Alte Verteidiger und junge Schrauben

Jährlich vergibt eine Stiftung, neu präsidiert vom «Tagblatt»-Chefredaktor Philipp Landmark, einen Preis für guten Ostschweizer Journalismus («Saiten» zügelte den Preis in den letzten Jahren viermal ab, dreimal in der Kategorie Reportage, einmal bei der Fotografie). Das Publikum sitzt auf den steinernen Stufen. Es sitzt auf den Tischen. Mit Filzkissen gepolstert. Der Pfalzkeller ist (noch) voller […]
Von  Johannes Stieger

Jährlich vergibt eine Stiftung, neu präsidiert vom «Tagblatt»-Chefredaktor Philipp Landmark, einen Preis für guten Ostschweizer Journalismus («Saiten» zügelte den Preis in den letzten Jahren viermal ab, dreimal in der Kategorie Reportage, einmal bei der Fotografie).

Das Publikum sitzt auf den steinernen Stufen. Es sitzt auf den Tischen. Mit Filzkissen gepolstert. Der Pfalzkeller ist (noch) voller als auch schon. Das just an einem Anlass, der nicht so recht berühmt ist für eine aufregende Show (vor Jahren war eine A-capella-Truppe mit dem Namen Rolls Voice für die Stimmung verantwortlich), aber, so macht es den Anschein, die Leute interessieren sich fürs aktuelle lokale Medienschaffen; so sassen im Publikum zwar viele Journalisten(-freunde) der Preisträgerinnen und Preisträger, aber eben nicht nur.

Philipp Landmark und der Regierungsrat Beni Würth eröffnen die Veranstaltung; der erste bringt den Journalismus in die Nähe des Fussballs und betont die Rolle der Verteidiger, sprich der Redaktorinnen und Redaktoren. Würth hingegen hats eher mit der Industrie und vergleicht den Journalismus mit einer Schraube: Der Kunde soll wiederkommen, nicht das Produkt. Das Publikum lacht.

Auch bei den folgenden Ehrungen wird die Wichtigkeit eines engagierten Journalismus’ zwar immer wieder erwähnt, aber immer bedächtig und sehr selbstbewusst; ja, so könnte man denken an diesem Abend, es steht gar nicht so schlecht um die Verfassung der Medienschaffenden.

Die Preisträgerinnen und Preisträger beschränken sich in ihren Reden vor allem aufs Dankesagen. Die Redaktion der «Bündner Post» (Kategorie Tagestext) zu Beginn und Mona Vetsch (Fernsehen) zum Schluss lassen jedoch kritischere Töne anklingen Richtung oberflächlicher Berichterstattung einerseits und schlecht gelaunten Kollegen andererseits. – Die Bündner und Vetsch waren denn auch die Älteren an diesem Abend und das ist nun das Erstaunliche am diesjährigen Ostschweizer Medienpreis: Benjamin Manser (Fotografie, «Thurgauer Zeitung»), Rahel Boksberger (Radio, «Radio Top»), Katrin Meier (Reportage, «Tagblatt») und Anita Bünter/Jonas Bischoff (Fernsehen, «TVO») sind recht jung. – Katrin Meier verfasste ihre Reportage als Volontärin und Benjamin Manser fotografiert seit zwei Jahren professionell.

So steht man am Schluss vom Filzkissen auf mit einem birenbitz besseren Gefühl als auch schon und doch bleiben ein paar Bedenken: Das Atmosphärische und Gefühlige spielt nach wie vor eine grosse Rolle. Und dass die Preisträgerinnen und Preisträger jung sind, ist gut, aber werden die erfahrenen Journalisten alle zum Verteidigen eingesetzt, um den Laden zusammenzuhalten?