Aus für die Anlehre

Die Anforderungen der Berufswelt werden immer anspruchsvoller. Ein Problem, gerade für Jugendliche mit schwächeren schulischen Leistungen? Wir fragten Daniel Morf von der «Rheinspringen»-Geschäftsleitung.

Von  Harry Rosenbaum

Saiten: Nach dem schweizerischen Berufsbildungs-Konzept von 2005 sollen alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger neben der regulären Lehre zumindest eine berufliche Grundausbildung mit Berufsattest (EBA) absolvieren können. Wie hoch ist bei «Rheinspringen» der Anteil der Jugendlichen, die eine 2-jährige EBA antreten?

Daniel Morf: Im Jahr 2012 lag der Anteil bei rund 20 Prozent.

Wird in Zukunft bei der Suche nach Ausbildungsplätzen der EBA-Anteil tendenziell grösser oder eher kleiner?

Das ist schwierig zu sagen, da diese Entwicklung von vielen Faktoren, wie zum Beispiel dem Lehrstellenangebot abhängig ist. Wir beobachten, dass sich Jugendliche, die sich früher für eine 3-jährige Lehre beworben haben, sich vermehrt auf eine 2-jährige Attestausbildung bewerben. Sie machen dies, weil sie dadurch mehr Chancen haben, eine Lehrstelle in ihrer Wunschbranche zu ergattern. Gerade in beliebten Branchen (z.B. Detailhandel, Logistik, Gesundheit, Verwaltung) ist die Konkurrenz unter den Bewerbern sehr gross.

Nicht alle Berufe bieten die 2-jährige Lehre mit eidgenössischem Berufsattest an. Wäre ein breiteres Angebot wünschenswert?

Es ist wichtig, dass auch schulisch schwache Jugendliche auf ein breites Angebot zurückgreifen können. Bereits jetzt sind in vielen Berufen Attest-Ausbildungen möglich. Allerdings ist das Lehrstellenangebot noch nicht ausreichend. Ich hoffe, dass sich in Zukunft noch mehr Lehrbetriebe entscheiden, eine 2-jährige Lehre anzubieten.

Die Anforderungen bei der Berufsausbildung steigen. So verschwindet in den nächsten zwei Jahren die Anlehre. Sie wurde Jugendlichen mit wenig Chancen auf den erfolgreichen Abschluss einer zwei- bis dreijährigen regulären Berufsausbildung angeboten. Bringt diese Einschränkung des Ausbildungsangebots Probleme?

Es ist in der Tat so, dass die schulischen Anforderungen mit der Attestausbildung gegenüber der Anlehre gestiegen sind. Dies führt dazu, dass Jugendliche, die grosse schulische Defizite aufweisen, Mühe haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Folge ist, dass bei solchen Jugendlichen schneller als früher eine Abklärung stattfindet, ob eine Anmeldung bei der Invalidenversicherung notwendig ist. Ich bin nicht glücklich über diese Entwicklung, da diese Jugendlichen zum Teil im Praktischen sehr versiert sind und daher alles andere als invalid sind.

In den letzten Jahren war das Lehrstellenangebot stabil und ausreichend. Wird es auch 2013 so bleiben?

Die Lehrstellensituation ist sehr gut. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der nach wie vor guten Wirtschaftslage ist es nicht zu einer Verknappung des Lehrstellenangebotes gekommen. Auch jetzt sind noch zahlreiche Lehrstellen mit Start im August 2013 offen.

 

«Rheinspringen» bietet Coachings, Kurse und Beratung für Lehrstellensuchende und Unternehmen an. www.rheinspringen.ch