Zum dritten Jahrestag des Kriegsbeginns fand im Februar in St.Gallen eine tolle Kundgebung zur Unterstützung der Ukraine statt. «Drei Jahre Stand- haftigkeit». Alle ukrainischen Frauen aus meinem Deutschkurs hatten sich schon im Voraus darauf vorbereitet. Und sie waren alle dort. An diesem Tag war mein Newsfeed voll von Bildern meiner Schweizer Freund:innen, die ebenfalls dabei waren. Journalist:innen veröffentlichten Aufnahmen der ukrainischen Hymne und von unserem Umzug in der Innenstadt. Es gab übrigens auch echt gute Bilder!
Was soll ich noch dazu sagen – selbst meine Freund:innen aus Romanshorn kamen vorbei, um auf St.Galler Strassen ihre Solidarität kundzutun. Laut den Verantwortlichen nahmen etwa 200 bis 300 Menschen teil. Es herrschte festliche Stimmung, das war ein feierlicher, friedlicher Zug, um Unterstützung zu zeigen. Und genau das hatte in St.Gallen irgendwie sehr gefehlt.
Bislang hatte ich tausende Posts über Unterstützungs- und Solidaritätsaktionen auf der ganzen Welt gelesen – in den USA, Kanada, Australien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien. Von überall dort, wo ich Freund:innen habe. Und sie konnten nicht verstehen, warum ich mich so einsam fühlte, warum es so etwas in meinem Ort nicht gab. Erst dieses Jahr hatte ich endlich das Gefühl, als hätte sich die Schweiz der Welt angeschlossen. Dass man nun auch «mit der Zeit geht», statt dass «alle nur für sich» bleiben.
Endlich hörten meine Freund:innen auf, sich darüber lustig zu machen, dass wir hier wohl im «letzten Waggon der Zivilisation» sitzen, wie man bei uns sagt, haha. Oder dass «alle schon mit dem Schnellzug unterwegs sind, während wir noch mit der Seilbahn zuckeln». Ich war immer überzeugt, dass St.Gallen «es auch kann», genau wie Bern, Zürich, Basel ... Und tatsächlich kann es das, sogar auf seine eigene «St.Galler Art»: sehr behaglich, herzlich und einfach schön. Menschen hielten am Hauptbahnhof an, machten Bilder ... Es gab so schöne Musik und Atmosphäre ... Noch fast eine ganze Woche lang sprachen wir darüber. Es war ein voller Erfolg!
Na ja, Zürich ist natürlich nicht zu übertreffen – dort versammelten sich 2000 Menschen mit ukrainischen Fahnen zu einem Friedenszug. Eine Schweizer Journalistin präsentierte von der Bühne ihre Essays (ihr Buch mit Reportagen fand ich später in der Hauptpost-Bibliothek). Die Menschenmenge war einfach riesig, denn so viele Menschen kamen zusammen, um ihre Unterstützung zu bekunden. Zürich eben ... Und es ist grossartig! Endlich gibt es nicht nur in Basel tolle Aktionen zur Unterstützung der Ukrainer:innen.
Man konnte starke Verbundenheit spüren – mit den Menschen vor Ort, mit den anderen Städten in der Schweiz und von der Schweiz mit der ganzen Welt. Das erinnerte mich an den Film Avatar, auch wenn der blau und nicht blau-gelb unterlegt ist. Und dann begannen eine Woche später auch noch all diese Verhandlungen über die ukrainischen Bodenschätze – das ist doch genauso wie im Film.