Fehlschluss: «Nur weil man tiefer steht, spielt man nicht sicherer», analysierte Saibene.
Wie es funktioniert, wenn es funktioniert zeigte der Match gegen den FC Basel. Obwohl die Gäste mit fünf defensiven Mittelfeldspielern und einer Viererabwehr antraten, konnten Wüthrich oder Scarione alleine auf Goalie Sommer losstürmen. Verantwortlich dafür waren unter anderem die Pässe von Nater – und der Einsatz von Nushi. Von letzterem sagt Saibene: «Das Publikum sieht nicht, wie viel er arbeitet, ich schon».
Wichtig ist aber auch einer wie Stéphane Besle. Beispielhaft ist eine Szene aus dem FCZ-Match. In der 85. Minute führte St.Gallen mit 2:1. Die Abwehr stand unter Druck. Sie konnte einen Ball im Strafraum abwehren und ihn nach links wegspedieren, zu Nushi. Der wurde kurz vor der Mittellinie gestoppt. Milan Gajic wollte den nächsten FCZ-Angriff lancieren und den scheinbar freistehenden Jahovic anspielen. Doch bevor der Pass ankam, war – energisch, ruppig – Besle herangebraust, hatte sich den Ball geschnappt und wurde gleich gefoult.
Man sieht es nur auf den Fernsehbildern: In den vielleicht 15 Sekunden, in denen Nushi den Ball erhalten und wieder verloren hatte, war die St.Galler Abwehrreihe nach vorne gerückt. Dadurch blieb der Abstand zwischen dem vordersten und hintersten Spieler klein, gleichzeitig war die Mannschaft in der Zone zwischen Strafraum und Mittellinie mit vielen Akteuren präsent. Innenverteidiger Besle stand etwa 10 Meter vor dem Strafraum, rechnete sich aus, dass Gashi zum drei vier Meter entfernten Jahovic spielen würde, spurtete los und hätte im Idealfall gleich einen Konter lancieren können.
Entscheidend war das eingeübte sofortige Aufrücken der Abwehr – in dieser Spielphase nicht ohne Risiko – sowie die gedankliche Schnelligkeit und physische Robustheit von Stéphane Besle.