Aufstand auf der Sternwarte

Die «Farm der Tiere»-Inszenierung des Schaffhauser Sommertheaters auf der ehemaligen Sternwarte verzichtet weitgehend auf Kostüme und Masken. Gestik, Mimik und Sprechart reichen, um zum Tier zu werden. von Anna Rosenwasser
Von  Gastbeitrag
Bilder: Hans Schneckenburger

Alles, was auf zwei Beinen geht, ist ein Feind! – Die Rebellion gegen die Menschen, durchgeführt von Tieren auf einer Farm, mag manchen noch eine Erinnerung an die Schulzeit sein. Farm der Tiere von George Orwell (geschrieben 1943/44, erschienen 1945) wird an Schulen oft als Parabel auf die Sowjetunion gelesen.

Das Schaffhauser Sommertheater entscheidet sich für einen anderen Blickwinkel. «Es braucht keinen Fingerzeig in Richtung Faschismus», sagt Jürg Schneckenburger, künstlerischer Leiter der Produktion. «Ich suche in der Umsetzung die Allgemeingültigkeit der Geschichte. Die Tiere sind letztendlich ein Klassenrat. Aktuelle politische Entwicklungen sind zwar Referenzen, aber ich will das Stück als Märchen behandeln.»

Proben bei herrlichem Wetter.

Anders als in vielen Farm der Tiere-Inszenierungen verzichtet das Sommertheater weitgehend auf Kostüme und Masken. Vielmehr werden die Schauspielenden durch Gestik, Mimik und Sprechart zum Tier. Der ungewöhnlich anmutende Spielort 
trägt zum Farm-Feeling bei: Die Vorstellungen finden auf der ehemaligen Sternwarte statt, die einerseits recht zentral gelegen 
ist, andererseits mit ihrer Kuppel (die sich im Stück auch öffnet!) witzige Perspektiven eröffnet.

Farm der Tiere: 27. Juli bis 19. August, 20.30 Uhr, nur bei trockenem Wetter, Alte Sternwarte, Schulhausplatz Steig, Schaffhausen
sommertheater.ch

Das Sommertheater ist eine bekannte und beliebte Institution in der Schaffhauser Theaterwelt. Alle zwei Jahre findet
 sich ein jeweils neues Amateurensemble zusammen, um gemeinsam ein Stück einzuspielen. Dieses lockt auch sonst eher theaterscheue Zuschauerinnen und Zuschauer an. 18 Aufführungen sind geplant, vorausgesetzt, das Wetter rebelliert nicht.

Diesmal neu: Die Live-Musik kommt von den Spielern selbst. «Wir verzichten auf Musikkonserven und Spezialisten, sondern nutzen die Kompetenzen innerhalb des Ensembles. Das 
ist ein besonderer Reiz», so Schneckenburger.

Vergleichsweise altbewährt ist die zum Theater gehörige Beiz, diesmal gleich neben der ehemaligen Sternwarte (diese befindet sich auf dem Schulhausplatz des Steigschulhauses – glückliche Schaffhauser Kinder!). Hier wird vor und nach den Aufführungen nicht nur angestossen, sondern auch gut gegessen. Und vielleicht darüber diskutiert, weswegen Orwells Farm der Tiere nicht an Aktualität eingebüsst hat.

Dieser Beitrag erschien im Sommerheft von Saiten.